Reiterferien am Meer
Wagen und blieb blinzelnd im Sonnenschein stehen.
Babs hatte aufgepasst und den Strick nicht aus den Händen verloren. Nun gab sie ihm einen beruhigenden Klaps auf den Nacken und führte ihn zum Grasstreifen neben der Straße.
Mit gespitzten Ohren blieb das herrliche Pferd stehen und schaute übers weite Land, das sich verführerisch vor ihm dehnte. Im ersten Augenblick befürchtete ich schon, er würde der Lockung nicht widerstehen können und einfach davongaloppieren. Doch da drang das Wiehern der aufgeregten Stute, die der Fahrer inzwischen ein Stück die Straße entlanggeführt hatte, an Golden Boys Ohr. Sofort senkte er, während ich beruhigt aufatmete, sanft den Kopf und ließ sich von Babs davonziehen – in die Richtung, aus der die Freundin gerufen hatte.
Ich ging neben ihm her, ergriff dann von der anderen Seite dem Strick und strich ihm beruhigend über den schimmernden Hals.
„Hab noch ein bisschen Geduld“, redete ich ihm mit sanfter Stimme gut zu. „Bald kommst du in deine gemütliche Box auf dem Folly-Hof. Ja, schau mich nur an – du kennst mich ja noch nicht!“ Lachend berührte ich seine Ohren, die Golden Boy neugierig gespitzt hatte. „Du hast noch einen Schock, mein Lieber! Aber bald wirst du spüren, dass du dich nun bei Freunden befindest, die es gut mit dir meinen.“
Als Babs und ich, nachdem wir unsere Pferde im Stall versorgt hatten, mit reichlicher Verspätung zum Frühstück erschienen, schaute Tante Di uns erschrocken an.
„Ihr macht ja Gesichter“, begrüßte sie uns, „als sei euch die Ernte gründlich verhagelt! Was ist los?“
„Wir haben wirklich was Schlimmes erlebt“, erwiderte Babs, während ich mich zu meinem Spaniel Scamp hinunterbeugte, der mir mit flatternden Ohren und wedelndem Schwanz entgegengestürmt war.
„Schlimm schien zuerst gar kein Ausdruck“, bestätigte ich. „Ein richtiger Unfall war es, zum Glück mit harmlosem Ausgang.“
Dann berichteten wir von dem umgekippten Pferdetransporter, aus dem wir mit einiger Mühe Golden Boy, Starshine und Corker befreit hatten.
„Ja, es hätte wirklich schlimmer kommen können“, schloss Babs. „Golden Boy blieb vollkommen unverletzt, Starshine allerdings, Carols Blauschwarzer, bekam ein paar böse Schrammen ab, und Corker, Dons Pferd, lahmt.“
„Na, dann ist’s ja noch mal glimpflich ausgegangen“, meinte die Tante. „Aber nun setzt euch erst mal an den Tisch und lasst es euch schmecken.Vor drei Uhr möchte ich nämlich das Geschirr gespült und ein Blech mit Plätzchen im Ofen haben. Ich sagte euch ja schon, dass Rowlands zum Tee kommen.“
„Carol und Don freuen sich schon sehr darauf“, versicherte Babs. „Und Herr Rowlands auch – allerdings lässt er ausrichten, es könne sein, dass er sich ein bisschen verspäte. Er ist nach Marston gefahren, um Arznei für Corker zu besorgen und bei dieser Gelegenheit allgemein seine Pferde-Hausapotheke aufzufüllen.“
Offenbar hatte sich Tante Di, während wir draußen unser Pferdeabenteuer bestanden, pausenlos in der Küche zu schaffen gemacht. Es gab nämlich Wurstbrötchen, Obstkuchen und mit Datteln und Walnuss gefüllte Keks- und Ingwerplätzchen. Das alles roch ungemein appetitlich – und der Duft stieg Scamp so verführerisch in die Nase, dass er ganz aufgeregt um den Tisch kreiste. Dabei schaute er uns immerzu so treuherzig an, dass wir ihm, so schlecht unser Gewissen dabei war, ein paar Kostproben geben mussten.
Anschließend halfen wir der Tante beim Tischdecken. Nachdem wir die Damastdecke auf den langen Tisch im Wohnzimmer ausgebreitet hatten, setzten wir vorsichtig Mamas dünnes, blau-goldenes Chinaporzellan darauf. Eine zarte Vase mit rosa Rosen und blassblauer Iris vervollkommnete den Eindruck. Babs faltete noch die mit Röschen bedruckten Papierservietten, und ich trug die Platten mit Gebäck auf. Schließlich fand ich kaum noch Platz für die Schüssel mit Schlagsahne und die Schale Erdbeermarmelade. Aber ich musste sie unterbringen, denn Tante Di hatte auch hauchdünne kleine Törtchenböden gebacken.
„Natürlich fangen wir nicht an“, erklärte Tante Di, „ehe Herr Rowlands da ist.“
Als sich eine Viertelstunde später Carol und Don einfanden, verzogen wir uns mit ihnen in unser Zimmer, und ich legte meine neueste CD ein, die ich selbst erst dreimal gehört hatte. Als sie abgelaufen und der Vater noch immer nicht eingetroffen war, holte ich meinen alten Kassettenrekorder, und wir versuchten es mit ein paar eigenen
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