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Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Insel.
    Zwanzig Minuten später stiegen der Stabsofficier und seine Ordonnanz aus dem Bügel und untersuchten so weit als thunlich diesen Theil des Ufers.
    Hector Servadac fand bald, daß sich hinter jener Landspitze, und von ihr geschützt, eine kleine Bucht ausbreitete, welche einem Schiffe von mittlerem Tonnengehalte recht gut als Hafen dienen konnte. Gegen die offene See schloß die kleine Wasserfläche eine Reihe großer Klippen ab, durch welche ein schmaler Kanal als Einfahrt diente. Auch bei schwerem Wetter mußte dieser Schlupfwinkel ziemlich ruhig bleiben. Wie erstaunte aber Hector Servadac, als er bei näherer Betrachtung der Uferfelsen an diesen die Spuren einer vorausgegangenen, durch lange Linien zurückgebliebener Varecbüschel bezeichneten Hochfluth entdeckte.
    »Was zum Teufel! rief er, jetzt hat also das Mittelmeer wirkliche Gezeiten?«
    Ganz entschieden machte sich hier in der That das Steigen und Fallen des Wassers bemerkbar, und zwar in ganz beträchtlichem Maße – eine neue Sonderbarkeit neben den vielen anderen, denn bisher beobachtete man Ebbe und Fluth im Mittelmeer nur in ganz geringen Andeutungen.
     

    Ein Haus mit einer großen Haube auf dem Kopfe. (S. 68.)
     
    Dabei zeigte sich, daß die Fluthhöhe, seit ihrem stärksten Ansteigen, welches ohne Zweifel auf die Nähe der enormen Scheibe in der Nacht vom 31. December zum 1. Januar zurückzuführen war, sich immer weiter vermindert hatte, und sich jetzt in den bescheidenen, vor Eintritt der Katastrophe gewöhnlichen Verhältnissen bewegte.
     

    Kapitän Servadac eilte ihm entgegen. (S. 73.)
     
    Kapitän Servadac hielt sich aber nicht lange mit dieser Erscheinung auf, sondern wandte seine ganze Aufmerksamkeit nur der Dobryna zu.
    Die Goëlette befand sich jetzt nur zwei bis drei Kilometer vom Ufer. Die ihr geltenden Signale mußten am Bord bemerkt und verstanden werden. Wirklich änderte sie ein wenig ihren Cours und zog die Obermarssegel ein.
    Bald trug sie nur noch die Groß- und einige Stag-und Klüversegel, um dem Steuer schneller nachzugeben. Endlich umschiffte sie die Spitze der Insel und drang, indem sie gegen den ihr vom Stabsofficier bezeichneten Durchfahrtskanal manövrirte, kühn in denselben ein. Einige Minuten später griff der Anker in den sandigen Grund der Bucht, ein Boot ward flott gemacht und Graf Timascheff betrat das Ufer.
    Kapitän Servadac eilte ihm entgegen.
    »Herr Graf, rief der Stabsofficier, vor jeder anderen Auseinandersetzung, was in aller Welt ist geschehen?«
    Graf Timascheff, eine sehr kühle Natur, deren unbesiegbares Phlegma mit der quecksilbernen Lebhaftigkeit des Franzosen auffallend contrastirte, verneigte sich ein wenig und antwortete mit dem allen Russen eigenthümlichen Accent:
    »Herr Kapitän, erlauben Sie mir, Ihnen vor allem Anderen zu bemerken, daß ich nicht die Ehre zu haben hoffte, Sie hier wieder zu sehen. Ich verließ Sie auf einem Continente und finde Sie auf einer Insel …
    – Ohne daß ich von der Stelle gekommen bin.
    – Ich weiß es, Herr Kapitän, und bitte auch mein Ausbleiben von dem besprochenen Rendezvous zu entschuldigen, indeß …
    – O, Herr Graf, fiel ihm da Kapitän Servadac in’s Wort, davon können wir, wenn es Ihnen beliebt, später sprechen.
    – Ich stehe Ihnen stets zu Diensten.
    – So wie ich Ihnen. Jetzt lassen Sie mich nur die Frage wiederholen: Was, was ist geschehen?
    – Das wollte ich Sie fragen, Herr Kapitän.
    – Wie? Sie wüßten nichts?
    – Gar nichts!
    – Und vermögen mir also keine Auskunft zu geben, welches unerhörte Ereigniß diesen Theil Afrikas in eine Insel verwandelte?
    – Leider vermag ich das nicht.
    – Noch wie weit sich die Wirkungen dieser Katastrophe erstreckten?
    – Davon weiß ich nicht mehr als Sie, Herr Kapitän.
    – Aber mindestens können Sie mir über den nördlichen Theil des Mittelländischen Meeres Aufschluß geben …
    – Ja, giebt es denn noch ein Mittelmeer? unterbrach Graf Timascheff Kapitän Servadac’s Erkundigungen.
    – Das müssen Sie doch besser wissen als ich, Herr Graf, da Sie es ja eben befahren haben.
    – Ich habe es nicht befahren.
    – Sie hätten sich an keinem Punkte der Küste aufgehalten?
    – Nicht einen Tag, nicht eine Stunde lang, ja, ich habe überhaupt kein Land zu Gesicht bekommen.«
    Stumm vor Erstaunen, starrte der Stabsofficier den Russen an.
    »Aber mindestens, Herr Graf, nahm er das Gespräch wieder auf, beobachteten Sie doch, daß seit dem 1. Januar Osten und Westen vertauscht

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