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Reise in die Unterwelt

Reise in die Unterwelt

Titel: Reise in die Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Shea
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nicht in der Zukunft lesen. Meine Berechnungen deuten nicht darauf hin, daß Ihr nicht schon vor ihr sterben könntet, denn das Leben auf der Oberwelt bietet den Tod auf viele Arten, und jene, die meine Festung belagern, erfinden täglich neue.«
    »Ihr malt die Aussichten, dorthin zurückzukehren, in immer düstereren Farben«, warf Polderbag ein. »Ich bin ein Mann von großer Vorstellungskraft. Die Freuden des Erinnerungstauchens im Giganten würde mir gewiß zusagen. Gestattet mir einen Antrag auf Aufnahme im Team Eurer Arbeiter.«
    »Es tut mir leid. Der Than und die Dame verfügen über nicht alltägliche Moralmuster und stellen eine wertvolle Bereicherung der Seele des Titanen dar. Was euch betrifft, nun, ich befürchte, der Gigant ist bereits mit ausreichenden Charakterschablonen eurer Art ausgestattet. Ihr würdet mir und euch selbst Verlegenheit ersparen, wenn ihr diese Frage nicht weiter erörtert. Habt jetzt die Güte, mir zu sagen, wohin ihr wollt.«
    Cugel und Polderbag blickten einander an. Polderbag sagte: »Schon lange erkannte ich eine Übereinstimmung zwischen uns, die mir verrät, daß eine Partnerschaft sich als recht fruchtbar erweisen könnte.«
    »Auch ich, mein teurer Polderbag, hege schon lange diese selben Gedanken. Da es so aussieht, als müßte ich jegliche Hoffnung begraben, den schurkischen Iucounu bestrafen zu können, bin ich frei für andere Unternehmungen. Was haltet Ihr für den besten Ort, ein Geschäft aufzubauen?«
    »Ich kenne keine Stadt, die vielversprechender als Millions Gather ist. Wie seht Ihr die Aussichten in Eurer Heimatstadt?«
    »Oh, auch in Almery blüht der Handel, aber was ich von Millions Gather während meines kurzen Aufenthalts gesehen habe – nun, ich glaube, daß unsere Chancen dort größer sind.« Cugel wandte sich an Simbilis. »Wir möchten gern nach Millions Gather versetzt werden, mein Lord. Und wäre es nicht möglich, daß Ihr das uns so großzügig gewährte Stipendium noch ein klein wenig erhöht?«
    »Es bleibt, wie ich es euch versprach. Doch nun muß ich mich beeilen. Meine Arbeit ruft. Wollt ihr noch ein paar Worte des Abschieds wechseln?«
    Cugel lächelte und drehte sich zu Mumber Sull um. »Unsere Wege trennen sich, ehrenwerter Than.«
    Sull nickte. »Unsere Verbindung war im großen ganzen recht erfreulich. Ich werde mich gern daran erinnern.«
    »Genau wie ich. Doch ermöglicht es mir, hochverehrter Than, diese Erinnerungen immer wachzuhalten. Gebt mir ein dauerndes Andenken an unsere gemeinsamen Abenteuer – das Amulett vielleicht, das, wie Ihr sicher nicht vergessen habt, ursprünglich ich für uns gewann.« Mumber Sull hatte verlangt, daß er es ihm aushändige, nachdem sie das Haus auf dem Schluchtrand verlassen hatten.
    Der Than nickte steif. »Ihr habt recht. Ich habe hier keinen Bedarf dafür.« Er gab es seinem ehemaligen Lehnsmann.
    Cugel steckte es ein und sagte Gunnruck ein wenig kühl Lebwohl, denn er hatte das Gefühl, daß sie über ihre Trennung durchaus nicht traurig war. Polderbag flüsterte etwas in ihr Ohr, das sie erröten ließ. Dann stellten Cugel und Polderbag sich auf Simbilis' Geheiß an den Rand der Plattform und blickten in die Höhe. Die Schwärze über ihnen wurde plötzlich zu einem blendenden Grün, das sie an sich zog. Ein Schwindelgefühl übermannte sie, und als es nachließ, stellten sie fest, daß sie auf dem Platz vor Steeps Jaw standen.
    Im purpurnen Glühen der Abendröte lag die Stadt unter ihnen. Reger Betrieb herrschte am Eingang zur Unterwelt. Zwei Zombies schritten an ihnen vorbei und musterten sie mißtrauisch, ehe sie im Zollhaus verschwanden. Ihr gräßlicher Gestank hing noch eine ganze Weile in der Luft.
    Cugel und Polderbag blieben still stehen, bis das Grün der Wälder in dem weiten Tal sich mit den Schatten der Nacht vermischte, und die Farben der Hausdächer das Grau des Abends annahmen.
    Cugel gewann als erster seine Fassung wieder. Er blickte an sich hinunter und sah, daß er reich gekleidet war. Er trug eine Tunika aus purpurner Wolle, Beinkleider aus Leder, ein Wams aus weichem Pelz, einen wallenden Umhang und einen Hut mit Federbusch. Von seinem Gürtel hing ein kostbares Schwert und ein Lederbeutel, prall mit Münzen. Mit einem Fluch registrierte er jedoch, daß die Skubbastücke und das Gold, das er Verdulga abgenommen hatte, verschwunden waren. Also würde er wohl oder übel mit Simbilis' Gabe auskommen müssen.
    Er drehte sich um und stellte fest, daß Polderbag wie er

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