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Reise in die Unterwelt

Reise in die Unterwelt

Titel: Reise in die Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Shea
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Schicksal von ihm abhing. Sie rannten zum Fenster und verrenkten sich fast die Köpfe, aber sie konnten ihn nirgends mehr entdecken. Sie sahen nur, daß ihre Frachtblase mit anderen der verschiedensten Größen immer schneller in der schäumenden Flüssigkeit zu treiben begann, als der Strom schmaler und die Ufer höher wurden.
    Plötzlich begann ihre Kugel sich zu heben, und der Fluß fiel unter ihnen zurück. Die Schlucht, durch die er sich bahnte, war tief, und der Aufstieg des Hauses zwischen den steilen schwarzen Felsen dauerte eine lange Weile. Mit einemmal löste sich die Frachtblase auf, und das Haus setzte sanft am Rand der Schlucht auf.
    Die vier stürmten gleichzeitig los, um ihre Chance zu nutzen. Doch die Tür war von Tor und Karf blockiert. Letzterer hatte seine Selbstbeschuldigungen beendet und machte nun eine Verbeugung vor Tor, die dieser mit einem Knicks erwiderte. Im Walzerschritt tanzten die beiden die Treppe hinunter, durch den Korridor und hinaus zur offenen Haustür. Verwirrt folgten ihnen die vier und blickten ihnen nach, als sie im düsteren Licht im Freien verschwanden. Über ihnen flatterte der Kobold mit den Flügeln und kicherte.
     

 
7. Simbilis' Festung
     
    Gunnruck, Tors Weib, schien keinerlei Nachwirkungen von Schwangerschaft und Geburt zu verspüren. Hilfsbereit führte sie das Trio durch das Haus, damit jeder sich mit Waffen und Proviant versorgen möge, ehe sie es verließen. Mit einem unmißverständlichen Blick und einem Griff nach dem Dolch, den sie sich nebst einem kurzen Schwert in den Gürtel gesteckt hatte, entmutigte sie Cugels und Polderbags Avancen, die nichts gegen ein Techtelmechtel mit der hübschen jungen Frau gehabt hätten.
    Nachdem alle sich zusätzlich noch mit Decken, Seilen, und was immer sie für notwendig erachteten, ausgestattet hatten, traten sie aus dem Haus.
    »Wir brauchen nur dem Fluß zu folgen«, erklärte Mumber Sull überzeugt, »dann kommen wir zu Simbilis.«
    Cugel und Polderbag zögerten. Sie befürchteten, daß die vor ihnen liegenden Gefahren noch größer sein mochten als die bisher überstandenen und wären gern umgekehrt, um zurück nach Millions Gather zu pilgern. Aber würden sie es je schaffen? Falls sie wider Erwarten doch bis zu Simbilis durchdrangen, hatten sie die Hoffnung, daß er sie reich belohnen würde. Seufzend beeilten sie sich also, den Than einzuholen, dem sich Gunnruck bereits angeschlossen hatte.
    Fünfzig Tage folgten sie am Rand der scheinbar endlosen Schlucht entlang dem Rauschen des Flusses, der zu weit in der finsteren Tiefe dahinströmte, als daß sie ihn zu Gesicht bekommen hätten. Erst am dreißigsten Tag erweckte ein ferner Schein in ihnen die Hoffnung, daß die Landschaft sich jemals ändern würde. Die weiteren Tagesmärsche brachten sie näher an diesen Schein heran, der sich allmählich als eine Gegend weißer Klippen herausstellte, die noch steiler in die Tiefe führten als die schwarze Schlucht, die dort endete. In einem schaumtosenden Wasserfall stürzte der violett glimmende Fluß dort hinab in eine Glasebene. Glas mußte es sein, denn es war klarer als Eis, und keine Kältezone, wie ewiger Frost sie hervorrufen würde, umgab sie. Obwohl es sich durchaus um eine Ebene handelte, schien sie doch nicht glatt und völlig flach, sondern von Hügeln und Tälern durchzogen, doch war die genaue Beschaffenheit aus dieser Ferne schwer zu erkennen.
    »Das muß die Glaswüste sein. Kein sehr vielversprechender Anblick«, brummte Cugel.
    »Nun, vielleicht stellt sie sich aus der Nähe weniger unerfreulich heraus«, meinte Mumber Sull mit unverbesserlichem Optimismus.
    »Und wie, glaubt Ihr, wird es uns gelingen, die Klippen hinunterzukommen?« erkundigte sich Gunnruck. »Selbst wenn wir alle unsere Seile zusammenbinden und noch sämtliche Lederriemen in unserem Besitz verwenden, würden sie nicht einmal für ein Viertel des Weges reichen.«
    Alle starrten bedrückt vor sich hin, bis Cugel den Wasserfall genauer studierte. »Hört zu«, sagte er. »Der Fluß hat am Rand des Falls die Klippen ausgezackt und mehrere breite Simse gebildet, an denen wir uns mit ein wenig Geschick in Etappen abseilen können.«
    Dieser Vorschlag wurde in Ermangelung eines besseren einstimmig angenommen. Doch etwa auf halbem Weg abwärts kamen sie an ein Sims, das über den Wasserfall herausragte und von dem es unmöglich war, sich weiter abzuseilen. Den Felsen selbst konnten sie, da er schräg zurück lag, nicht erreichen, und die

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