Rendezvous
Posen dar.
Die Einrichtung war ganz im klassischen Stil gehalten, und die verschiedensten, sorgsam aufgestellten Piedestals, Vasen und Säulen waren kunstvoll verstreut, um dem Salon das Aussehen eines griechischen Tempels zu verleihen.
Der Club bot seinen ständigen Besuchern viele der Annehmlichkeiten, die White's, Brooks's und Watier's anboten. In einer Nische gab es ein Café, in einer anderen ein Kartenzimmer. Spät abends konnte man häufig Clubmitglieder, die eine Vorliebe für Whist oder Macao hatten, an den Tischen mit der grünen Flanellbespannung vorfinden, und sie trugen dann immer noch die eleganten Kleider, die sie am früheren Abend auf einem Ball getragen hatten.
Von dem Spielen um hohe Einsätze wurde jedoch von der Clubdirektion energisch abgeraten. Lady Arbuthnott stellte deutlich klar, sie wollte nicht, dass erzürnte Ehemänner an ihre Tür klopften, um sich nach den hohen Verlusten ihrer Frauen in ihrem Salon zu erkundigen.
Eine große Auswahl von Tageszeitungen und Zeitschriften, darunter auch die Times und die Morning Post, war immer im Club erhältlich, ebenso ein kaltes Büfett, Tee, Sherry und Fruchtlikör.
Augusta betrat den Salon und wurde augenblicklich von der angenehmen und entspannten Atmosphäre eingehüllt. Eine rundliche Frau mit blondem Haar, die an dem Schreibtisch saß, blickte auf, und Augusta nickte ihr zu, als sie an ihr vorbeiging.
»Wie kommst du mit deinen Gedichten voran, Lucinda?« erkundigte sich Augusta. In der letzten Zeit schien es, als sei es der glühende Ehrgeiz sämtlicher Clubmitglieder, selbst zu schreiben. Lediglich Augusta war dem Ruf der Muse entkommen. Sie begnügte sich gern damit, die neuesten Romane zu lesen.
»Sehr gut, danke. Du scheinst heute in blendender Form zu sein. Dürfen wir davon ausgehen, dass du gute Nachrichten für uns hast?« Lucinda sah sie vielsagend an.
»Danke, Lucinda. Ja, ihr dürft das Beste annehmen. Es ist absolut erstaunlich, was ein Wochenende auf dem Lande für die Stimmung tun kann.«
»Oder für den Ruf.«
»Ganz genau.«
Augusta schwebte durch den langen Raum auf zwei Frauen zu, die vor dem Feuer saßen und Tee tranken.
Lady Arbuthnott, die Mäzenin des Salons, die alle Clubmitglieder von Pompeia's Sally nannten, trug über ihrem eleganten rostroten Kleid eine warme indische Stola. Sie hatte sich auf dem Sessel niedergelassen, der den Flammen am nächsten stand. Von diesem günstigen Aussichtspunkt aus konnte sie den gesamten Salon überblicken. Ihre Haltung war elegant und anmutig, und ihr Haar war zu einer modischen Frisur aufgesteckt. Lady Arbuthnotts Reize waren früher einmal das gewesen, worauf die gute Gesellschaft angestoßen hatte.
Als wohlhabende Frau, die kurz nach ihrer Eheschließung vor dreißig Jahren mit einem berüchtigten Vicomte verwitwet war, konnte Sally es sich leisten, ein Vermögen für ihre Kleidung auszugeben, und das tat sie auch. Doch alle edlen Seiden und Musselinstoffe auf Erden konnten die unterschwellige Ermattung und die ungesunde Magerkeit nicht verbergen, die eine Folge der Schwindsucht waren, die sie langsam von innen heraus zerstörte.
Augusta fand Sallys Krankheit fast so unerträglich, wie Sally sie fand. Augusta wusste, dass sie den Verlust Sallys so empfinden würde, als müsste sie ihre Mutter ein zweites Mal verlieren.
Die beiden Frauen hatten sich ursprünglich in einer Buchhandlung kennengelernt, in der beide in Bänden über historische Themen herumgestöbert hatten. Zwischen ihnen hatte sich augenblicklich eine Freundschaft herausgebildet, die sich im Laufe der Monate schnell vertieft hatte. Zwar trennten sie Jahre voneinander, doch sie wurden durch gemeinsame Interessen, Exzentrizitäten und eine Abenteuerlust miteinander verbunden, die sie schnell zueinander hingezogen hatten. Für Augusta wurde Sally zu einem Ersatz für die Mutter, die sie verloren hatte. Und für Sally war Augusta die Tochter, die sie nie gehabt hatte.
Sally hatte in vieler Hinsicht die Rolle des Mentors übernommen, und der nicht unbedeutendste Aspekt hatte darin bestanden, die Türen der exklusivsten Salons der oberen Zehntausend zu öffnen. Sallys gesellschaftliche Kontakte waren unermesslich. Sie hatte Augusta enthusiastisch in den Strudel der guten Gesellschaft hineingezogen. Augustas angeborene Fähigkeiten im gesellschaftlichen Umgang hatten ihr ihren Stand in dieser Gesellschaftsschicht gesichert.
Monatelang hatten die beiden Frauen enormen Spaß daran gehabt, sich in ganz London
Weitere Kostenlose Bücher