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Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition)

Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition)

Titel: Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Hakl
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gefahren“, versuche ich ihn aufzuheitern.
    „Warum glaubst du?“
    „Wenn man weiß, warum man weg ist, dann sehnt man sich nicht so zurück.“
    „Aber ich sehne mich unglaublich nach denen“, antwortet er mit ruhiger Stimme und starrt auf sein eingerissenes Papiersegel.
    30 DIE SCHLUSSSZENE SPIELT SICH IM BÜRO DES DICKBAUCHIGEN GOSPODIN AB, DEM WIR DAS BOOT ZURÜCKGEBEN. Der Typ bohrt mit dem kleinen Finger im Backenzahn, lutscht ihn ab, schmatzt rechtschaffen und schaut im Fernsehen ein balkantypisch kitschtriefendes Estradenprogramm. Als wir unsere Pässe zurückhaben wollen, behauptet er, ohne uns auch nur eines Blickes zu würdigen, dass er keine hat. Wenn er welche hätte, würde er sie uns ohne weiteres verkaufen, aber er hat keine.
    Wir ziehen das nicht groß in die Länge, zücken die Cash-Täsch und kaufen ihm unsere eigenen Pässe ab. Sie sind gar nicht mal teuer. Vielleicht würdigt der Gauner damit auf seine Weise unsere Ankunft. Dank Murgys Geschick, den Motor für ein paar Minuten zum Leben zu erwecken, waren wir nämlich in einer Wolke aus Verbrennungsrückständen flott wie die Marineinfanterie durch die Bucht zu seiner Hazienda gedonnert. Murgy hatte die Restgeschwindigkeit genutzt und war mit dem Bug aus dem Wasser bis aufs Ufer gefahren. Falls „Ufer“ das richtige Wort ist für das Meer aus Scheißhaufen, Küchen abfällen, Fischblasen und toten Mäusen, das den Palast des Gospodin umgibt.
    31 WIR HOCKEN AUF DEN FELSBLÖCKEN, DIE DEN HAUPTKANAL SÄUMEN. Murgy fischt in seinem Rucksack nach den Armreifen, Lederbändchen, Ketten, Kopfhörern. Er streift sie über, klimpert probehalber damit, setzt seine Mütze auf, erhebt sich und geht grußlos.
    „Ist okay“, revanchiert sich Rulpo mit dem Aufmuntern. „Er wartet auf uns in Tulcea oder in Constan?a, ich kenne ihn. Wir fahren dann weiter in die Türkei, komm doch mit.“
    Ich sage, dass ich mal in die andere Richtung schauen werde, nach Sulina, das heißt, ich werde eher versuchen, jemanden aufzutreiben, der mich zur Schiffsanlegestelle am gegenüberliegenden Ufer schippert.
    Wir reichen uns die vom Rudern steifen Hände, mach’s gut, ahoi, ahoi. Er schlurft davon, den Ranzen quer über der Schulter wie ein Landstreicher bei Brueghel, ein ewiger Anarchist mit löchrigem Knie.
    Am Kanal entlang promenieren distinguierte Rumäninnen, eingehakt bei missmutigen langsamen Gentlemen mit Katzenbärten. Honoratioren auf Urlaub. Weißkragen, Kunstfaser, das Hotel ist also offenbar in Betrieb.
    Ich winke einem unrasierten Mann zu, der in einem Kahn ein paar Koffer und zwei Touristinnen transportiert. Er rudert zu meinem Felsblock. Ich reiche ihm mein Gepäck, klettere vorsichtig an Bord. Der Rand senkt sich fast bis zur Wasseroberfläche. Ich setze mich ins Heck, die Damen sind am Bug. Das klassische Tandem, die biedere Blondine und die einfühlsame Brünette, beide blauäugig. Ganz klar aus dem Ostblock. Nichts überrascht sie, nichts wundert sie, über alles lachen sie. Am Boden des Kahns liegt ein Haufen abgeschnittener Hühnerbeine.
    Der Mann rudert mechanisch und schaut vor sich hin, sprich, durch mein Brustbein durch.
    „Wie geht’s?“, frage ich ihn.
    „Ich glaube an den dreifaltigen Gott“, sagt er, schmatzt trocken, holt eine Flasche hervor, zieht mit den Zähnen den Korken raus, nimmt einen Schluck, steckt den Korken wieder rein und räumt die Flasche weg.
    Uns überholt das obligatorische Hochseeschiff. Hoch, hoch über uns ragt der Bug auf. Stark, stark verströmt es Heizölgestank. Eine Serie harter Stoßwellen hebt uns an. Der Mann steuert geschickt gegen, eine nimmt er mit links, die andere mit rechts. Es ist wie in einer Berg-und-Tal-Bahn. Die Mädels kichern.
    Ein Stück vor der Anlegestelle fängt der Mann an zu feilschen – Euros, Zigaretten. Ich gebe ihm die restlichen
Douwe-Egberts
-Päckchen. Er ist’s zufrieden.
    Ich sitze auf einem Balken neben dem
Raketa
-Anleger und starre vor mich hin. Auf einem vom Strom davongetragenen Ast hockt ein aufgeplusterter Vogel mit menschlichem Gesicht. Er dreht seinen Kopf um gute 200 Grad hin und her; wahrscheinlich eine kleine Eule. Außerdem schwimmt auf dem Wasser die Pappschachtel von einem Erzeugnis namens
Genius
.
    32 GEGEN ABEND LIEGE ICH AUF EINEM HANG HINTER SULINA HERUM. Ich esse ein Wurstbrot, trinke fischelnden Wein. Vor mir liegt eine sandig-schlammige Ebene voller Grasbüschel und Kuhfladen. Der Horizont wird dominiert vom Torso eines Handelsschiffs, bei dem die

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