Reiterhof Birkenhain 06 - Rettung in letzter Minute
Zentrallager der Feuerwehr mit den fertigen Sandsäcken war bereits restlos leer geräumt.
Den ganzen Morgen gab es kein anderes Thema im Stall als das Hochwasser.
Es sah nicht so aus, als ob die Pferde in nächster Zeit nach draußen könnten. Also mussten sie sich drinnen bewegen. Darum wurden sie zum Austoben in die Reithalle gebracht. In Gruppen, die sich vertrugen. Kaum spürten die Pferde die Sägespäne unter den Hufen, buckelten sie los, galoppierten quer durch die Halle, tänzelten auf den Hinterbeinen, warfen sich hin und wälzten sich ausgiebig.
»Man wälzt sich fast in Gedanken mit«, sagte Conny lachend, als sie die Ponys Leo und Popcorn aus der Halle zurück in die Boxen brachte. Die beiden sahen wie panierte Koteletts aus, so fest hafteten die Späne an ihrem Fell.
Natürlich mussten die Pferde nach dem Wälzen geputzt werden. Jeder Helfer war willkommen. Annika und Berit, die gerade pitschnass zur Tür herein kamen, nahmen sich gleich Leo und Popcorn vor. Merle und Sophie kümmerten sich um die Fjordpferde.
Immer mehr Reitermädchen fanden sich nun ein. Nicky und Katharina, Kristin und Karolin, Sarah, Sandra und Saskia, Alex, Franzi und Jette, Marie und Miriam, Nele, Anna und Amelie, Lena, Lisa und Laura. Die große Neuigkeit wurde ihnen noch in der Tür zugerufen: »Gleich rückt die Feuerwehr an.«
Sobald die gröbste Neugier gestillt war, wurden die Putzboxen ausgepackt.
So konzentriert wie an diesem Vormittag waren die Helfer selten mit Striegel und Bürste bei der Sache. Obwohl die Stallgasse von Mädchen wimmelte, war es erstaunlich ruhig. Natürlich wollte man fertig sein, bevor die Sandsäcke eintrafen. Sogar die Gerlach-Zwillin-ge und Imke Zavelstein, die normalerweise so nützlich waren wie ein verschimmelter Sack Möhren, sah man mit Putzzeug in der Hand.
Bei jedem Telefonklingeln ließen die Helfer wie elektrisiert ihre Bürsten fallen. Benno? Vier oder fünf Mädchen rasten gleichzeitig zum Apparat in der Sattelkammer. Immer gewann Jule den Endspurt. Doch jedes Mal eine Enttäuschung. Nicht Benno war am anderen Ende, sondern nur ein Reiter, der sich an- oder abmelden wollte.
»Nach drei Nieten muss ich jetzt aber mal Glück haben«, keuchte Jule, als sie auch beim vierten Klingeln als Erste am Apparat ankam und den Hörer von der Gabel riss.
»Na endlich!«, rief sie ungeduldig, als Benno sich meldete. Sie schwang sich auf den Deckel der Haferkiste. »Wann kommen die Sandsäcke?« Jules Beine hämmerten ungeduldig gegen das Holz. Ihr rotes Haar wippte im Takt mit.
»Was?«
Sie schob Conny, Luisa und Imke Zavelstein zurück, weil sie fast in den Hörer hineinkrochen. »Ach, du Schande .. . Nein, er ist gerade nicht hier ... Der Sand muss in die Säcke geschaufelt werden? ... So ein Mist. . . Okay, ich sage es ihm . . . Wann? ... Ja, alles klar.«
»Volltreffer«, sagte Jule, als sie aufgelegt hatte. »Alle fertig gepackten Sandsäcke sind weg. Gleich kommen Lastwagen mit losem Sand ... und mit leeren Säcken. Nun ratet mal, wer die füllen darf!«
3. Kapitel
Sandsäcke satt
Im Stall herrschte nach dem Anruf ziemliche Aufregung. Die Nachricht bedeutete nämlich, dass die »Aktion Sandsack« ganz und gar nicht schnell über die Bühne gehen würde.
Wie aufgezogen lief Kai Jensen die Stallgasse hinauf und herunter, immer zwischen Sattelkammer und Ausgang. In der offenen Hoftür verharrte er kurz, starrte in den Regen, auf die Wiesen mit den Maulwurfshügeln, rannte dann zurück und raufte sich die Haare.
»Man sollte ihn aufmuntem«, flüsterte Conny im Schutz von Rockys Rücken ihrer Freundin Jule zu. »Bevor er völlig die Fassung verliert.«
Jule nickte.
»Positiv denken, Herr Jensen«, sagte sie und versperrte ihm keck den Weg. »Haben wir im Psychologie-Kursus gelernt. Es hätte doch viel schlimmer kommen können. Wenn zum Beispiel jetzt Winter wäre. Meine Lehrerin meint immer ... «
Weiter kam sie nicht, denn Kai fiel ihr ins Wort. »Was soll denn daran positiv sein, wenn meine Wiesen absaufen? Oder von Maulwürfen unterhöhlt werden?«
Er warf Jule einen Blick zu, der sie vorsichtshalber verstummen ließ.
»Schleppt deine Lehrerin vielleicht mit uns Sandsäcke durch die Gegend?« Herr Jensen war richtig in Fahrt gekommen.
»Positiv denken! Wenn ich so etwas höre! Füllt die Frau mit ihren warmen Gedanken auch nur ein Gramm Sand in die Säcke? Na?«
»Die Lastwagen kommen.«
Guter, alter Bastian! Sein Ausruf kam genau zur richtigen Zeit und brachte Herrn
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