Reizende Gäste: Roman (German Edition)
Dinge an. Wir sprachen über unser Leben … und unsere Familien … und die Wahl, die wir getroffen hatten …«
»Was hat sie gesagt?« platzte es unwillkürlich aus Richard heraus. Fleur zuckte die Achseln.
»Das ist schon lange her. Ich bin mir nicht mal sicher, ob mich meine Erinnerung nicht trügt.« Sie lächelte. »Es war nichts, wirklich. Ich nehme an, Emily hat mich schon vor langer Zeit vergessen. Aber ich … ich habe mich immer an sie erinnert. Und als ich die Ankündigung der Gedenkfeier las, da konnte ich nicht widerstehen herzukommen.« Fleur senkte den Blick. »Es war reichlich anmaßend. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus.«
»Aber natürlich nicht«, erwiderte Richard. »Jede Freundin von Emily ist äußerst willkommen.«
»Komisch, daß meine Schwiegermutter Sie nie erwähnt hat.« Lambert musterte sie kritisch.
»Es hätte mich gewundert, wenn sie es getan hätte.« Fleur lächelte ihn an. »Wirklich, es war nichts. Ein paar lange Unterhaltungen vor vielen Jahren.«
»Ich wünschte … ich wünschte, ich wüßte, was sie Ihnen erzählt hat.« Richard lachte verlegen. »Aber wenn Sie sich nicht daran erinnern können …«
»An ein bißchen was erinnere ich mich.« Fleur lächelte ihn verheißungsvoll an. »An ein paar Gesprächsfetzen. Einiges war recht überraschend. Und manches war recht … persönlich.« Sie hielt inne und warf einen Seitenblick auf Lambert.
»Lambert, du gehst jetzt mal und unterhältst dich mit Derek Cowley«, sagte Richard sofort. »Ich spreche vielleicht später mit ihm. Doch zunächst … möchte ich mich noch ein bißchen mit Mrs. Daxeny unterhalten.«
Eine Viertelstunde darauf verließ Fleur das Lanesborough und stieg in ein Taxi. In ihrer Tasche steckte Richard Favours Telefonnummer, und in ihrem Terminkalender war für den nächsten Tag eine Verabredung zum Lunch mit ihm eingetragen.
Es war alles so kinderleicht gewesen. Der arme Mann wollte ganz offensichtlich verzweifelt hören, was sie über seine Frau zu sagen hatte – war aber zu wohlerzogen, um sie zu unterbrechen, als sie, offenbar unabsichtlich, vom Thema abschweifte. Sie hatte ihn mit ein paar harmlosen Äußerungen abgespeist, dann unvermittelt einen Blick auf die Uhr geworfen und ausgerufen, daß sie schleunigst los müsse. Sein Gesicht hatte sich verdüstert, und einen Moment lang schien er sich damit abzufinden, daß die Unterhaltung damit beendet war. Aber dann, als Fleur fast schon resigniert hatte, zog er seinen Terminkalender heraus und fragte Fleur mit leicht zittriger Stimme, ob sie mit ihm zum Lunch gehen wolle. Dabei, vermutete Fleur, war das Einladen fremder Frauen sicher nichts, was Richard schon oft getan hatte. Was ihr nur recht war.
Als das Taxi vor dem Wohnblock in Chelsea hielt, in dem Johnny und Felix wohnten, hatte Fleur auf einem Zettel alle Fakten niedergeschrieben, die sie über Emily Favour in Erfahrung gebracht hatte. »Kränklich« unterstrich sie. »Golf« unterstrich sie doppelt. Zu schade, daß sie nicht wußte, wie diese Frau ausgesehen hatte. Eine Fotografie wäre hilfreich gewesen. Andererseits hatte sie nicht vor, sich länger über Emily Favour zu unterhalten. Nach ihrer Erfahrung mied man es am besten, über tote Ehefrauen zu sprechen.
Sie sprang aus dem Taxi und entdeckte Johnny auf dem Bürgersteig vor dem Mietshaus, der mit Argusaugen beobachtete, wie etwas aus einem Lieferwagen geladen wurde.
Er war ein eleganter Mann Ende fünfzig, mit nußbraunem Haar und einer beständigen Sonnenbräune. Fleur kannte ihn seit zwanzig Jahren; er war der einzige Mensch, den sie noch nie belogen hatte.
»Darling!« rief sie. »Johnn-iiee! Ist mein Gepäck gut hier eingetroffen?« Als er seinen Namen hörte, wandte er sich mit einem gereizten Stirnrunzeln über die Unterbrechung um. Doch beim Anblick Fleurs hellte sich seine Miene auf.
»Fleur!« rief er. »Komm und schau dir das an!«
»Was ist das?«
»Unser neuer Tafelaufsatz. Felix hatte ihn gestern bei ei-ner Versteigerung ergattert. Unheimlich günstig, fanden wir. Vorsicht!« blaffte er plötzlich. »Passen Sie auf, daß Sie nirgends damit anstoßen.«
»Ist Felix drinnen?«
»Ja. Geh schon mal hoch. Vorsicht, hab ich gesagt, Sie Trottel!«
Als sie die Treppe in den ersten Stock hinaufstieg, tönte ihr aus Johnnys Wohnung laut und beharrlich Wagnermusik entgegen; als sie eintrat, schien sich die Lautstärke zu verdoppeln.
»Felix!« rief sie. Doch er konnte sie nicht hören. Sie ging ins Wohnzimmer, wo sie
Weitere Kostenlose Bücher