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Reisestipendien

Reisestipendien

Titel: Reisestipendien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ist.
    Die jungen Leute ergriff aber eine wirkliche Angst, als ihre Nachsuchung auch nach einer halben Stunde noch erfolglos geblieben war. Vergeblich war der Name Patterson hundertmal und nach allen Richtungen hinausgerufen worden… von Patterson fand sich keine Spur.
     

    Der botanische Garten von Saint-Pierre. Der Teich und die Ravenalas.
     
    Alle waren schon tief in den Wald hinein vorgedrungen, als sie eine Hütte, eine Art Jagdhäuschen entdeckten, das umgeben von einem unentwirrbaren Lianennetze unter den Bäumen versteckt lag.
    Sollte Patterson aus dem oder jenem Grunde darin Zuflucht gesucht haben? Jedenfalls war die Hütte geschlossen und ihre Tür äußerlich durch eine vorgelegte Holzstange zugehalten.
    »Darin kann er nicht sein, sagte Niels Harboe.
    – Nachsehen wollen wir aber doch,« erklärte Magnus Anders.
    Die Stange wurde entfernt und die Tür geöffnet.
    Die Hütte erwies sich leer. Sie enthielt nur einige Bündel dürres Laub, ein Weidmesser mit Scheide, das an der einen Wand hing, ferner eine Jagdtasche und die Felle und Bälge mehrerer Vierfüßler und Vögel, die in einer Ecke aufgehängt waren.
    Louis Clodion und Roger Hinsdale, die die Hütte betreten hatten, kamen bald wieder heraus, als ihre Kameraden jubelnd riefen:
    »Da… da ist er!«
    In der Tat lag Patterson zwanzig Schritte weiter rückwärts am Fuße eines Baumes. Den Hut an der Erde, das Gesicht verzerrt und die Arme verschränkt, bot er vollständig das Bild eines Mannes, der den letzten Atem ausgehaucht hat.
    Louis Clodion, John Howard und Albertus Leuwen stürmten auf Patterson zu. Sein Herz schlug noch… er war nicht tot.
    »Was mag ihm zugestoßen sein?? rief Tony Renault. Sollte ihn eine Schlange gebissen haben?«
    Ja, vielleicht war Patterson auf eine jener Trigonocephalen, auf eine sogenannte »Speernase« gestoßen, die auf Martinique und zwei anderen kleinen Antillen so gewöhnlich sind. Diese gefährlichen, zuweilen sechs Fuß langen Reptile haben eine Hautfärbung, die sich nicht allemal leicht von den Baumwurzeln unterscheiden läßt, hinter denen sie lauern. Man kann also nur schwierig ihrem rasend schnellen und überraschenden Anfalle entgehen.
    Da Patterson aber noch atmete, mußte doch alles versucht werden, ihn wieder zum Bewußtsein zu bringen. Louis Clodion lüftete die Kleider des Mentors und überzeugte sich dabei, daß an seinem Körper keine Bißwunde zu entdecken war. Wie sollte man sich dann aber erklären, daß er sich in diesem Zustande, mit allen Zeichen des Entsetzens in den Zügen, befand?
    Man erhob nun seinen Kopf, lehnte ihn mit dem Rücken vorsichtig an den nahen Baumstamm und rieb ihm die Schläfengegend mit kühlem Wasser aus einem Rio ein, der sich nach einem Sumpfe zu hinschlängelte. Gleichzeitig benetzte einer der erschrockenen jungen Leute seine Lippen mit einigen Tropfen Rum.
    Da öffneten sich endlich langsam Pattersons Augenlider und fast unartikulierten Tones entfuhren ihm die Worte:
    »Die Schlange… die Schlange!
    – Herr Patterson… Herr Patterson, redete Louis Clodion, seine Hände fassend, auf den Daliegenden ein.
    – Die Schlange… ist sie weg von hier?
    – Welche Schlange?
    – Die, die ich zwischen den Zweigen dieses Baumes gesehen habe.
    – Zwischen den Zweigen?… Welchen Baumes?
    – Da seht doch… dort… dort… seid um des Himmels willen vorsichtig!«
    Obgleich Patterson nur halbverständliche Worte hervorbrachte, begriff man daraus doch, daß er sich gegenüber einem mächtigen Reptil befunden haben müsse, das sich in die Gabelung eines Baumes schlang, dessen Blick ihn halbgelähmt hatte, wie einen scheuen Vogel. Er suchte sich wohl zurückzuhalten, doch die Schlange hatte ihn behext, er mußte sich ihr nähern, und als er ihr nahe genug war, schlug er, vom Instinkt der Selbsterhaltung getrieben, mit seinem Stocke nach dem schrecklichen Tiere, als dieses sich eben auf ihn stürzen wollte. Was war nun aus der Schlange geworden?… Hatte er sie getötet?… Schleicht sie nicht noch unter dem Grase umher…
latet anguis in herba?
    Die jungen Leute beruhigten Patterson. Nein, hier war keine Spur von einer Schlange zu entdecken.
    »Und doch… doch!« rief er kläglich.
    Der Mentor hatte sich langsam erhoben und streckte die eine Hand aus.
    »Dort… dort!« rief er entsetzten Tones.
    Aller Blicke richteten sich nach der Seite, auf die Patterson hinwies.
    »Ich sehe sie… ich sehe sie noch!« jammerte der Unglückliche.
    Wirklich hing da an den unteren Zweigen

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