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Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition)

Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition)

Titel: Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Hakl
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schmale Spalten zwischen den Warenbergen lächeln uns aus dem Innern der Stände die geduldigen Händler an. Auf dem Asphalt steht eine Gruppe asiatischer Kinder herum. Die blassen schwarzäugigen Puppen schauen uns wissend an und lutschen an einer krummen trockenen Schote. An der Ecke eines Hauses mit teilweise eingeschlagenen Fensterscheiben blinkt nervig die Leuchtschrift
BAR
. Dort gehen wir hin.
    Drinnen ist es leer, nur hier und da ein paar abgetakelte mittelböhmische Rastafaris. Der mit den meisten Falten zeigt mit dem Finger auf uns. Sein Kinn ist bedeckt von einem unmenschlich dichten, pechschwarzen Drei-Tage-Bart, der an eine Drahtbürste erinnert. In seinem vertrockneten Echsenmaul steckt ein Hühnerbein. Mit einer vagen Zeigefingerbewegung deutet er an, wo unser Platz sein könnte. Wir setzen uns an einen Tisch in der Ecke. Der Guru mit dem teuflischen Unterkiefer durchbohrt uns noch sechs bis acht Sekunden mit seinem unnachgiebigen Zeigefinger, dann schläft er ein. Das Hühnerbein ist wahrscheinlich eine kalte Haschpfeife. In der gegenüberliegenden Ecke hockt ein Pärchen knochiger achtzigjähriger Radfahrer in orangefarbener Lycrakleidung und beobachtet alles mit scheinbar entsetztem, in Wirklichkeit aber gierigem Blick. Sie verlagern ihre Aufmerksamkeit von einem zum anderen, als wären sie ein einziges Wesen.
    Der Kellner mit einem blond gesträhnten Igelschnitt auf dem verschwitzten runden Schädel tritt an unseren Tisch heran und guckt an die Wand. Ich bestelle mir Flaschenbier mit dem pompösen Namen
Svijanský Kníže
, Fürst von Svijany, die Jungs trinken Erdbeersaft, viel Eis. Sie reden über irgendwelche Freundinnen.
    „Ich sag zu der: Ich brauch dich nur sehen und schon krieg ich ’n Ständer, glaubst du mir das? Und die sagt: Ich würde auch einen kriegen, wenn ich könnte.“
    „Und?“
    „Was, und?“
    „War was?“
    „Woher soll ich ’n das wissen, Alter? Irgendwas wahrscheinlich schon, ich glaub, die ist sogar hübsch gewesen.“
    „Hübsch wie die Nacht, klar, hä-hä.“
    „So heißt das, wenn eine hässlich ist.“
    „Hübsch wie die Nacht, heißt das.“
    „Heißt’s nicht.“
    „Kannst’e Gift drauf nehmen.“
    „Das heißt … Scheiße, wie heißt das? Weiß ich grad nicht.“
    „Mach dich locker.“
    „Wie soll ich mich’n locker machen, wenn ich weiß, dass ich mich locker machen will?“
    „Mit der Zeit wird jeder locker.“
    „Außer die, die immer verkrampfter werden.“
    „Menschen sind echt blöd voreingestellt.“
    „Schon hart. Trainierst du noch?“
    „Jeden Tag ’ne Stunde, System pro Hand ’ne Hantel. Hantel ist die Verkleinerungsform von Hand, hä-hä, keine Zeit, ich schufte wie ’n Vieh.“
    Eine Weile diskutieren sie, wer von ihnen es länger ausgehalten hat, ohne zu essen. Fünf Tage, verkündet der eine. Schwache Leistung, bei mir war’s eine Woche, überbietet der andere. Na ja, in Marokko sind’s fast elf Tage gewesen, erinnert sich der eine. In Marokko haben sie noch ekligere Baguettes als bei uns, sagt der andere. Ist aber ein super Gefühl, sind sich beide einig, nix zu essen. Den Verdauungstrakt zu reinigen, zu entgiften.
    „Hast du schon mal Schlange gegessen?“, probiert der eine.
    „Mhm. Python.“
    „Python, echt …“
    „Python in grünem Curry, und was für ein geiles Zeug. Die züchten die dort wegen dem Fleisch genau so, wie sie bei uns Schweine züchten.“
    „Wo?“
    „In Thailand. Und gegrillte Raupen?“
    „Super. Frittierte Skorpione auch, darf man sich vorher nur nicht angucken. Wenn ich aber nach Tschechien zurückkomme, krieg ich immer total den Heißhunger auf Sahne“, bekennt Rulpo. „Ich fresse Sahne in allen Varianten.“
    „Ist ja dein Leben“, befindet Murgy. „Aber in konventionellen Lebensmitteln tickt ’ne Zeitbombe, weißt du das?“
    „Was ist denn daran konventionell, dass ich so gern Sahne esse?“
    „Ich rede von Massenproduktion – Brot bringt dich um, Hörnchen bringen dich um. Ich geb dir mal ’n Beispiel.“
    „Mach mal“, fordere ich ihn auf.
    Dabei handelt es sich um meinen einzigen Beitrag zur Unterhaltung. Mir dämmert nämlich so langsam, wie sie mich sehen – als jemanden, der sich selbst nicht zu schätzen weiß. Wohingegen sie sich sehr wohl zu schätzen wissen. In ihnen steckt eine seltsame Mischung aus Anstand und Kälte, in diesen Dreißigjährigen. Was bei uns noch krumm war, ist bei denen jetzt gerade. Und was bei uns gerade war, gibt es bei denen überhaupt

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