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Reise nach dem Mittelpunkt der Erde

Reise nach dem Mittelpunkt der Erde

Titel: Reise nach dem Mittelpunkt der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Ufer ab.
    Im Augenblick, als wir den Hafen verließen, wollte mein Oheim demselben einen Namen geben, etwa den meinigen.
    »Wahrhaftig, sagt’ ich, ich habe Ihnen einen anderen vorzuschlagen.
    – Welchen?
    – Den Namen Gretchen’s. Hafen Gretchen wird sich gut auf der Karte ausnehmen.
    – Richtig: Hafen Gretchen.«
    So hat sich das Andenken an meine liebe Vierländerin mit unserer abenteuerlichen Fahrt verknüpft.
    Der Wind wehte aus Nord-Ost. Wir fuhren von ihm getrieben äußerst schnell. Die dichte Atmosphäre hatte bedeutende Treibkraft und wirkte auf das Segel wie ein starker Blasebalg.
    Nach Verlauf einer Stunde konnte mein Oheim unsere Schnelligkeit ziemlich genau schätzen.
    »Wenn es so fort geht, sagte er, machen wir in vierundzwanzig Stunden mindestens dreihundert Kilometer, und werden bald das jenseitige Ufer erkennen.«
    Ich erwiderte nichts und nahm meinen Platz vornen auf dem Floß. Bereits sank das nördliche Ufer zum Horizont herab. Vor meinen Augen erstreckte sich ein unermeßliches Meer. Große Wolken breiteten rasch ihre grauen Schatten über seine Oberfläche. Die silbernen Strahlen des elektrischen Lichtes, hie und da von einigen Tröpfchen reflectirt, ließen in den von dem Fahrzeug aufgeregten Wirbeln leuchtende Punkte hervorglänzen. Bald war alles Land aus dem Gesicht verloren, jedes Merkzeichen verschwunden, und wäre nicht das schäumende Fahrwasser des Flosses gewesen, so hätte ich meinen können, dasselbe sei vollständig unbeweglich.
    Gegen Mittag sah man ungeheure Seegrasmassen auf der Oberfläche der Wellen treiben. Ich kannte die vegetative Kraft dieser Pflanzen, welche in einer Tiefe von mehr als zwölftausend Fuß auf dem Meeresgrund kriechen, sich unter’m Druck von vierhundert Atmosphären fortpflanzen, und oft sehr ansehnliche Bänke bilden, um den Lauf der Schiffe zu hemmen; aber niemals, glaub’ ich, gab’s riesenhafteres Seegras, als im Meer Lidenbrock.
    Unser Floß fuhr an drei-bis viertausend Fuß langem Fucus vorüber, ungeheure Schlangengewinde, die sich über die Weite des Gesichtskreises hinauszogen; es machte mir Vergnügen, ihre unendlichen Bänder mit dem Blick zu verfolgen, ohne ihr Ende zu erreichen, und meine Geduld, wo nicht mein Staunen, wurde Stunden lang getäuscht.
    Was war dies für eine Naturkraft, welche solche Pflanzen hervorbrachte, und wie muß das Aussehen der Erde in den ersten Jahrhunderten ihrer Bildung gewesen sein, als unter Zusammenwirken von Wärme und Feuchtigkeit das Pflanzenreich allein auf seiner Oberfläche zur Entwickelung kam!
    Der Abend kam, und wie ich Tags zuvor bemerkt hatte, die Helle der Luft blieb unvermindert. Es war eine dauernde Naturerscheinung, auf deren Fortbestehen man rechnen konnte.
    Nach dem Abendessen legte ich mich am Fuße des Masts nieder und schlief unverzüglich ein inmitten sorgloser Träume.
    Hans, unbeweglich am Steuer, ließ dem Floß seinen Lauf, das übrigens, vom Winde getrieben, einer Leitung nicht bedurfte.
    Seit unserer Abfahrt aus Gretchen-Hafen hatte mich der Professor Lidenbrock beauftragt, das Tagebuch der Fahrt zu führen, die geringsten Wahrnehmungen darin zu verzeichnen, die interessanten Erscheinungen einzutragen, die Richtung des Windes, die erlangte Schnelligkeit, den durchlaufenen Weg, kurz, alle Ereignisse dieser merkwürdigen Fahrt.
    Ich beschränke mich nun darauf, diese täglichen, sozusagen von den Ereignissen dictirten Bemerkungen hier wiederzugeben, um einen desto genaueren Bericht von unserer Ueberfahrt zu geben.
    Freitag, 14. August . – Gleichmäßig. N.-O.-Wind. Das Floß fährt rasch geradeaus. Die Küste bleibt 300 Kilometer unter dem Wind. Nichts am Horizont. Die Stärke des Lichts unverändert. Schönes Wetter, d.h. die Wolken sehr hoch, wenig dicht und in einer Atmosphäre, die weiß ist wie geschmolzenes Silber.
    Thermometer +32° hundertth.
    Um Mittag fügt Hans eine Angel an eine Schnur, und wirst sie mit einem Bröckchen Fleisch als Köder in’s Meer. Binnen zwei Stunden fängt er nichts. Also sind diese Gewässer ohne Bewohner? Nein. Man spürt eine Erschütterung. Hans zieht die Schnur heraus und hebt einen Fisch aus dem Wasser, der gewaltig zappelt.
    »Ein Fisch! rief mein Oheim.
    – Es ist ein Stör! rief ich, ein kleiner Stör!«
    Der Professor betrachtet das Thier achtsam und ist nicht meiner Ansicht. Dieser Fisch hat einen platten zugerundeten Kopf und den vorderen Theil des Leibes mit knochenartigen Plättchen besetzt; sein Maul ist ohne Zähne; am

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