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Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition)

Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition)

Titel: Regeln des lächerlichen Benehmens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Hakl
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sein. Weiter führt die Spur des Eindringlings zu Murgys Tarn-Chapiteau, tritt auf der Stelle, macht kehrt und entfernt sich über die sandige Rundung der Insel. Sie leitet uns durchs Riedgras, wo sie fast verschwindet, dann ist sie im Schachtelhalmgestrüpp eines Wäldchens wieder zu erkennen. Im Schilf endet sie. Abgeknickte Halme zeigen deutlich, wo die Gestalt in den Fluss gestiegen ist.
    „Ein Fischer, ein Geist, ein Betrunkener, ein Dieb“, sage ich.
    „Ein Schwein, eine Ziege, ein Taucher, ein Wassermann“, befindet Rulpo und kratzt sich gedankenverloren an seinem fast schon verblassten Veilchen. „Warum ein Dieb?“
    „Die Machete ist weg.“
    „Die ist im Boot unter dem Sitz.“
    „Ach so.“
    Wir gehen zurück. Der aufgeheizte Boden schwitzt leuchtenden Nebel aus. Ich spüre, dass sich die Existenz der Welt direkt vom Pulsschlag meines Herzens her entfaltet, aber ich bin nicht in der Lage, etwas daraus zu folgern. Höchstens die Tatsache, das die Wirklichkeit in unmittelbarem Zusammenhang mit der Sauerstoffsättigung des Organismus steht. Dass das nicht mehr ist als eine Rückkopplung, eine Funktionskontrolle. Daraus folgt, dass man sich mit Identität nicht zu befassen braucht. Die ist schon dadurch gegeben, dass ein Individuum atmet.
    Wenn ich ein Pygmäe wäre, würde ich auf der Stelle einen Freudentanz aufführen. Aber weil ich ein ganz normaler Halbjude bin, marschiere ich ruhig durch den Erlenwald und sage mir, dass ich wohl zu Recht den Wels unterschlagen habe. Wozu den Morgen mit haltlosen Vermutungen trüben.
    „Wo hast du denn das spitzenmäßige Veilchen her?“, frage ich Rulpo aus Gründen der Konversation.
    „Hab eine mit der Faust draufgekriegt.“
    Das gefällt mir an dem Jungen – kein unnützes Gerede.
    Unserem Kollegen ist inzwischen nach mehrmaligem Wechsel des Köders ein Paradehecht an die Leine gegangen. Murgy betatscht ihn, wiegt ihn mit den Händen ab, entschuldigt sich bei ihm. Ich nehme ihn aus, reibe ihn mit Salz und Knoblauch ein, füge ein paar Blätter Sauerampfer hinzu. Rulpo zerbricht Stöcke und Zweige, hantiert mit dem Feuerzeug. Murgy kleckert Peroxid auf seine von der Angelschnur aufgeschnittene Handfläche.
    Zu dritt verfolgen wir mit Interesse, wie winzige Fische an dem Hechtkopf knabbern, den wir in den idyllischen Moostümpel unterm Ufer geworfen haben. Dem Skelett fehlen schon die Augen, es verliert an Farbe, die Fetzen fliegen.
    15 WIR RUDERN UND RUDERN. Die Sonne brennt, die Jungs schälen sich. Aufmerksam ziehen sie sich dünne Membranen aus verbrannter Haut ab und verzichten allmählich auf ihr Image. Mit jedem Tag tragen sie weniger Armbänder, Gürtel, Koppeltaschen. Verschwunden ist ihr dröhnendes Gewieher, verschwunden mein näselndes Gequacker. Wir sind gesammelt, ruhig.
    16 DIE SONNE BRENNT. Wir passieren einen mit Brocken aus hart gewordenem Zement und kaputten Förderbändern geschmückten Damm. Kühe mit Hörnern jagen auf ihm dahin. Eine weitere Rindergruppe kommt uns durch den Kanal entgegengewatet. Ein schnaufender Kopf mit unglaublich breiten Hörnern verfehlt die Flanke unseres Bootes nur um wenige Zentimeter.
    Am Ufer werfen sich zwei mit eingetrockneten Fäkalien zugekleisterte Stiere gegeneinander, krachend stoßen sie zusammen. Einer rutscht seitlich weg, knallt mit dem Schwanz, stellt sich wieder auf. Über seinen vom Staub grau gewordenen Hals zieht sich eine blutige Schramme. Die Muskelstränge beben, der Schaum spritzt. Wieder nehmen sie Anlauf. Die Rinderschädel dröhnen.
    17 DIE JUNGS SCHÄLEN SICH. Auf den ufernahen Sandbänken wandern Sumpfschildkröten dahin. Jede zweite trägt auf dem Panzer eine mit einem Taschenmesser eingeritzte Botschaft:
Giurgiu bumst Lina, Gebt mir Napalm!, Der Ţuică ist dieses Jahr super
,
AC / DC
. Andere tragen lediglich einen flüchtig angedeuteten Galgen, ein Kreuz, einen Totenkopf, Initialen, einen Mercedesstern.
    „Du! Wir müssen was trinken“, erschrickt Rulpo.
    „Warum trinken?“
    „Wahrscheinlich haben wir einen Sonnenstich.“
    „Du andauernd mit deinem Sonnenstich“, protestieren wir matt. „Was denn schon wieder für ein Sonnenstich?“
    18 ICH ZERRE AN DEN RUDERN, ATME PFEIFEND UND GEBE MICH SEICHTEN GEDANKEN HIN. Wenn nämlich die Wirklichkeit mit der Sauerstoffsättigung zusammenhängt, dann muss sie zyklisch ablaufen. In Quanten. In messbaren Einheiten. Der Geist funktioniert also allem Anschein nach wie ein Pulsradar – er empfängt reflektierte Wellen und schafft sich

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