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Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition)

Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition)

Titel: Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kooky Rooster
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hören dürfen, wie sein Orgasmus klang.
    Ich drehte mich um und stürzte durch den Hintereingang aus dem Haus. Obwohl ich mich noch immer nicht aufgewärmt hatte, tat die kühle Luft des Frühlings gut. Wäre Winter gewesen, ich hätte mich vermutlich sogar in den Schnee geworfen – am liebsten wollte ich mich einfrieren. Konservieren, nachdem ich mit Patrick Sex gehabt hatte, für immer in diese Lust eingesperrt.
    Ich lief ums Haus herum, um den Plan, abzuhauen, endlich in die Tat umzusetzen. Doch kaum hatte ich das Gartentor erreicht, bremste ich mich ab. Ich
wollte
nicht weg. Ich wollte mich nicht von Patrick entfernen – schon diese paar Meter, diese paar Wände, die mich aktuell von ihm trennten, taten weh. Egal wie beschissen die Situation war, ich wollte in seiner Nähe sein. Andererseits, was nutzte mir das? Ich würde zusehen müssen, wie ihm Julia die Hölle heiß machte. Vielleicht gaben sie am Ende sogar mir noch die Schuld, falls ihre Beziehung zerbrach. Was hatte ich denn zu erwarten, außer Hass und noch mehr Schmerz?
    Würde es mir leichter fallen mich zu entlieben, wenn ich mich dem stellen würde? Es würde wehtun, aber mir vielleicht helfen diese Sache rasch hinter mich zu bringen. Vielleicht fielen ja so gemeine Worte, so wüste Unterstellungen, dass ich noch heute befreit wäre von dieser süßen Last. Aber wollte ich das? Wann war ich zuletzt verliebt gewesen? Es war Jahre her.
    Damals war ich sechzehn gewesen und in einen Mitschüler verknallt. Keine Ahnung, ob er auch schwul gewesen war, ich hatte mich nie getraut ihm das zu sagen oder zu zeigen. Stattdessen schmachtete ich monatelang, litt die Pein unerwiderter Liebe rauf und runter. Es war die Hölle gewesen und doch die schönste Zeit meines Lebens. Vielleicht war ich masochistisch veranlagt, aber ich hatte mich so intensiv gespürt, hatte so intensiv gefühlt, war voll von naiver Hoffnung gewesen. Ich hatte mir eine Sehnenscheidenentzündung gewichst, geheult, geseufzt, blöd vor mich hin gegrinst. Jede Begegnung hatte mich in einen Ausnahmezustand versetzt. Es gab nur noch Anlässe und das erregte Freuen auf diese. Anlässe waren jene Momente, in denen ich ihm begegnen konnte. Alles war auf die Minuten konzentriert, die ich in seiner Nähe sein durfte. Ich war auf eine aufpeitschende Art lebendig gewesen, hatte mich verändert. Ich begann Sport zu treiben, weil ich für ihn sexy sein wollte und ich hatte einen wahnsinnigen Kreativitätsschub. Ich sah mich als Liedermacher und Autor – hatte eine ganze Menge peinlich kitschigen, liebeskranken Schrott verbrochen. Aber es war eine aufregende Zeit gewesen.
    Jetzt fühlte ich das wieder und durch mein Alter, dadurch, Erfahrung zu haben, zu wissen, wie es war mit einem Mann zusammen zu sein, vervielfachte diese Empfindung. Sex war schon ohne Verliebtheit schön – doch wie es war, mit einem Mann zusammen zu sein den man liebte, davon hatte ich vorhin eine Ahnung bekommen. Ich wollte nichts anderes mehr und ich wollte Patrick. Zumindest wollte ich hoffen. Noch länger in diesem Gefühl verweilen. Ich würde in den nächsten Wochen – sofern Julias und Patricks Beziehung den heutigen Tag überstand – sehr oft meine Schwester besuchen, sehnsüchtige Blicke auf ihren Freund werfen. Stets würde ich hoffen, dass sich wiederholen würde was wir gehabt hatten, würde nach Anzeichen suchen, dass er mich mochte, begehrte.
    Ich war gearscht.
    „Nino, was machst du da am Tor?!“ Susanne.
    Ich hatte das Gartentor bereits geöffnet und stand genau in der Mitte zwischen dem Vorgarten meiner Eltern und dem Gehweg. Ich hatte mir vorgenommen: Wenn ich es schaffte über die Schwelle zu treten, dann würde ich loslaufen ohne mich umzudrehen und alles tun, um mich zu entlieben, würde keinen weiteren Gedanken an Patrick verschwenden. Vermutlich stand ich deswegen genau auf der Schwelle und kam keinen Millimeter vorwärts.
    „Junge, du willst doch nicht etwa schon gehen?“, hörte ich die entrüstete Stimme meiner Mutter. Nur ein Schritt. Susi und meine Mutter hingen am Fenster, zwängten sich beide in den Rahmen. Daneben wurde klappernd das zweite Fenster aufgerissen und Onkel Wolfgang wuchtete seine Massen über das Fensterbrett.
    „Sachertorte! Nino!“, grölte er, dann drehte er sich um und rief ins Wohnzimmer: „Patrick, dein Freund will abhauen!“
    Panik. Zwischen Schreckstarre und Fluchtinstinkt brach mir, trotz der Kälte, plötzlich der Schweiß aus. Lauf! Julia trat neben Onkel Wolf ans

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