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Renner & Kersting 02 - Mordswut

Renner & Kersting 02 - Mordswut

Titel: Renner & Kersting 02 - Mordswut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schroeder
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Johanniskirche statt. Und wenn wir da Spalier stehen, werden das viele Menschen mitbekommen. Auf der Springe ist doch immer Betrieb. Jeder sieht, dass es bei uns Lehrern fröhlich und harmonisch zugeht. Und das ist das Wichtigste.«
    „Richtig«, stimmte Elli zu. „Wir könnten auch ein paar Schüler aus Frau Michalsens Klasse mitnehmen. Ich bin sogar bereit, mit ihnen ein Lied einzustudieren. Die Zeit ist zwar sehr knapp, aber das kriegen wir schon hin.« Dass die Konrektorin, die wenig bis gar nichts von Musik verstand, mit den Kindern singen wollte, zeigte, wie sehr ihr die Hochzeit am Herzen lag. Ob jedoch Ellis Gesang dem Ruf der Schule dienen würde, erschien zumindest Helga fragwürdig.
    Rektor Raesfeld blieb misstrauisch. „Also, ich bin nicht davon überzeugt, dass die Hochzeit einer Kollegin Unterrichtsausfall für die Schüler rechtfertigt. Das wird Ärger mit Eltern und Schulamt geben. Nein, nein, das können wir nicht riskieren!«
    „Herr Raesfeld, wir brauchen die Stunde einfach, um pünktlich vor der Kirche sein zu können. Frau Steinhofer hat eine herrliche Rede geschrieben, Frau Schnoor hat gedichtet, und ein paar Kollegen von Dr. Kowenius wollen mit einer riesigen, selbst gebastelten Spritze kommen. Den Spaß dürfen Sie uns nicht verderben.«
    Rektor Raesfeld blickte nachdenklich in die Runde. Selbstverständlich besaß er Humor und Verständnis für seine Kolleginnen – so sah er es jedenfalls – aber die Schulregeln gingen vor, das musste jeder einsehen. Er seufzte. Bisher war er so stolz auf das kameradschaftliche Verhältnis zwischen ihm und den Lehrerinnen gewesen, aber diesmal schien sich ein ernsthaftes Zerwürfnis anzubahnen. Insbesondere, da auch die Konrektorin auf Seiten des Kollegiums stand. Der zweite Mann in dieser Runde, Volker Reiser, bedeutete auch keine Hilfe, wie Raesfeld nach einem kurzen Blick bemerkte. Reiser schielte in seine Kaffeetasse, die er mit beiden Händen umklammerte, ein mehrdeutiges Grinsen in den Mundwinkeln. Anscheinend amüsierte er sich und hatte nicht vor, in die Diskussion einzugreifen.
    Da fing Frau Schnoor noch einmal an: „Herr Raesfeld, natürlich sehen wir Ihre Probleme, aber es soll doch gar kein Unterricht ausfallen, wir sind alle bereit, die Stunde vor-oder nachzuarbeiten. Das merken doch auch die Eltern, wenn ihre Kinder nächste Woche eine zusätzliche Stunde Unterricht erhalten. Da kann niemand etwas gegen haben.«
    „Richtig«, assistierte Elli. „Ich habe mir den Stundenplan angesehen. Die Sache betrifft nur Frau Renner, Frau Steinhofer, Frau Schnoor und Frau Meierfeld. Diese vier Stunden können nächste Woche problemlos nachgeholt werden.«
    In Raesfeld arbeitete es. Man sah es seiner Stirn an, die sich in traurige Dackelfalten legte. Er schien das Bild der Schule in der Öffentlichkeit abzuwägen gegen sein Verhältnis zu den Kolleginnen. „Also gut, ich werde darüber nachdenken. Bis morgen ist ja noch Zeit.«
    Die Lehrerinnen stöhnten leise auf, aber Elli warf ihnen beruhigende Blicke zu. Sie würde später im Rektorzimmer noch einmal mit Raesfeld reden. Da läutete auch schon die Schul-glocke.
     
    Nachdem Helga ihre vierte Klasse verabschiedet hatte, musste sie noch die sechste Stunde in Andreas Klasse vertreten. Sie hatte der Kollegin angeboten, deren Unterricht zu übernehmen, damit diese eher gehen und noch ein paar notwendige Vorbereitungen treffen konnte. Übermorgen sollte der Polterabend stattfinden, zu dem das gesamte Kollegium eingeladen war. Helga freute sich sehr darauf. Sie wusste genau, warum, verbot sich aber, darüber nachzudenken.
     
    In Andreas 2c tobte der Bär, als sie hereinkam. Es wurde geschrieen, gezankt, gehauen. Selbst Schüler, die nur ihre Yu-Gi-Oh Karten tauschten oder Scoubidou-Bänder flochten, taten das in einer Lautstärke, die hart an der Schmerzgrenze lag. Helga musste erst einmal tief Luft holen. Nach fünf Stun den Unterricht waren die meisten so erschöpft, dass sie keine Lust verspürten, noch irgendetwas zu tun. Andrea hatte Helga gebeten, mit den Kindern zu singen, da sie selbst es nicht gern tat und auch nur wenige Lieder kannte. Außerdem hielt Andrea schreiben, rechnen, lesen für wichtiger. So sollte Helga nachholen, was im normalen Unterricht zu kurz kam. Natürlich hatte sie zugestimmt. Doch als sie jetzt vor der Klasse stand, sah sie sofort, dass es unmöglich sein würde, ihre Zusage zu halten und eine ganze Stunde mit den Kindern zu singen. Sie hatte ein paar Lieder mit einfacher

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