Reispudding mit Zimt (German Edition)
Schälchen gefüllt, dekoriert und abgedeckt im Kühlschrank.
Meine Mutter huscht unruhig umher und deckt den Tisch. Dabei plaudert sie unentwegt.
„Der eine Gast ist Herr Meindorf aus Wien. Er hat dort ein großes neues Café auf der Salzburger Gasse eröffnet. Der andere Herr kommt aus Japan. Ein Herr Kamunja oder Kasuja oder so, keine Ahnung. Ob ich wohl die grünen Damastservietten nehme? Zu den Leinensets? Oder lieber doch die große Tischdecke? Du weißt schon, die mit der Ajour-Stickerei.“
Ich halte inne und verdrehe die Augen.
„Mutter!“, herrsche ich sie an, „ich kann so nicht arbeiten. Ich muss mich, verdammt nochmal, konzentrieren. Sonst schmeiße ich hier alles hin und du musst den Pizzadienst bemühen.“
„Um Himmels Willen“, lacht meine Mutter nervös, „das wär's dann noch. Was würde dein Vater wohl dazu sagen?“
Aber sie gibt sich von dann an Mühe, mich in Ruhe zu lassen.
In einer großen schweren Pfanne brate ich den fein geschnittenen Lauch an. Ich schneide die Rouladen in dünne Streifen und werfe sie dazu. Dann würfele ich den frischen Ingwer und den Kandierten und gebe die Stückchen mit einer Handvoll Rosinen ebenfalls in die Pfanne. Ich gieße ein Glas Weißwein daran und nehme bei der Gelegenheit gleich selbst einen kräftigen Schluck zur Nervenstärkung. Dann kommen die Gewürze: Koriander, Curry, Salz, Knoblauch, Chili-Pulver. Ein verführerischer Duft durchzieht jetzt die Küche. Meine Mutter ist von dem Aroma magisch angezogen und blickt neugierig in die Pfanne.
„Mmmm. Das riecht toll! Was ist das?“
„Ach“, brummle ich, „nur der Versuch, etwas nachzukochen, das ich mit Marie neulich beim Malayen gegessen habe.“
Ich streue Reis über das Ganze, fülle etwas Brühe an, klappe einen Deckel drauf und reduziere die Hitze.
Während ich mit dem Feta-käse und den Oliven eine Paste für die Bruschetta als Vorspeise bereite, denke ich über meine Mutter und meinen Vater zum - wievielten? - tausendsten? - Mal nach.
Wie kann der Mann ihr das immer und immer wieder antun – Leute einzuladen, ohne sie zu warnen? Das ist so rücksichtslos, so – ja – grausam. Als lauere er darauf, dass es mal nicht klappen würde. Dass die Gäste in der Stube stünden und nichts, aber auch gar nichts geschehen wäre. Meine Mutter mit wirren Haaren und verschwitzt. Aus der Küche der unverkennbare Geruch von angebranntem Essen.
Und meine Mutter?
Warum lässt sie sich das gefallen? Warum sagt sie am Telefon nicht einfach eiskalt: „Nein, Heinz. Du weißt, das geht nicht. Denk dir etwas anderes aus. Geh mit deinen Gästen in ein Restaurant.“
Wovor hat sie Angst? Dass er sie verprügeln würde? Nein, so etwas tut mein Vater nicht. Dafür ist er ein viel zu feiner Herr.
Aber er kann schon unendlich lange und ausdauernd schimpfen und nörgeln. Dafür ist er sich nicht zu fein. Das geht dann tage und wochenlang.
„Man könne ja in seinem eigenen Haus wohl noch bestimmen, wer und wann zu Besuch käme. Man könne schließlich nicht immer im Voraus ahnen, das die Situation danach verlange, dass man in seinem eigenen gemütlichen Ambiente wäre, nicht in so einer blöden anonymen Gaststätte. Man könne doch wohl von einer Hausfrau erwarten, dass sie mit so einer Herausforderung klarkäme. Eine gute Hausfrau hätte immer für solche Fälle etwas im Haus.“
Ein Ehepaar ganz nach alter Schule. Er bestimmt, sie kuscht. Mir fröstelt, obwohl es nun am Herd gut warm ist. Ich stelle mir mein Leben mit einem Mann anders vor, da bin ich mir sicher.
Eine Stunde später sitzen wir alle satt und zufrieden am Tisch. Der letzte Rest der Karamellcreme ist sorgfältig mit den Silberlöffeln aus den Schälchen gekratzt worden. Die Kerzen sind zur Hälfte heruntergebrannt, und durch die große Fensterfront sieht man in der Ferne einzelne Lichter aufblinken, als das Abendrot am Horizont verblasst. Ein gemütliches Schweigen liegt über der Tischrunde.
Wie ich das liebe! Dieses Gefühl, dass alle sich wohlfühlen und irgendwie glücklicher und ausgeglichener sind, weil ich etwas Gutes auf den Tisch gezaubert habe, macht mich wie immer heimlich stolz und froh.
Auf einen Wink von meinem Vater steht mein älterer Bruder Stefan auf und holt die Cognacflasche von der Anrichte. Ich springe auf und besorge die entsprechenden Schwenker aus der Vitrine.
Der Mann aus Wien, Herr Meindorf, tupft sich den Mund mit der Serviette und hebt sein Glas.
„Meine Verehrung, Frau Mauritz“, nickt er
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