Reisestipendien
von Martinique.
Von diesem Zeitpunkte an wurde nun die Kultur des Landes eifrig und planmäßig begonnen. Baumwolle, Orleans, Tabak, Indigo und Zuckerrohr, ferner gegen Ende des 17. Jahrhunderts Kakaobäume, lieferten bald reiche Erträge.
Wir fügen hier noch eine von Tony Renault erzählte Geschichte ein, die Patterson in sein Tagebuch eintrug:
Im Jahre 1718 zerstörte ein ungewöhnlich heftiger Orkan alle Kakaobäume. Der Botanische Garten in Paris besaß aber einige solche Bäume, die er aus Holland erhalten hatte. Der Naturforscher Desclieux wurde nun sofort beauftragt, zwei Schößlinge von Kakaobäumen nach Martinique zu bringen. Während seiner Überfahrt dorthin ging das Trinkwasser auf dem Schiffe fast gänzlich aus. Trotzdem verwendete Desclieux einen Teil seiner knappen Ration für die Schößlinge, die denn auch glücklich ankamen und zur Wiederanpflanzung von Kakaobäumen den Grund legten.
»Hat nicht Jussieu dasselbe für die Zeder getan, die man im Pariser
Jardin des Plantes
noch heute bewundert?
– Ja, das war schön, war rühmenswert von ihm, erklärte Patterson, und Frankreich ist doch die Heimat einer großen Nation!«
Martinique fiel jedoch 1794 in die Gewalt der Engländer und wurde von diesen erst nach dein Vertrage von 1816 zurückgegeben.
Die Kolonie befand sich damals in einer Lage, die das zahlenmäßige Übergewicht der Sklaven gegenüber deren Herren zu einer recht schwierigen machte. Es kam sogar zu einer, vorzüglich von entlaufenen Sklaven geschürten Empörung. Man mußte sich deshalb zu einer Freilassung entschließen, die gegen dreitausend Sklaven betraf. Die Farbigen machten dann von ihren civilen und politischen Rechten ausgedehnten Gebrauch. 1828 gab es auf Martinique schon neunzehntausend freie Neger, von denen viele für eigene Rechnung arbeiteten und sogar einen Teil des Grund und Bodens in ihren Besitz brachten.
Am folgenden Tage bestiegen die Touristen den Mont Pelé auf Wegen durch die dichten Waldmassen, die seine Abhänge bedecken. Ging dieser mühsame Aufstieg auch nicht ohne einige Erschöpfung ab, so wurden Tony Renault und seine Kameraden dafür doch reichlich belohnt. Die Aussicht von oben umfaßte die ganze Insel, die wie ein abgefallenes Blatt auf den blauen Fluten des Antillenmeeres schwamm. Nach Südosten zu verbindet ein schmaler, kaum zwei Kilometer langer Isthmus, der durch die Ufersümpfe verläuft, die beiden Teile von Martinique. Der eine schiebt zwischen dem Hafen der Trinité und der Gabionbucht die Halbinsel der Caravellen in den Atlantischen Ozean hinaus, der andere mit sehr unebenem Boden erhebt sich mit dem Vauclin bis fünfhundert Meter über das Meer. Die anderen, mehr hügelartigen Erhebungen, wie die Höhen Robert, die der Franzosen, ferner die Constants und die der Ebene geben der Insel ein recht malerisches Aussehen. In südwestlicher Richtung nach der Küste zu breitet sich die Bucht des Diamanten aus und nach Südosten hin hebt sich die Landspitze der Salinen ab, die gleichsam den Stiel des schwimmenden Blattes bildet.
Der herrliche Anblick riß die jungen Reisenden anfangs zu stummer Bewunderung hin. Selbst Horatio Patterson erinnerte sich hier keines einzigen lateinischen Verses, den er als den Ausdruck seiner Empfindungen hätte citieren können.
»Nun… was hatte ich euch gesagt?… So antwortet doch; was hatte ich gesagt?« fragte Tony Renault in sichtbarer Selbstbefriedigung.
Vom Kraterrande des Mont Pelé aus erkannte man leicht die Fruchtbarkeit der Insel, die mit hundertachtundsiebzig Bewohnern auf den Quadratkilometer gleichzeitig eines der dichtest bevölkerten Länder der Erde ist.
Während sich die Zucht der Kakaobäume und der Farbstoffpflanzen auf gleicher Höhe gehalten hat, ist der Anbau des Kaffees stark zurückgegangen und scheint gänzlich aufgegeben werden zu sollen. Die Zuckerrohrfelder umfassen nicht weniger als vierzigtausend Hektar und liefern jährlich für achtzehn bis zwanzig Millionen Francs Zucker, Rum und Tafia.
Die Einfuhr der Insel beläuft sich dem Werte nach auf zweiundzwanzig, die Ausfuhr auf einundzwanzig Millionen Francs, und der Handelsverkehr Martiniques beschäftigt fast neunzehnhundert Schiffe.
Daneben durchziehen die Insel mehrere Bahnlinien, teils für die Fabriken und teils für die Feldwirtschaftsbetriebe des Innern, die diesen eine bequeme Verbindung mit den Häfen bieten. Außerdem gibt es noch ein recht gut entwickeltes Netz von Fahrstraßen, dessen Länge etwas über neunhundert
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