Reden macht Leute
25-jährigen Dienstjubiläum, bei denen Sie dann jeweils lediglich den Namen und ein paar Fakten abändern. Oder Reden bei Weihnachtsfeiern, die Sie jedes Jahr wieder so halten, in der Hoffnung, die Leute hätten vergessen, was Sie letztes Jahr gesagt haben.
Beim schriftlichen Ausformulieren neigt man gern dazu, „untertänig“ wirkende Formulierungen zu wählen wie: „Ich darf Sie sehr herzlich begrüßen“ statt „Ich begrüße Sie sehr herzlich“, oder statt „Ich möchte mich nun von Ihnen verabschieden und Ihrem Fest alles Gute wünschen“ wirkt es selbstbewusster, wenn Sie sagen: „Ich verabschiede mich von Ihnen und wünsche Ihrem Fest noch einen guten Verlauf.“
Wie gestalten Sie eine Gesellschaftsrede?
Bei Jubiläen und Verabschiedungen achten Sie darauf, dass Sie von dem Geehrten nicht wie von einem Toten sprechen: „Er war immer sehr hilfsbereit“ – statt „Herr Müller, Sie waren immer sehr hilfsbereit“. Ein früherer Seminarteilnehmer, heute Oberbürgermeister einer schwäbischen Stadt, verriet mir folgendes Erfolgsrezept für Gesellschaftsreden: „Ein Grußwort soll nicht länger sein, als man auf einem Bein stehen kann.“ Wenn Sie sich vornehmen, etwa drei Minuten lang zu reden, ist das sicher eine angemessene Zeit.
Bei Gesellschaftsreden achten die Hörer gern auf Formulierungen und legen jedes Wort „auf die Goldwaage“. Ist es ein offizieller Anlass, etwa die Einweihung eines Gebäudes oder die Ehrung einer bekannten Persönlichkeit, so empfehle ich Ihnen, diese Rede schriftlich auszuarbeiten und gegenlesen zu lassen, damit sich kein falscher Zungenschlag einschleicht. Halten Sie dagegen eine Rede zum 80. Geburtstag Ihrer Großmutter, dann sollten Sie anhand von Stichworten frei reden. So wirkt Ihre Rede persönlicher und herzlicher. Wenn danach die Oma und die Verwandten alle ganz gerührt schauen, dann war Ihre Rede gelungen.
1,5 eigene Gedanken
Damit Ihre Rede keine „Wiedergebrauchsrede“ wird, brauchen Sie scherzhaft ausgedrückt mindestens 1,5 eigene Gedanken. Wie finden Sie die? Durch ein „Brainstorming“, wie auf Seite 111 beschrieben. Auch für eine solche Rede ist es wichtig, ein Anliegen zu finden, das Angst und Lampenfieber besiegt. Stellen Sie zwischen sich und dem Anlass einen persönlichen Bezug her. Wenn Sie einen älteren Mitarbeiter ehren wollen, dann erinnern Sie die Anwesenden daran, dass es Herr Schmidt war, der Sie damals ins Amt eingeführt hat. So klingt Ihr Lob besonders glaubwürdig. Dieses Vorgehen empfehle ich Ihnen generell, das heißt jedes allgemeine Lob sollten Sie durch ein Beispiel belegen.
Humor und Ironie angemessen nutzen
Manchmal glauben wir, bei Jubiläen, Vereinsfesten und derlei Veranstaltungen besonders geistreich sein zu müssen und greifen zur Ironie. Sie erlaubt einem, Anspielungen auf gewisse Vorkommnisse einzustreuen, die nur die „Eingeweihten“ verstehen. Alle anderen fühlen sich ausgeschlossen und sind sauer. Ob Letztere jedoch über Ihre ironischen Spitzen glücklich sind, ist die Frage. Unter Umständen nehmen sie Ihre Ironie wortwörtlich und sind beleidigt!
Denken Sie an die Langzeitwirkung, wenn Sie etwa bei einer Verabschiedung sagen: „Herr Müller, wir wünschen Ihnen für Ihren Ruhestand noch alles Gute und hoffen, dass Sie Ihr Gift in Zukunft nur noch in Ihrem Garten verspritzen.“
Überlegen Sie weiter, wem gegenüber Sie zu Ironie neigen. Sind es Gleichgestellte, die sich Ihnen gegenüber auch spöttische Bemerkungen erlauben dürfen, oder sind es Ihnen unterstellte Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter? Meist wird man nur gegenüber Mitmenschen ironisch, bei denen man glaubt, es sich erlauben zu können. Ihr oberster Chef oder Ihre oberste Chefin muss wohl seltener mit solchen Bemerkungen rechnen. Ist man dafür zu feige? Oder würden Sie etwa beim Geburtstag Ihres kleinwüchsigen Chefs sagen: „Herr X., von Ihnen sollte man nicht sagen, ‚klein, aber fein‘, sondern ‚klein, aber oho‘.“
Oder: „Herr S., Sie haben hier keine Bäume ausgerissen. Sie haben sich, wie wir alle sehen, auch keinen Fuß ausgerissen, aber Sie haben jeden Morgen ein Kalenderblatt abgerissen. Und dafür danken wir Ihnen ganz herzlich.“
Harmloser ist gereimter Humor. Selbst Ironie ist eindeutig als solche zu erkennen und wird nicht so ernst genommen, wenn Sie Ihre dichterischen Fähigkeiten aktivieren. Und ein paar Verse kann jede/r von uns reimen.
Beispiel:
Der schon lange verstorbene frühere Stuttgarter
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