Reisefuehrer Sizilien, Liparische Inseln
und Karl den Großen streiten. Aber auch der puparo, der Puppenspieler, kann außer Atem kommen, denn Puppentheater ist Schwerstarbeit im Familienbetrieb. Die buntbemalten metergroßen Figuren sind selbstgeschnitzt und werden mit Eisenstangen geführt. In den 1980ern drohte diese Volkskunst mangels Zuschauern zu verschwinden, doch mittlerweile besuchen auch einheimische Schulklassen die Spektakel. Palermo, Acireale und Monreale sind die sizilianischen Hochburgen der Puppenspieler . 2008 wurde die Opera dei Pupi ins immaterielle Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen.
SARAZENENTÜRME
Die massigen, mal runden, mal quadratischen Türme prägen die Küsten Italiens und auch die Siziliens. Die nordafrikanischen Sarazenen tauchten im 9. Jh. mit ihren Schiffen an allen christlichen Mittelmeerufern auf, plünderten und zerstörten die Küstenorte, töteten die Bevölkerung oder verschleppten sie auf die Sklavenmärkte und drangen bis ins Landesinnere vor. Die gut befestigten Städte dagegen wurden nur selten angegriffen. Die Türme standen untereinander in Sichtkontakt, „telegrafiert” wurde mit Kanonenschüssen oder Feuersignalen.
TRINAKRIA
Der Frauenkopf mit den beiden Schlangen und Flügeln, aus dem drei Beine wachsen, ist seit der Antike das Symbol für Sizilien, Zeichen für seine Dreiecksgestalt, seine drei alten Provinzen, aber auch für das Sonnenrad und für Fruchtbarkeit. Das Wappen Siziliens begegnet einem überall – auf Postkarten und Souvenirs ebenso wie auf Marktkarren, Fischerbooten und LKWs oder Schildern von Bars und Läden, als Markenzeichen einer Brauerei in Messina, auf Stempeln, Fahnen, Internetseiten und amtlichen Briefköpfen.
UMWELT
Der Müll in Palermo war schon Goethe aufgefallen. Sizilianer behandelten ihre Natur lange mit mediterranem Schlendrian. Industrieruinen, Betonwüsten und (weniger werdende) wilde Deponien bilden die Kehrseite von Bella Sicilia.
Doch ein Umdenken ist überall spürbar. Die regionale Umweltbehörde ARPA setzt auf Aufklärung in Schulen, Boote patroullieren entlang der Küsten, um Schwarzbauten aufzuspüren. Die Regionalparks und über 50 Naturschutzgebiete werden begeistert von einheimischen escursionisti (Wanderern) angenommen. Mangiare sano: Der hohe Stellenwert schmackhafter Nahrung hat dazu geführt, dass die Sonneninsel Italiens größter Produzent von Bioprodukten ist. Die junge Generation hat begriffen, dass das postindustrielle Sizilien von einem ökologisch-grünen Image auch wirtschaftlich nur profitieren kann. Noch ausbaufähig die Zahl der Bandiera-Blu -Strände (blaue Flagge für Umweltbewusstsein). Der Reichtum der Fischmärkte täuscht darüber hinweg, dass Thunfisch dramatisch bedroht ist. Allerdings sind daran eher Hochseeflotten als sizilianische Fischerboote schuld.
VULKANE & ERDBEBEN
Geologisch und erdgeschichtlich ist der größte Teil Siziliens ein Stück Afrika. Nur der Norden gehört zur eurasischen Kontinentalplatte. Gegen sie driftet die afrikanische Platte, deren Druck die Bergketten Nordsiziliens aufgefaltet hat. Spannungen und deren plötzliche Entladungen führen zu Erdbeben. 1693 zerstörte ein Beben ganz Südostsizilien, 1783 und 1908 verwüsteten die stärksten je in Europa gemessenen Erdbeben Messina, 1968 traf es im Westen Gibellina und 13 weitere Orte im Belice-Tal.
In den Knautschzonen entstehen oft Vulkane, weil Brüche und Verwerfungen Magmakammern aus dem glutheißen Erdinneren aufsteigen lassen. Ätna und Stromboli sind die beiden sichtbar aktiven Vulkane Siziliens, für die Vulkanologen sind aber auch die Inseln Lipari, Vulcano, Panarea und Pantelleria aktiv, auch wenn ihre letzten Ausbrüche 100 und mehr Jahre zurückliegen. Erloschene Vulkane sind die Inseln Salina, Filicudi, Alicudi, Ustica und Linosa.
Vor Siziliens Küsten tut sich tief unterm Meeresspiegel noch mehr. Im recht flachen und sehr fischreichen Meer im Süden zwischen Agrigent, Sciacca, Pantelleria und Linosa gehen Fischern immer wieder gekochte Fische in die Netze, sehen sie Gasblasen aufsteigen. 1831 bildeten im Meer vor Sciacca Lava und heiße Vulkanasche eine kleine Insel. Briten, Franzosen und Russen wollten sie haben, drohten dem Landesherrn in Neapel und untereinander mit Krieg. Doch bevor es dazu kam, verschwand die Insel Ferdinandea nach 5 Monaten wieder im Meer.
Tief im tyrrhenischen Meer nördlich der Liparischen Inseln erstreckt sich über 2000 km 2 und bis zu 3000 m hoch Europas größter aktiver Vulkan, der Monte Marsili, der noch wenig
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