Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras
Doctors-House, um jeden Versuch eines Einbruchs zu überwachen; wenn sie lauschten, hörten sie die Bären hin und her laufen, dumpf brummen und mit ihren ungeheuren Tatzen an den Wänden scharren.
Doch, man mußte handeln; die Zeit drängte. Altamont beschloß eine Schießluke herzustellen, um auf die Angreifer zu feuern; in wenigen Minuten hatte er ein Loch in der Eismauer ausgehöhlt, in welches er sein Gewehr einlegte; kaum aber erschien dasselbe außerhalb mit der Mündung, als es seinen Händen auch schon mit unwiderstehlicher Gewalt entrissen wurde, ohne daß er zum Schießen kam.
»Zum Teufel! rief er; dagegen sind wir nicht stark genug!« und beeilte sich, die Schießscharte wieder zu verstopfen.
Diese Lage währte nun schon eine Stunde, und ihr Ende war vorläufig nicht abzusehen. Die Aussichten eines Ausfalls wurden noch besprochen; sie waren nur schwach, da man die Bären nicht würde einzeln bekämpfen können. Nichtsdestoweniger gedachten Hatteras und seine Genossen, die diese Lage gern ändern wollten, und, man muß es gestehen, sehr beschämt und verwirrt waren, so von Thieren gefangen gehalten zu werden, einen directen Angriff unternehmen, als der Kapitän noch auf ein neues Vertheidigungsmittel verfiel.
Er nahm den Poker 1 , der Johnson zum Reinigen der Ofenroste diente, und legte ihn in die Kohlengluth; dann machte er eine Oeffnung in die Schneemauer, ohne sie für jetzt bis nach Außen zu verlängern, so daß also noch eine dünne Eiskruste an der Mündung stehen blieb.
Seine Gefährten sahen ihm zu. Als der Poker weißglühend geworden war, sagte Hatteras:
»Diese weißglühende Stange soll mir dazu dienen, die Bären, welche sie nicht halten können, zurückzutreiben, und durch die Schießscharte wird ein wohlgenährtes Feuer auf sie gerichtet werden können, ohne daß sie uns die Waffen zu entreißen vermögen.
– Gut ausgedacht!« rief Bell, der neben Altamont Posto faßte.
Darauf nahm Hatteras das Eisen aus der Gluth und stieß es schnell vollends durch die Mauer. Der Schnee, der in Berührung damit schmolz und verdampfte, zischte mit betäubendem Geräusche. Zwei Bären sprangen herbei, faßten die noch rothglühende Stange an, und stießen ein schreckliches Geheul aus; in demselben Augenblick fielen vier Schüsse Schlag auf Schlag.
»Getroffen! rief der Amerikaner.
– Getroffen! wiederholte hurtig Bell.
– Wiederholen wir’s«, sagte Hatteras, und verstopfte die Oeffnung augenblicklich wieder.
Das Schüreisen kam wieder in den Ofen; nach einigen Minuten war es rothglühend.
Altamont und Bell, welche die Gewehre wieder geladen hatten, nahmen ihre Plätze wieder ein; Hatteras reinigte die Schießscharte wieder und brachte das weißglühende Eisen auf’s Neue hinein.
Diesmal aber stieß es auf eine undurchdringliche Schicht.
»Verdammt! rief der Amerikaner.
– Was ist los? fragte Johnson.
– Was los ist! Nun, daß diese verwünschten Thiere Blöcke auf Blöcke häufen, so daß sie uns in unserem Hause einmauern und lebendig begraben.
– Unmöglich!
– Sehen Sie doch, das Schüreisen dringt nicht mehr durch; das wird am Ende spaßhaft!«
Spaßhaft war es nicht mehr, es wurde beunruhigend; die Lage verschlimmerte sich. Die Bären, als sehr gescheite Thiere, wandten dies Mittel an, ihre Beute zu ersticken. Sie häuften die Schollen derart an, daß jede Flucht unmöglich wurde.
»Das ist hart! sagte der alte Johnson mit höchst ärgerlicher Miene. Wenn Menschen uns so behandelten, möchte es noch gehen, aber Bären!«
Hierauf verflossen noch zwei Stunden ohne wesentliche Veränderung der Lage; ein Ausfall war unausführbar geworden, die verdickten Mauern hielten auch jedes von Außen kommende Geräusch ab. Altamont ging unruhig umher, wie ein muthiger Mann, der erbittert ist über eine Gefahr, die alle seine Kühnheit übersteigt. Hatteras gedachte mit Schrecken des Doctors und der ernstlichen Gefahr, die ihm bei der Rückkehr drohte.
»Ach! rief Johnson, wäre doch Herr Clawbonny hier!
– Nun, was würde er beginnen? fragte Altamont.
– Er würde uns gewiß aus der Noth zu helfen wissen.
– Und womit? fragte lächelnd der Amerikaner.
– Ja, wenn ich das wüßte, erwiderte Johnson, dann brauchte ich ihn nicht. Doch, einen Rath, den er uns jetzt geben würde, weiß ich doch.
– Der wäre?
– Den, einen Imbiß zu nehmen! Gewiß kann uns das nichts schaden, im Gegentheil. Was meinen Sie darüber, Herr Altamont?
– Wir wollen essen, wenn es Ihnen
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