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Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Titel: Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Ansichten sich unaufhörlich änderten, Merkpunkte zu bilden. Die Strahlenbrechung hatte sonderbare Wirkungen, so daß der Doctor darüber staunte; wo er meinte, nur einen Fuß weit springen zu müssen, mußte man über fünf bis sechs Fuß hinaus; oder es fand der entgegengesetzte Fall statt; in beiden Fällen aber kam es auf den glasharten Eisstücken zum Niederfallen, was, wenn auch nicht gefährlich, doch immer beschwerlich war.
    Shandon suchte mit seinen Begleitern fahrbare Wasserwege; in einer Entfernung von drei Meilen vom Schiff erstiegen sie mit ziemlicher Beschwerde einen Eisberg, welcher dreihundert Fuß hoch sein mochte. Von hier aus schweifte ihr Blick über diesen wüsten Haufen, gleich den Trümmern einer Riesenstadt mit umgeworfenen Obelisken, zusammengestürzten Thürmen und umgekehrten Palästen. Die Sonne zog mühsam ihre Kreise um einen mit Bergspitzen besetzten Horizont, und warf lange, schiefe Lichtstrahlen ohne Wärme, als wenn nichtwärmeleitende Stoffe zwischen sie und dies traurige Land gedrungen wären.
     

    Das Meer schien, so weit die Blicke nur reichten, völlig festgefroren.
    »Wie kommen wir weiter? fragte der Doctor.
    – Ich weiß nicht, erwiderte Shandon, aber wir kommen weiter, müßten wir auch diese Berge mit Pulver sprengen; ich lasse mich gewiß nicht durch diese Eisblöcke bis zum nächsten Frühjahr hier festhalten.
    – Wie das jedoch, sagte der Doctor, dem Fox fast in diesen nämlichen Gegenden passirt ist. Ei doch! wir dringen durch … mit ein wenig Philosophie. Sie werden sehen, das ist so viel werth, wie alle Maschinen!
    – Man muß zugeben, daß dieses Jahr nicht eben günstige Aussicht darbietet.
    – Unstreitig, Shandon, und ich bemerke, daß das Bassins-Meer die Neigung zeigt, in den Zustand vor 1817 zurückzukehren.
    – Meinen Sie, Doctor, es sei nicht immer so wie jetzt gewesen?
    – Nein, lieber Shandon: von Zeit zu Zeit haben ungeheure Eisgänge stattgefunden, welche die Gelehrten nicht zu erklären wußten. So ist bis zum Jahre 1817 dieses Meer beständig versperrt gewesen, als eine ungeheure Ueberschwemmung stattfand und diese Eisberge in den Ocean trieb, welche meistens an der Bank von New-Foundland zerbröckelten. Von der Zeit an ist die Bassins-Bai fast frei gewesen, und ward zum Sammelplatz der Wallfischjäger.
    – Also, fragte Shandon, sind seit dieser Zeit die Nordfahrten leichter gewesen?
    – Ganz außerordentlich; aber man bemerkt, daß seit einigen Jahren die Bai Neigung zeigt, wieder fest zu werden, und sich, vielleicht für lange Zeit, den Forschungsreisenden zu verschließen. Um so mehr Grund also, daß wir so weit als möglich vordringen. Und doch gleichen wir ein wenig den Leuten, welche sich in unbekannte Gänge hineinwagen, deren Thüren sich unablässig hinter ihnen wieder schließen.
    – Würden Sie mir rathen zurückzuweichen? fragte Shandon, indem er tiefer in des Doctors Augen zu lesen versuchte.
    – Ich! Ich habe nie verstanden einen Fuß rückwärts zu thun; und sollte man nie wieder zurückkommen, so sag’ ich vorwärts! Nur müssen wir uns klar machen, daß wir, wenn wir unvorsichtig sind, genau wissen, welcher Gefahr wir uns aussetzen.
    – Und Sie, Garry, was halten Sie davon? fragte Shandon den Matrosen.
    – Ich, Commandant, würde grad’ aus vorwärts gehen; ich schließe mich des Herrn Clawbonny’s Meinung an; übrigens thun Sie, was Ihnen beliebt; commandiren Sie, wir werden gehorchen.
    – Nicht Alle reden, wie Sie, Garry, fuhr Shandon fort; es haben nicht Alle Lust zu gehorchen! Und wenn sie sich weigern, meine Befehle auszuführen?
    – Ich habe Ihnen meine Ansicht geäußert, Commandant, erwiderte Garry mit kalter Miene, weil Sie mich um dieselbe befragt haben; aber Sie sind nicht daran gebunden.«
    Shandon gab keine Antwort; er prüfte achtsam den Horizont, und begab sich wieder mit seinen beiden Gefährten auf das Eisfeld.
Elftes Capitel.
Der Teufels-Daumen.
    Während der Abwesenheit des Commandanten hatten die Bootsleute verschiedene Arbeiten ausgeführt, so daß es nun dem Schiffe möglich war, sich dem Druck der Eisfelder zu entziehen. Pen, Clifton, Bolton, Gripper, Simpson nahmen diese mühevolle Verrichtung vor; der Heizer und die beiden Maschinisten mußten sogar dabei helfen, denn vom Augenblick an, wo ihr Dienst bei der Maschine nicht erforderlich war, wurden sie wieder Matrosen, und konnten als solche zu allen Dienstleistungen an Bord zugezogen werden.
    Aber das geschah nicht ohne große

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