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RENAS VERSPRECHEN (German Edition)

RENAS VERSPRECHEN (German Edition)

Titel: RENAS VERSPRECHEN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rena Kornreich Gelissen , Heather Dune Macadam
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aussteche!“ Die Dielen krachten unter dem Gewicht seiner Füsse; jede seiner Bewegungen liess den Boden unter mir erbeben.
    Er wollte Mama und Papa zu einer Bewegung verleiten, die mein Versteck verraten würde. Sie waren wie Steine, unbewegt und schweigend.
    „Hier unter dem Haufen versteckt sie sich also nicht – aber vielleicht hier?“ Er stach immer wieder auf das Stroh ein, als wäre es ein Lebewesen, das er töten konnte. Mein Herz dröhnte gegen den Holzboden. Ich versuchte, nicht in Panik zu geraten, war mir aber sicher, dass er jeden Sprung und jeden Schlag des pulsierenden Blutstroms hören konnte, der durch meinen Kopf jagte. Vier Zentimeter vor meiner Nase blitzte der Stahl auf.
    Ich rührte mich nicht.
    „Ich weiss, dass du mich anlügst, Jude. Kümmere dich darum, dass sie das nächste Mal zu Hause ist, wenn ein deutscher Offizier vorbeikommt, oder ich schneide dir die Kehle durch!“ Er warf die Haustür so heftig ins Schloss, dass das Porzellan in den Schränken klirrte.
    Mama kam zurück auf den Speicher. „Bist du in Ordnung, Rena?“ Ich hielt mich an ihr fest, versuchte nicht zu weinen, versuchte tapfer zu sein. Doch mein Zittern durchbrach meine Tapferkeit.
    „Du wirst heute Nacht hier oben schlafen müssen“ – sie strich mir das Haar glatt – „für den Fall, dass er zurückkommt. Versuch‘ dich auszuruhen. Morgen sehen wir weiter. Doch auf keinen Fall wirst du wieder in diesen Kasernen arbeiten, das ist sicher.“ Sie küsste meine Stirn und drückte mich fest an ihre Brust, wo ich ihr Nachthemd mit meinen Tränen nass machte.
     
    ~ ~ ~
     
    Diese Nacht veränderte alles. Für Rena war es gefährlich geworden, in Tylicz zu bleiben. Das Dorf war ausser sich über diesen Vorfall, und fast jeder bot seine Hilfe an. Ein nichtjüdischer Freund überbrachte Renas Onkel in der Slowakei einen Brief, worin es hiess, Rena würde kommen, um bei ihm zu wohnen, wie vorher schon Zosia. Für Papa war es eine langwierige und schwierige Überlegung, mit wem er in Kontakt treten sollte, damit er Rena über die Grenze schmuggelte. Andrzej hatte gegen die Deutschen gekämpft und war der Gefangennahme entgangen. Er war heimlich nach Tylicz zurückgekehrt und arbeitete jetzt für den polnischen Widerstand.
    Wer kannte die Grenze besser als Andrzej?
     
    ~ ~ ~
     
    Mein Vater war Andrzej nie begegnet, aber an diesem Morgen liess er den Jungen, den zu treffen er mir verboten hatte, in unser Haus holen. Mit keinem Wort hatte man diese Abmachungen mit gegenüber erwähnt. So war mein Vater, und natürlich wurde ich nicht hinzugezogen.
    Ich stand in der Küche, als ich Andrzejs Stimme an der Türe hörte. Meine Knie wurden weich. Mama sah mich prüfend an, aber ich sah ihm nicht einmal ins Gesicht.
    „Willkommen, Andrzej. Bitte setzen Sie sich.“ Papa bot ihm einen Stuhl an. „Möchten Sie eine Zigarette?“ Mama und ich beobachteten sie aus dem Nebenzimmer.
    „Danke, Herr Kornreich.“ Andrzej nahm die Zigarette mit einem dankbaren Nicken.
    „Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten, Andrzej… Es fällt mir sehr schwer, aber ich muss es tun. Für Rena ist es hier in Tylicz nicht mehr sicher. Ihre Mutter und ich sorgen uns jeden Tag um ihre Sicherheit.“
    „Ich habe gehört, was gestern Nacht passiert ist, Herr Kornreich. Ich verstehe Ihre Sorge.“
    „Ich habe kein Geld, womit ich Ihnen diesen Gefallen bezahlen könnte.“
    „Mein Herr, ich würde von Ihnen auch kein Geld annehmen. Sie ist meine Freundin seit unserer Kinderzeit. Ich werde alles tun, was Sie verlangen, um Ihrer Tochter zu helfen.“
    „Ich danke Ihnen.“ Papa hielt inne und strich sich dort, wo der Bart hätte sein sollen, übers Kinn. „Sie scheinen ein Mann zu sein, der meint, was er sagt. Wenn Sie Rena über die Grenze zur Slowakei bringen könnten, würden ihre Mutter und ich nachts wieder Schlaf finden.“
    „Ich werde mich darum kümmern.“, antwortete Andrzej galant. „Und ich schwöre, sie mit meinem Leben zu beschützen, dass ihr nicht ein Haar gekrümmt wird. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass ich sie Ihrem Wunsch gemäss sicher in die Slowakei bringen werde. Ich werde ihre Hand nur halten, weil das Gelände holprig ist, aber ich werde sie nicht berühren, mein Herr. Sie dürfen mir trauen.“
    Mein Vater besiegelte ihr Abkommen mit einem Handschlag, doch hatte er einen Ausdruck in seinen Augen, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, den Ausdruck tiefster Demütigung und Niederlage.
    An diesem Abend küsste meine

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