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Reise nach dem Mittelpunkt der Erde

Reise nach dem Mittelpunkt der Erde

Titel: Reise nach dem Mittelpunkt der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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hingebracht, gingen wir zu der sandigen Uferstelle zurück, um wieder in die Grotte zu gelangen. Und so schlief ich unter’m Eindruck der seltsamsten Gedanken ein und ruhte in tiefem Schlummer.
Einunddreißigstes Capitel.
Zu Schiffe.
    Am folgenden Tag wachte ich völlig geheilt auf. Ich dachte, ein Bad würde mir sehr heilsam sein, und tauchte mich einige Minuten lang in die Gewässer dieses mittelländischen Meeres.
    Als ich zurückkam, speiste ich mit trefflichem Appetit. Hans verstand sich darauf, ein Frühstück zu bereiten; er war mit Wasser und Feuer versehen, so daß er ein wenig Abwechselung in unser Frühstück bringen konnte. Zum Dessert lieferte er uns einige Tassen Kaffee, und nie hat mir dieses köstliche Gebräu angenehmer geschmeckt.
    »Jetzt, sagte mein Oheim, ist die Zeit der Ebbe und Fluth, und wir dürfen die Gelegenheit, diese Erscheinung zu studiren, nicht vorüber gehen lassen.
    – Wie? Ebbe und Fluth.
    – Allerdings.
    – Reicht der Einfluß von Sonne und Mond so weit hinab?
    – Warum nicht? Sind die Körper nicht im Ganzen der allgemeinen Anziehung unterworfen? Diese Wassermasse kann sich folglich nicht dem allgemeinen Gesetz entziehen. Daher wirst Du auch sehen, daß sie, trotz des Drucks der Atmosphäre, welcher auf ihre Oberfläche wirkt, steigt, wie das atlantische Meer.«
    In diesem Augenblick betraten wir den Sand am Ufer, und sahen die Wellen nach und nach mehr auf dem flachen Boden vordringen.
    »Da ist ja die beginnende Fluth, rief ich aus.
    – Ja, Axel, und aus dieser Anhäufung von Schaum kannst Du abnehmen, daß das Meer wohl zehn Fuß hoch steigt.
    – Wunderbar!
    – Nein, es ist natürlich.
    – Sie haben gut reden, lieber Oheim, alles dies kommt mir außerordentlich vor, und ich kann kaum meinen Augen trauen. Wer hätte jemals sich in dieser Erdrinde ein wirkliches Meer gedacht, mit Ebbe und Fluth, Seewind und Stürmen!
    – Warum nicht? Spricht ein Grund der Physik dagegen?
    – Ich sehe nicht, sobald man das System der Central-Wärme aufgeben muß.
    – Also bis auf diesen Punkt findet sich Davy’s Theorie gerechtfertigt?
    – Offenbar, und dennoch liegt darin kein Widerspruch, daß es Meere oder Landschaften im Innern der Erde giebt.
    – Ohne Zweifel, aber unbewohnte.
    – Richtig! Warum sollten diese Wasser nicht einige Fische von einer unbekannten Gattung enthalten?
    – Jedenfalls haben wir bis jetzt noch nicht einen einzigen wahrgenommen.
    – Nun, wir können Angeln machen, und sehen, ob der Köder hier unten ebenso anzieht als in den Gewässern unter’m Mond.
    – Wir wollen’s versuchen, Axel, denn wir müssen in alle Geheimnisse dieser neuen Gegenden dringen.
    – Aber wo befinden wir uns denn? lieber Oheim, denn ich habe noch nicht diese Frage an Sie gerichtet, worauf Ihre Instrumente Ihnen die Antwort schon gegeben haben müssen.
    – Horizontal dreihundertundfünfzig Lieues von Island.
    – So weit?
    – Ich bin überzeugt, daß ich nicht um fünfhundert Toisen irre.
    – Und die Magnetnadel weist fortwährend auf Süd-Ost?
    – Ja, mit einer westlichen Abweichung von neunzehn Grad und zweiundvierzig Minuten, gerade wie oben auf der Erde. Was die verticale Richtung betrifft, so ist ein merkwürdiger Fall eingetreten, den ich sorgfältig beobachtet habe.
    – Und welcher?
    – Die Nadel, anstatt sich, wie sonst auf der nördlichen Hemisphäre, gegen den Pol hin zu richten, hebt sich dagegen.
    – Also muß man daraus schließen, daß der magnetische Anziehungspunkt sich zwischen der Erdoberfläche und dem Punkt, wo wir eben sind, findet.
    – Ganz richtig, und es ist zu vermuthen, daß, wenn wir in die Polargegenden kämen, zum siebenzigsten Grad, wo James Roß den magnetischen Pol entdeckt hat, die Nadel in senkrechter Richtung stehen würde. Folglich liegt dies geheimnißvolle Centrum der Anziehung nicht sehr tief.
    – Wirklich, und das ist eine von der Wissenschaft nicht geahnte Thatsache.
    – Die Wissenschaft, lieber Junge, ist voll Irrthümer, die man aber nicht zu scheuen hat, weil sie allmälig der Wahrheit zuführen.
    – Und wie tief sind wir jetzt unten?
    – Dreihundertundfünfzig Kilometer.
    – Also, sagte ich mit einem Blick auf die Karte, das schottische Hochland über unserm Kopf, und dort die mit Schnee bedeckten Gipfel der Grampiangebirge sind wunderbar hoch.
    – Ja, erwiderte der Professor lachend. Eine etwas schwere Bürde, aber das Gewölbe ist solid; der große Baumeister des Weltalls hat es aus guten Materialien errichtet, und

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