René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus
Diskretion zurück, die sei unumgänglich für die Betreiber illegaler Runden. »Die ganze Glücksspielbranche ist allerdings trotzdem unheimlich geschwätzig. Man könnte es auch positiv ausdrücken: Das Informationsnetz ist eng gespannt. Wenn ein nicht ganz unbekannter Fisch in einem der sechs bis acht öffentlichen Kasinos unserer Region auftaucht oder in einer größeren illegalen Runde und dort kräftig gewinnt, erfahre ich das sofort. Das zu wissen ist wichtig, weil dieser Fisch möglicherweise Schulden hat, die man dann zügig eintreiben sollte. Außerdem fühlen sich viele gute Spieler alarmiert: Ein Fisch, der gewonnen hat, ist zu filetieren. Nichts wie ran.
Fußballprofis sind in den allermeisten Fällen auch Fische. Das heißt nicht, dass alle mit Geld um sich schmeißen, aber das müssen sie ja auch nicht um zu verlieren. In den Kasinos Nordrhein-Westfalens, ich nenne nur mal Duisburg, Aachen, Hohensyburg und vielleicht noch Venlo in Holland, sind immer mal wieder aktuelle Bundesligaspieler anzutreffen, vor allem aber Ex-Spieler. Für die Ehemaligen ist es nicht so dramatisch, wenn sie erkannt werden. Was die Jungs betrifft, die wir am Wochenende im Fernsehen sehen, für die sind illegale Partien in ihrer Nähe interessant. Wobei sie sich natürlich, weil sie ja bekannt sind, meistens vorsichtig verhalten. In einen schmierigen Laden begeben die sich nicht so gerne.
Zu Fußballspielern muss man Vertrauen aufbauen, oft kommen sie auf Empfehlung. Mir hilft dabei, dass ich als Spielerberater gute Kontakte in den Profifußball habe. Ich habe selbst keine Spielerberaterprüfung abgelegt und keine Lizenz erworben, arbeite aber mit einer anerkannten, erfolgreichen Beratungsagentur zusammen. Mit meiner Verschwiegenheit
kann jeder Fußballer rechnen. Dass mal ein anderer Zocker herumerzählt, mit wem er am Pokertisch gesessen hat, einfach um sich wichtig zu machen, ist nicht zu verhindern. Deshalb weiß man nach ein paar Jahren in der Branche auch ziemlich genau, welche Profis zocken.
Bei mir hat in den vergangenen Jahren eine Hand voll Nationalspieler gepokert, aktuelle, keine ehemaligen. Die Namen verrate ich nicht, ich mag generell keine Leute, die zu viel reden. Ich habe das schon immer so gehalten: Wenn es Probleme gibt, regelt man die Dinge, ohne Polizei und ohne großen Betrieb zu machen. Für mein Geschäft wäre es auch nicht gut, wenn allgemein bekannt würde, die Nationalspieler A und B kommen zu Achim. A und B machen meine Runde ja attraktiv. Ich habe sie gern dabei, ihre Prominenz schmückt mich und belegt, dass man mir trauen kann. Das zieht andere Zocker an. Natürlich bekommen Fußballprofis auch gerne Kredit bei mir. Ihr Einkommen ist ja gesichert und nicht so schlecht. Außerdem können sie es sich nicht leisten, nicht zurück zu zahlen.«
POKERN BEI JOGI
Pokern ist nicht verboten. Auch nicht für Nationalspieler. Im Gegenteil: Deutschlands beste Fußballer dürfen sich sogar mit Genehmigung von oben an den Pokertisch setzen. Im Mannschaftsquartier im Tessin, wo die Nationalelf während der Europameisterschaft 2008 mit Blick auf Berge und das blaue Wasser des Lago Maggiore vier Wochen verbrachte, stand zur Freizeitgestaltung ein Pokertisch. Zwei Jahre später ließ der DFB aus Berlin Unterhaltungsgeräte
zur Weltmeisterschaft nach Südafrika liefern. In dem Container befand sich auch ein automatischer Pokertisch. Damit, so gab die Firma an, die ihn dem DFB auslieh, sollten die Spieler auch »alleine am Bildschirm zocken, nachdenken, abschalten können«. Poker allein, Poker mit Kollegen – das Spiel sollte unterhalten und ablenken während des langen und nicht immer nur spannenden Turnieralltags im kargen Hochland von Johannesburg.
Als sozial verbindenden Programmpunkt hatte man Poker beim Deutschen Fußball-Bund schon früher eingeführt. Im März 2007 brachten Bundestrainer Joachim Löw und Teammanager Oliver Bierhoff die U21-Auswahl und die A-Nationalmannschaft in einem Hotel in Frankfurt-Sachsenhausen zusammen. Das »DFB-Journal« würdigte den Abend anschließend: »Die U21-Akteure mischten sich wie selbstverständlich unter ihre arrivierten Kollegen. Erst in bunter Reihe beim Abendessen, als Oliver Bierhoff den Sinn dieser Aktion erläuterte: ›Seit November sind wir dabei, die A-Mannschaft und die U21 miteinander zu verflechten. Sowohl was Spielphilosophie, Spielsystem und Trainingsinhalte betrifft, aber auch in Sachen Organisation und Administration. Dieser Abend soll die beiden
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