Reispudding mit Zimt (German Edition)
„Findest du, dass es richtig war, dass wir nicht über das Restaurant gesprochen haben?“
Er schweigt einen Moment, als muss er erst seine Gedanken sortieren.
„Nein“, antwortet er dann, „Die Idee dahinter war gut, aber die Ausführung weniger, denn ich bereue es jetzt, dass ich dich in der Frage so allein gelassen habe. Nur so konnte es kommen, dass du die Rettung des 'Seaview' in einem verzweifelten Alleingang versucht hast. Und nur so konnte es kommen, dass du (völlig fälschlich!) meintest, die ganze Verantwortung für das, was dann geschah, läge auf deinen hübschen schmalen Schultern. Dafür habe ich mich schon unendlich verflucht, und das hat auch dazu geführt, dass ich mich so furchtbar vor dir geschämt habe, dass ich dich vom Moment der Katastrophe an gemieden habe. Und darauf bin ich nicht besonders stolz. Ich hätte vielleicht doch den Mut haben sollen, mit meinem Vater über seine Situation zu sprechen.“
„Aber,“ gebe ich zu Bedenken, „er hätte nicht auf dich gehört. Chris, da kenne ich mich aus. Mein Vater ist nämlich auch nicht anders. Dich trifft aus meiner Sicht keine Schuld. Es ist gekommen, wie es kommen musste.“
„Okay,“, sagt nun mein Chris, „ich stimme zu. Aber nur, wenn du bereit bist einzuräumen, dass auch dich keine Schuld trifft. Du hast nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, Anna. Du bist nicht Peter Grimes.“
Ich ziehe die Luft schnell ein. „Wie kommst du darauf, dass...“
„Anna, mein Herz, ich habe deinen Blick gesehen, heute Abend in der Oper.“
„Was, über die vielen Köpfe und Sitzreihen hinweg?“
„Natürlich. Ich konnte sehen, wie verzweifelt du aussahst, und dass du vor Selbstvorwürfen ganz krank warst. Am liebsten hätte ich die Tuba hingeworfen und wäre sofort zu dir geeilt.“
„Aber du konntest nicht.“, sage ich nicht.
„Nein.“
„Du musstest noch das Nebelhorn spielen.“
„Ja,“
„Und deine Tuba hätte davon schreckliche Beulen bekommen.“
„Ja.“ In seinen Augenwinkeln bilden sich viele kleine Falten.
Wir funkeln uns gegenseitig an und lachen wieder los.
„Darf ich dir ein Kompliment machen?“, frage ich dann.
„Nur los.“
„Du bist in meinem Leben das Nebelhorn. Du schützt mich vor den Riffen und Angreifern, wie die Glocke auf dem Turm von St. Peter and Paul.“
„Welche Glocke?“
„Chris Grantley, willst du mir allen Ernstes sagen, dass du in Aldeburgh aufgewachsen bist und die Glocke dort nicht kennst?“
„Ja, so ist es wohl.“
„Na, dann freue ich mich darauf, dich besser kennen zu lernen und darauf, dich mit deiner Heimatstadt vertraut zu machen,“, kontere ich daraufhin.
Nach einem längeren Schweigen sagt Chris: „Wenn wir schon beim Thema sind, Anna; du weißt, dass ich dich wahnsinnig lieb habe. Willst du mich heiraten?“
Mein Herz macht einen Freudensprung. Verschmitzt sagte ich aber: „Oh, da muss ich erst einmal Gregory fragen, ob ihm das Recht ist. Schließlich war er zuerst da und hat mir schon heute Nachmittag einen Heiratsantrag gemacht. Er war wohl von meinem Kleid ganz hingerissen.“
Ich sehe an mir herunter. Eins weiß ich: Dieses Kleid wird in meinem Schrank auch einen Ehrenplatz bekommen, bis vielleicht meine Tochter oder meine Patentochter es erben wird.
Dann sage ich: „Ich glaube, dass ich das sehr gerne tun würde, aber lass uns noch ein Weilchen warten. Lass uns unseren Weg im Leben finden, du als Musiker, ich als Köchin. Gladys würde uns mit Sicherheit raten, nichts zu überstürzen.“
„Sondern lieber eine schöne Tasse Tee zu trinken und abzuwarten“, ergänzt Chris schmunzelnd meinen Satz.
Wir sitzen noch ein Weilchen draußen, bis die Luft kühl wird.
„Das Kleid ist wunderschön“, sagt Chris sanft, „aber mit Sicherheit zu luftig. Willst du es nicht gegen etwas wärmeres tauschen?“
Also lassen wir alles stehen, machen die Terrassentür zu und steigen hinauf in mein Schlafzimmer.
Das „wärmere“, gegen das ich das Kleid austausche, sind Chris' kräftigen Arme, die mich bald umschlungen halten, sowie sein herrlicher Körper, gegen den ich mich schmiege.
Es wird eine wunderbare, wunderbare Nacht.
Irgendwann, als wir schon eine Weile geschlafen haben, murmle ich zu Chris: „Ich weiß jetzt, wie ich es nennen werde.“
„Was?“, flüstert er, „Unser erstes Kind?“
„Quatsch,“, kichere ich leise, „Das Lokal.“
„Und wie?“
„Ich nenne es das Reispudding. “
„Ein ungewöhnlicher Name für ein
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