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Reise in die Unterwelt

Reise in die Unterwelt

Titel: Reise in die Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Shea
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müßt ihr Hybriden darstellen, die Experimente der Dämonen mit menschlichen Gefangenen entsprangen, damit wir sicher durch das Lager kommen. Ich gebe vor, euer Wächter zu sein. Außerdem ermöglicht diese Verwandlung uns ein schnelleres Vorankommen.«
    »Welch Irrsinn ist das?« rief Mumber Sull. »Gewiß könntet Ihr uns durch die Luft tragen, wie von den Klippen. Simbilis' Kräfte dürften doch wahrhaftig groß genug für eine solche Kleinigkeit sein.«
    »Das sind sie auch«, erwiderte Leemb. »Simbilis' Macht ist groß genug, die Armeen auszulöschen, die ihn seit Jahrhunderten belagern. Doch die Verwirklichung seines Werkes verlangt seine ganze Kraft. Nur ungern tritt er davon auch nur ein Minimum für die Verteidigung ab. Wir, die wir ihm dienen, müssen deshalb äußerst sparsam mit dieser so unwillig gewährten Energie umgehen. Natürlich wäre es möglich, euch durch die Luft zu Simbilis zu tragen, aber es bedarf weniger thaumaturgischer Kraft, eine kleine Metamorphose zu bewirken und euch zu Fuß an euer Ziel zu bringen.«
    »Was kann das für ein Werk sein«, fragte Mumber Sull, »das seine ganze Aufmerksamkeit und Energie beansprucht? Gewiß muß es etwas ungeheuerlich Großes sein, wenn er zuläßt, daß seine Vasallen einer solchen Demütigung ausgesetzt werden.« Voll Abscheu betrachtete er die hohen elastischen Beine, die seinen Körper schaukelten wie Rohr im Wind.
    »Was Simbilis' Projekt betrifft, darüber jetzt zu reden, wäre verfrüht. Je schneller wir aufbrechen, desto eher kommen wir ans Ziel.«
    Aber Cugel hielt Leemb noch zurück. »Eure Erklärung ist unzufriedenstellend«, protestierte er. »Welchen Beweis haben wir überhaupt«, wandte er sich an Mumber Sull, »daß dieser Fremde, der uns so verunstaltet hat, überhaupt wirklich mit Simbilis verbündet ist?«
    »Was wir glauben oder nicht glauben«, warf Gunnruck kühl ein, »dürfte wohl kaum Gewicht haben. Wir sind völlig Leembs Gnade ausgeliefert.«
    Leemb verbeugte sich vor ihr. »Damit habt Ihr natürlich recht. Und es bleibt mir auch nicht viel Zeit, denn ich muß auf meinen Posten zurück. Trotzdem eine kurze Erklärung, um euch zu beruhigen. Es ist meine Aufgabe, in verschiedenen Maskierungen das Gebiet der Belagerer zu patrouillieren. Ihr Lager hier dient zweierlei Zwecken, wovon die Belagerung selbst der geringere ist. Seit geraumer Zeit wird es mehr und mehr als Forschungszentrum benutzt, wo die Dämonen mit den Gefangenen experimentieren, die von der Oberwelt hierher verschleppt werden.«
    »Aber wozu diese Experimente?« fragte Cugel. »Und welcher Art sind sie?«
    »Finsterster und grausamster«, erwiderte Leemb düster. »Sie dienen zur Schaffung von abscheulichen Kreaturen und Hybriden, die bei einer bevorstehenden Invasion der Oberwelt auf diese losgelassen werden sollen. Ich und andere der Erzengel sind allerdings der Ansicht, daß die Sonne erlischt, noch ehe die Dämonen bereit für diese Invasion sein werden. Das ist jedoch nur unsere persönliche Meinung. Sollte die Invasion tatsächlich stattfinden, dürfte die Oberwelt ihr kaum etwas entgegenzustellen haben.«
    »Eure Mission ist dann wohl die Sabotage dieser Experimente, um die Invasion zu verhindern?« fragte der Than.
    »Nur nebenbei. Die Erde ist ohnehin dem Untergang geweiht, und die Invasion unaufhaltbar. Es ist meine und die Aufgabe meiner Miterzengel, jene Gefangenen der Dämonen zu befreien, die noch nicht umgewandelt wurden. Wir schmuggeln deshalb ständig solche Personen durch die Barriere, und so habe ich bereits große Erfahrung im Transport von Geretteten durch das Lager gesammelt. Aufgrund eurer Metamorphose haben wir keine Entdeckung zu befürchten. Ihr seht also, daß ihr euch eine Weile damit abfinden müßt.«
    Der Erzengel gestikulierte, und die vier Pilger sprangen auf und rasten dahin, oder vielmehr, ihre Beine taten es. Ihre Oberkörper schwankten beängstigend, als sie davongetragen wurden von den schuppigen Gliedmaßen, die sicher und schnell über die Glasfläche hüpften. Leemb schwebte einen Meter über dem Boden vor ihnen her.
    Es dauerte eine lange Weile, während derer sie viele Meilen zurücklegten, bis Leemb endlich auf das Keuchen und Prusten der vier Geketteten aufmerksam wurde. Durch ein Übersehen seinerseits bezogen die Stelzenbeine mehr als eine Hälfte ihrer Kraft aus den verhältnismäßig schwachen Oberkörpern. Ein wenig erschrocken gestattete er ihnen, eine Rast einzulegen, und verstärkte ihre Lungen.
    Weiter rasten

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