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Reich und tot

Reich und tot

Titel: Reich und tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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gefühlt und getan hätte. Wenn er von dem Fall damals wie besessen gewesen war, wie seine Exfrau behauptete, hatte das sicher mit daran gelegen, dass ein Mädchen wie Sally, seine eigene Tochter, das nächste Opfer hätte sein können.
    »Ist schon okay, Chef, an einem Tag wie diesem, mit offenen Fenstern, stört es mich nicht.«
    Jacobson hatte unbewusst mit dem Feuerzeug aufs Armaturenbrett geklopft.
    »Da ist lieb von Ihnen«, sagte er. »Aber ich werde es noch ein Weilchen verkraften.«
    Auf dem Bürgersteig vor dem Nachbarhaus der Barnfields stand ein älterer Mann und schnitt die Hecke. Zwischendurch hielt er immer wieder inne und sah zufrieden die Straße hinauf und hinunter, ohne dem Astra auch nur einen Blick zu gönnen. Falls er sie bemerkte, nahm er wohl an, sie seien ein Paar. Das war es, wofür zwei Beamte in einem Überwachungswagen gewöhnlich gehalten wurden, egal, wie wenig die beiden zusammenpassten oder ob sie, wie in diesem Fall, Vater und Tochter hätten sein können. Es half, wenn sie Mann und Frau waren, war aber nicht notwendig. Die ganze Welt mochte Liebespaare.
    Die Barnfields hatten den Druck auch auf konventionellere Weise aufrechterhalten. Die ständigen Briefe an die Presse, an Politiker und das Innenministerium waren dabei noch das Geringste: Mrs Barnfield nahm regelmäßig an Diskussionen der örtlichen Radiosender teil und trat mehrfach im Regionalfernsehen auf. Als Familieeines Opfers waren die Barnfields jetzt vorschriftsgemäß über das Freilassungsdatum Johnsons informiert worden und hatten die Information zweifellos an ihre Medienkontakte weitergegeben. Es wäre ein kleines Wunder, wenn ihnen Johnsons Aufenthaltsort lange verborgen bleiben sollte. Jacobson sah die Heckenschere des alten Mannes in der Sonne blitzen und fragte sich, ob sie im Haus davor bereits heimlich die Messer wetzten.
     
    Aston und Dennett hatten sich gerade in ihrem schäbigen Raum über dem Waschsalon Atlantis eingerichtet, als Colin »Santa« Marshall, der Leiter des Bewährungsamts Crowby, zur verabredeten Zeit – es war Punkt vier – seinen alten Volvo-Kombi achtlos im absoluten Halteverbot vor dem Bewährungsheim parkte. Der rauscht da rein, als ob er eine Art Rekord aufstellen will, dachte Aston, zwischen ihn und den Wagen davor passt keine Zeitung mehr. Das Heim lag direkt gegenüber vom Waschsalon. Robert Johnson trat auf den Bürgersteig, in der Hand eine graue Adidas-Tasche mit seinen irdischen Gütern. Johnson war sechsunddreißig, sah mit seiner weiten Jeans, dem Kapuzensweatshirt und den kurzgeschorenen Haaren aber jünger aus. Man musste näher an ihn heran, um die Gefängnisblässe auf seinem Gesicht und die tiefen Furchen auf seiner Stirn zu sehen. Marshall war fett und hatte einen ungepflegten grauen Bart. Er schloss den Wagen ab und folgte Johnson ins Heim. Aston tippte den Operationskode in sein Handy.
    »Übel aussehende Type, Mann«, sagte Dennett.
    Aston hielt das Handy an sein Ohr und wartete auf eine Antwort. Dass sich nicht sofort jemand meldete, störte ihn nicht weiter.
    »Wer? Unser Freund oder der verfluchte Karl Marx?«
     
    Jenny stieg aus der Badewanne und fühlte sich fast schon entspannt. Die Idee war ihr vor zehn Minuten gekommen, und sie hatte sie in Ruhe abgewogen und für gut befunden. Sie wollte es ihm auf dem Fest bei den Trayners sagen. Genau, ohne großes Getue! Wenn möglich, wollte sie es ihm leise eröffnen, falls es jedoch nicht anders ging, auch laut vor allen Leuten. Sie würde ein paar Sachen zum Übernachten einpacken und sich ein Taxi nehmen, sich irgendwo einmieten. Morgen kam Kevin zurück. Jenny trocknete sich das Haar und schenkte sich im Spiegel ein Lächeln. Die Einladung zu den Trayners bedeutete Gus viel. Solche Sachen waren ihm immer extrem wichtig. Da würde er es ruhig aufnehmen und sich benehmen müssen, oder er machte sich zum Affen. Und selbst wenn er die Nerven verlor, in aller Öffentlichkeit würde er ihr weniger antun können als allein hier zu Hause. Sie zog sich das lange T-Shirt über den Kopf, das sie als Sommerbademantel benutzte, und verließ das Badezimmer. Oben an der Treppe blieb sie stehen und lauschte. Reifen knirschten auf dem Kies draußen. Gus kam nach Hause. Er musste ausnahmsweise einmal früher Feierabend gemacht haben, trotzdem würde es noch zwanzig Minuten dauern, bis sie ihn sah. Verschwitzt und gereizt, wie er sicher war, würde er gleich zum Pool gehen, aus seinen Sachen steigen, hineinspringen und wütend seine

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