Reisestipendien
Kilometer beträgt.
Am nächsten Tage, am 30. August, brachen die Touristen längs einer vortrefflich erhaltenen Straße nach Fort-de-France auf. Ein Break beförderte die ganze Gesellschaft der lebensfrohen jungen Leute, deren Teint von der Last des Atlantischen Ozeans gebräunt war und deren Lustigkeit zuweilen überschäumte.
Nach einem kräftigen Frühstück in einem guten Hotel schlenderten sie durch die (politische) Hauptstadt der Insel, die im Hintergrund der gleichnamigen großen Bai liegt und von der gewaltigen Masse des Fort-Royal beherrscht wird. Hier wurden das Arsenal und der Kriegshafen besucht, die dieser Stadt den industriellen und kommerziellen Charakter vollständig rauben. Hier, wie in Amerika und auch in Europa, zeigt es sich schwierig, die militärischen Anforderungen mit den civilen auf gleicher Entwicklungsstufe zu halten, daher auch der auffallende Unterschied zwischen Saint-Pierre und Fort-de-France.
Diese Stadt ist auch nicht den gewöhnlichen Geißeln entgangen die in Westindien nicht selten furchtbare Verheerungen anrichten. Im Jahre 1839 von einem heftigen Erdbeben heimgesucht, das zahlreiche Opfer forderte 2 , hat sie sich schöner als vorher wieder erhoben, und heute ziehen sich von ihr aus herrliche Promenaden bis zu den Hügeln der Umgebung hin. Da hätte man sie sehen sollen, die lärmende Schar, als sie die prächtige Allee de la Savane dahintrottete, die beim Fort Saint-Louis ausmündet, und als sie dann den ebenen, mit Palmen bepflanzten Platz umkreiste, in dessen Mitte sich das weiße Marmorstandbild der Kaiserin Josefine erhebt, der gekrönten Kreolin, deren Andenken man auf Martinique noch heute so treu bewahrt.
Nach der Stadt kamen deren Umgebungen an die Reihe, wobei Tony Renault seinen Kameraden kaum Zeit ließ, einmal gründlich Atem zu schöpfen.
Diese mußten ihm folgen, so gut es ging, zunächst nach einer Anhöhe des nahen Balata-Feldes und dann nach einem Sanatorium für die Truppen, die sich, von Europa eintreffend, hier allmählich an das Klima der Insel gewöhnen sollen. Endlich erstreckte sich der Ausflug noch bis zu den warmen Quellen der Nachbarschaft. Dabei sei auch erwähnt, daß der Mentor und seine Begleiter trotz der auf Martinique häufig vorkommenden Schlangen bisher noch auf keines dieser giftigen Reptile gestoßen waren.
Der junge Cicerone veranlaßte seine Kameraden endlich noch zu einem Ausfluge nach dem Flecken Lamentin, wobei der Weg durch einen der dichten Wälder führte, die die Insel weithin bedecken. Bei dieser Gelegenheit ereignete sich ein Zwischenfall, der es verdient, mit allen Einzelheiten geschildert zu werden, denn von allem, was Horatio Patterson angeht, dürfen wir doch nichts verschweigen.
Am 31. August, an dem der Abreise vorhergehenden Tage, begaben sich die Ausflügler, nach ruhig verbrachter Nacht, nach der Landenge, die beide Teile der Insel verbindet. Lustig wie immer verlief auch dieser Weg. Einige Wagen hatten Nahrungsmittel mitgenommen und jeder Teilnehmer trug seine wohlgefüllte Feldflasche, da im Walde gefrühstückt werden sollte.
Nach mehrstündiger Fahrt verließen Tony Renault und die übrigen ihren Wagen, drangen in den dämmerigen Wald ein und erreichten einen halben Kilometer weiter den Rand einer Blöße, die zum Ausruhen wie geschaffen schien und von der aus der Marsch in den Wald weiter fortgesetzt werden sollte.
Der nicht so schnellfüßige Patterson war dabei um einige hundert Schritte zurückgeblieben. Darum kümmerte sich zunächst niemand, da er doch jedenfalls nachkommen würde.
Da der Mentor aber auch nach zehn Minuten noch nicht erschienen war, erhob sich Louis Clodion und rief mit lauter Stimme:
»Herr Patterson!… Hierher, Herr Patterson!«
Keine Antwort; von dem Fehlenden war auch zwischen den Bäumen nichts zu sehen.
»Sollte er sich verirrt haben? fragte Roger Hinsdale, der jetzt ebenfalls aufstand.
– Weit kann er doch unmöglich sein«, meinte Axel Wickborn.
Und nun riefen alle zusammen:
»Herr Patterson!… Herr Patterson!«
Von innerer Unruhe ergriffen, beschlossen die jungen Leute, nach dem Mentor zu sachen. Der Wald war so dicht, daß ja die Möglichkeit vorlag, sich darin zu verirren, und das war auch nicht ganz ohne Gefahr. Zwar ist keine Begegnung mit Raubtieren zu fürchten, weil es solche auf den Antillen nicht gibt, dagegen ist man dem ausgesetzt, sich unversehens gegenüber einem jener furchtbaren Ophidier zu befinden, jener Trigonocephalen, deren Biß allemal tödlich
Weitere Kostenlose Bücher