Redwall 01 - Der Sturm auf die Abtei
sprang auf und verspeiste entschlossen den Rest von Jessicas Käse. »Nun, worauf warten wir denn noch? Kommt schon, Jessica, alte Nussschlemmerin. Auf gehts, ran an den Feind. Bewegt Euren Pelz!«
Jessica spreizte ihre Kletterklauen und fletschte bedrohlich die Zähne.
»Mich hält nichts auf!«, krächzte sie grimmig.
Ohne nur irgendjemandem von ihren Absichten zu erzählen, schlüpften die beiden Feldzugsexperten heimlich durch eine der kleinen Türen in der Abteimauer. Schon bald stahlen sie sich durch das in der Mittagshitze liegende tiefe Grün des Waldes von Mossflower.
Cluny war wieder auf den Beinen. Als Erstes beschloss er, seine Horde auf Herz und Nieren zu prüfen. Er hatte entschieden, dass sie alle fett und faul geworden waren vom trägen Herumlümmeln auf dem Kirchengelände, während er ans Bett gefesselt war. Jetzt, wo es mit ihm wieder bergauf ging, würde er sie erst einmal gehörig herannehmen. Er stand auf einem Grabstein, stützte sich leicht auf seine Standarte und betrachtete seine Armee bei der Ausbildung.
Keuchend und schwitzend war eine große Gruppe Ratten dabei, mit dem schweren Rammbock in den Pfoten hin- und herzuflitzen. Die Hauptmänner, bemüht, sich bei Cluny lieb Kind zu machen, schimpften auf die atemlosen Läufer ein: »Füße hoch, ihr feiger Abschaum! Los doch, haltet den Rammbock schön hoch, ihr faulen Teufel!«
Wohl oder übel mussten Übungstunnel gebaut werden, da die Verständigung zwischen den Ratten und anderen Tierarten gleich null war. Frettchen, Wiesel und Hermeline, deren Gesichter mit feuchter, dunkler Erde verschmiert waren, tauchten hier und da plötzlich aus dem Boden auf. Sie waren solche Anstrengung nicht gewöhnt, und so unterbrachen sie ihre Arbeit, wann es ihnen passte, und nahmen ein Sonnenbad, bis sie von den marschierenden Ratten fast in Grund und Boden gestampft wurden. Daraus entstanden Kabbeleien, bis man sich des aufmerksam beobachtenden Auges von Cluny bewusst wurde. Schnell marschierten oder gruben sie dann weiter.
Zu Clunys Linken und Rechten standen Schwarzkralle und Zapfentöter auf dem Grabstein. Während der Kriegsherr mit verächtlicher Miene der chaotischen Truppenübung beiwohnte, kritisierte er erst den einen und dann den anderen für die Unzulänglichkeit ihrer Soldaten. Sie wanden sich unter den Vorwürfen des Käptens.
»Schwarzkralle, nun schau dir doch bloß einmal an, wie die Ratten marschieren! Diese Schwachköpfe! Die sehen doch aus wie eine Schafherde beim Sonntagsausflug! Habt ihr denen denn überhaupt nichts beigebracht?
Oh Teufel noch mal! Der dämliche Haufen mit dem Rammbock ist geradewegs in einen Tunnel marschiert! Zapfentöter, sag deinen Trotteln, sie sollen ihren Tunnel nicht unter dem Exerzierplatz anlegen! Moment mal, das Wiesel da drüben, das wie besoffen von einem Ohr zum anderen grinst: Sperrt es drei Tage ohne Wasser und Brot ein! Wäre doch gelacht, wenn wir das bescheuerte Grinsen nicht aus dem Gesicht bekämen. Ihr zwei habt euch ja wirklich zu prächtigen Hauptmännern gemausert. Wenn ich euch nur eine Minute den Rücken zukehre, führen die Soldaten sich auf wie von allen guten Geistern verlassen.«
Cluny tobte und ließ seine ganze Wut an den ihm untergebenen Tieren aus.
Er würde dafür sorgen, dass sie marschierten, schwitzten, schleppten, bohrten und gruben, bis er mit ihrer Leistung zufrieden war. Schlampiger Haufen von Müßiggängern! Er würde es ihnen schon zeigen, jetzt, wo er wieder auf den Beinen war; wenn es nötig wäre, würde er sie Tag und Nacht weitermachen lassen. Auf seinem Krankenbett hatte Cluny einen Schwur abgelegt: Er würde sich niemals wieder von Mäusen und Waldbewohnern einen Strich durch die Rechnung machen lassen.
Genau zur gleichen Zeit standen zwei jener Waldbewohner am Rand des Waldes von Mossflower und erkundeten das Gemeindeland, auf dem Clunys Armee exerzierte.
Wäre die Lage nicht so ernst gewesen, dann hätten Basilius und Jessica so manchen Grund zum Lachen gehabt. Was für ein Unterschied zwischen dem Gehampel dieses Pöbels und den Vorbereitungen der Verteidiger von Redwall. Jessica sah den Gegensatz darin, dass die einen Sklaven eines Tyrannen waren, während die anderen aus eigener Entschlossenheit und guter Kameradschaft freiwillig mitmachten.
Der Plan der beiden Gefährten war gut durchdacht. Basilius fand den jetzigen Zeitpunkt genauso geeignet wie jeden anderen, ihn in die Tat umzusetzen. Er wandte sich zu Jessica.
»Na, Ihr alte
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