RENAS VERSPRECHEN (German Edition)
Ich wollte, dass er sie für immer hielt und nie mehr losliess. Die grosse Stadt und dieses fremde Land machten mir Angst.
„Ich liebe dich, Rena.“
„Hab Dank, dass du mich zum Haus meines Onkels Jakob Schützer gebracht hast.“ Ich errötete und stürzte hinein.
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Rena verbarg sich im Haus der Schützers, bis sie fliessend slowakisch sprach. Sie liess sich auch ihre langen Zöpfe abschneiden, um eher wie ein Mädchen aus der Stadt auszusehen. Sie versuchte ihrer Tante und ihrem Onkel etwas von den Gräueln mitzuteilen, denen die Juden in Polen ausgeliefert waren, aber man meinte, sie nehme alles zu schwer, und glaubte ihr nicht. Cili und Gizzy, ihre Cousinen, versuchten mit Rena auszugehen und sich zu vergnügen. So sehr Rena sich auch bemühte, niemand schien den Ernst der Lage zu begreifen.
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Zwei Wochen nach meiner Ankunft in Bardejov, sah ich Andrzej vor dem Haus stehen. Er hatte ein Paket von Mama mit ein paar Kleidern für mich geschmuggelt. Ich wurde nervös und versuchte unser Gespräch vorzeitig abzubrechen, doch er fragte. ob wir uns privat unterhalten könnten. Wir gingen hinters Haus.
„Ich habe gehört, dass sie damit anfangen wollen, junge Juden zur Zwangsarbeit in Lager zu stecken, sofern sie nicht in gemischter Ehe leben“, fing Andrzej an. „Wenn du mit einem Goi verheiratet wärst, hättest du eine gute Chance, dass sie dich nicht nehmen.“ Ich wollte seinen Worten Einhalt gebieten, ehe er sie aussprach. „Ich möchte dich heiraten – morgen. Ich habe alles vorbereitet. Mein Bruder wohnt etwa fünfzehn Kilometer weit entfernt und hat ein Zimmer für uns. Ich würde nicht mehr zwischen hier und Polen hin und her laufen, es sei denn für die wichtigen Leute, und wir könnten hier in der Slowakei leben, wo es sicher ist.“
Ich war ganz allein. Ich hatte keinen, mit dem ich über diese Idee hätte sprechen können. Ich wusste nicht, was tun, aber ich wusste, dass ich weder meine Familie noch meinen Glauben verraten konnte. Schliesslich sagte ich: „ Ich bin nicht sehr glücklich in der Slowakei, Andrzej. Meine Eltern sind noch in Polen, und ich sterbe vor Sehnsucht nach ihnen. Ich bin jung und kräftig, selbstsicherer als sie es sind, doch sie sind diejenigen, die den Deutschen ausgesetzt sind. Ich will eigentlich gar nicht hierbleiben. Ich möchte nach Hause nach Tylicz, aber ich kann nicht und weiss nicht, was ich sonst tun soll.“ Mein Herz verlangte danach, ihm nur einmal zu sagen, dass auch ich ihn liebte und glücklich wäre, ihn zu heiraten, wenn wir bei allein auf der Welt wären. „Da ist auch noch das Problem unserer Religionen“, sagte ich stattdessen. „Es tut mir leid. Ich kann nicht deine Frau sein.“ Ich konnte ihm nicht länger ins Gesicht sehen. „Ich kann nicht mehr länger mit dir reden. Meine Tante und mein Onkel könnten sonst Verdacht schöpfen.“
„Wenn du deine Meinung änderst, Rena, lass es mich wissen.“ Einen zärtlichen Augenblick lang packte er meine Hand. „Ich werde die meine nie ändern.“ Wie sehr wünschte ich mir, ihm mein wahres Herz offenzulegen! Aber voller Pflichtbewusstsein gegenüber meiner Familie schieg ich und ging verwirrt und durcheinander ins Haus zurück.
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Jakob Schützer und seine Frau Regina gaben Rena ein wöchentliches Taschengeld und baten Gizzy und Cili, Rena ein paar hübsche Kleider zu schenken, die sie zum Tanzen oder ins Kino anziehen konnte. Rena kaufte von ihrem Taschengeld Nahrungsmittel für ihre Eltern. Der Gang zum Marktplatz, wo sie ihre nichtjüdischen Freunde aus Tylicz traf, war die grösste ihr mögliche Annäherung an zu Hause, und sie erwartete diese Tage immer voller Ungeduld.
Die meisten jüdischen Jugendlichen in Bardejov hatten mit der zionistischen Bewegung zu tun. Sie trafen sich, unterhielten sich über die Schaffung eines neuen Staates Israel und veranstalteten Tanzabende. Gizzy und Cili schleppten Rena zu diesen Abendveranstaltungen mit. „Wir werden einen netten jüdischen Jungen für dich finden!“, neckten sie sie zärtlich.
Onkel Jakob fand es gut, dass sie unter Leute ging, und teilte ihr mit, dass er es gerne sähe, wenn sie mit Schani Gottlobb, einem Schneider, ausginge. „Ich würde deinem Vater gerne erzählen können, dass du eine passende Begleitung gefunden hast.“ Er gab eine Kleinigkeit extra für neue Kleidung. Gehorsam kaufte Rena gerade so viel Stoff, wie sie für ein Kleid brauchte, ging dann mit dem Rest des Geldes direkt zum
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