Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras
erwiderte Clifton, und wenn man Lust hat …
– Ich übernehme es, versetzte Pen wüthend.
– Nimm Dich in Acht, Pen; er hat Zähne, die können Eisenstangen zerbeißen!
– Rührt er sich, so steche ich ihm in den Bauch«, entgegnete Pen, und zückte sein Messer.
Und er stürzte in das Zwischendeck, Waren ihm nach, um ihm dabei zu helfen.
Bald kamen sie miteinander zurück und schleppten das Thier in den Armen, die Schnauze und Pfoten geknebelt; sie hatten ihn im Schlaf überrascht, und der unglückliche Hund konnte ihnen nicht mehr entrinnen.
»Hurrah für Pen! rief Plover.
– Und jetzt, was willst Du mit ihm anfangen? fragte Clifton.
– In’s Wasser werfen, und wenn er je wieder kommt …« versetzte Pen mit wüstem Lachen der Befriedigung.
Zweihundert Schritte vom Schiff entfernt war ein Robbenloch, eine kreisrunde Oeffnung, wie sie diese Thiere mit ihren Zähnen machen und stets von innen aus nagend offen halten; durch dieselbe ist der Robbe im Stande, an der Oberfläche Luft zu schöpfen; aber er muß sorgfältig verhindern, daß dieselbe nicht oben wieder zufriert, denn die Beschaffenheit seiner Kinnlade macht ihm unmöglich, das Loch von außen nach innen zu erneuern, und im Moment der Gefahr könnte er seinen Feinden nicht entrinnen.
Pen und Waren gingen mit dem Hund zu dieser Oeffnung und warfen ihn, so arg er zappelte und dagegen wehrte, unbarmherzig in’s Meer; darauf wälzten sie einen gewaltigen Eisblock über das Loch, um dem Thier den Ausgang zu schließen, daß es nimmer wieder komme.
»Gute Reise, Kapitän!« rief der brutale Matrose.
Gleich darauf kehrten Pen und Waren wieder an Bord zurück. Johnson hatte gar nichts davon gemerkt; der Nebel um das Schiff herum ward dichter, und es begann wieder heftig zu schneien.
Eine Stunde nachher erschienen auch Richard Shandon, der Doctor und Garry wieder auf dem Forward.
Shandon hatte in nordöstlicher Richtung ein Fahrwasser bemerkt, welches er zu benutzen beschloß. Demnach ertheilte er seine Befehle; die Mannschaft gehorchte mit einer gewissen Rührigkeit; sie wollte Shandon die Unmöglichkeit weiter zu dringen begreiflich machen, und zudem hielt sie sich noch drei Tage zum Gehorsam verbunden.
Während eines Theiles der Nacht und des folgenden Tages wurde die Säge-Arbeit und das Ziehen des Schiffes eifrig fortgesetzt; der Forward kam ungefähr zwei Meilen weiter nordwärts. Am 18. befand er sich in der Nähe des Landes, fünf bis sechs Kabellängen von einem sonderbar gestalteten Pic, dem man seiner auffallenden Form wegen den Namen »Teufels-Daumen« gegeben hatte.
An derselben Stelle waren im Jahre 1851 der »Prinz Albert«, und 1853 Kane mit dem »Advance« mehrere Wochen lang ununterbrochen stecken geblieben.
Die seltsame Gestalt des Teufels-Daumens, die öde und verlassene Umgebung, ringsum ungeheure Eisberge, manche über dreihundert Fuß hoch, das Krachen der Eisberge, welches unheimlicher Weise im Echo widerhallte, Alles machte die Lage des Forward erschrecklich traurig. Shandon begriff, daß er ihn von da wegbringen und weiter führen müsse. Vierundzwanzig Stunden nachher, seiner Schätzung nach, konnte er um etwa zwei Meilen von dieser unheimlichen Küste wegkommen. Aber das war nicht Alles. Shandon fühlte sich von Furcht befangen, und die falsche Stellung, worin er sich befand, lähmte seine Thatkraft; um seinen Instructionen nach vorwärts zu dringen, hatte er sein Schiff in eine außerordentlich gefährliche Lage versetzt; das Schiffsziehen brachte die Leute gänzlich herab; man brauchte über drei Stunden, um einen zwanzig Fuß langen Canal in ein Eis zu hauen, das vier bis fünf Fuß dick war; der Gesundheitszustand der Mannschaft drohte schon schlimmer zu werden. Shandon staunte über das Schweigen der Leute und ihre ungewöhnliche Hingebung; aber er besorgte, es möchte dies der Vorbote eines nahen Sturmes sein. Man kann sich demnach die peinliche Ueberraschung, die Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit vorstellen, welche ihn befiel, als er wahrnahm, daß in Folge einer unmerklichen Bewegung des Eisfeldes der Forward während der Nacht des 18. zum 19. wieder Alles verlor, was er durch so viele Strapazen gewonnen hatte, am Samstag Morgen befand er sich wieder im Angesicht des Teufels-Daumens, der stets drohte, und in einer noch bedenklicheren Lage; die Eisberge wurden häufiger und fuhren Phantomen gleich im Nebel vorüber.
Shandon war vollständig entmuthigt; offen gesagt, der Schrecken drang in das
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