Reptilia
beugte er sich vor und berichtete uns mit verschwörerischer Miene von den Schätzen, die er in der Küche versteckt hielt.
»Wenn ich euch einen Tipp geben darf. Es gibt ein wunderbares Tandoori Chicken Masala, aber nicht irgendein Tandoori, oh nein. Die Hühnchen sind so zart, dass sie auf der Zunge zergehen.« Er verdrehte die Augen. »Ein Gedicht.«
»Klingt gut«, pflichtete ich ihm bei, und da auch in Sarahs Augen die Gier aufleuchtete, sagte ich: »Nehmen wir. Zweimal.«
»Ein wenig Brinjal Bhaji vorneweg?«
»Unbedingt. Und bitte mit reichlich Chapatis.« Sahir war berühmt für seine fantastischen Vorspeisen, und es gilt als Todsünde, darauf zu verzichten.
Er nickte zufrieden. »Aperitif?«
»Champagner«, lächelte Sarah. »Den besten. Mein Freund zahlt heute.«
»Das heißt, ich kann mir hinterher zum Essen nur noch ein dünnes Lager leisten«, ergänzte ich zähneknirschend.
Laut lachend entfernte sich Sahir, während ich vorsichtshalber nach meinem Portemonnaie tastete. Sarah schien sich in den Kopf gesetzt zu haben, mich wie eine Weihnachtsgans auszunehmen. Doch das war in Ordnung, schließlich stand ich in ihrer Schuld, und diese Einladung sollte unser Beziehungskonto etwas ausgleichen.
»Erzähl mal«, sagte sie, während sie ihre Handschuhe abstreifte. »Hat alles geklappt mit den Impfungen?«
Ich nickte. »Ich bin vollgedröhnt bis unter die Halskrause. Als ich denen im Tropeninstitut verraten habe, wohin die Reise geht, schienen sie mir von allem die doppelte Ration geben zu wollen. Außerdem haben sie mich gefragt, ob ich noch alle Tassen im Schrank hätte. Kongo?, tobte der Chefarzt. Sind Sie lebensmüde? Was in Gottes Namen wollen Sie im Kongo?
Arbeiten, habe ich geantwortet. Dann suchen Sie sich hier eine Arbeit, hat er gewettert. Unsere Wirtschaft ist zwar am Boden, aber so schlecht geht es uns auch wieder nicht, dass wir für eine Beschäftigung in den Kongo fliegen müssten. Und so weiter. Du kannst dir vorstellen, wie das gelaufen ist.«
»Lebhaft«, lächelte sie und griff nach dem Champagner, den Sahir soeben vor ihr platziert hatte. »Auf dein Wohl.«
»Auf deines.« Der Champagner war ausgezeichnet und vertrieb die düsteren Gedanken, die mich den ganzen Nachmittag lang verfolgt hatten.
Sarah stellte das Glas ab und schmatzte genießerisch. »Das habe ich gebraucht. Und jetzt erzähl mal: Hast du etwas herausgefunden über den Kongo?«
»Herzlich wenig. Bevölkerungszahl, Fläche, Wirtschaft. Alles uninteressant. Auch die Buchhandlungen scheinen diesen Teil Afrikas komplett aus ihrem Programm genommen zu haben. Keine Reiseführer, keine Bildbände, keine Karten, nichts. Es ist, als würde dieses Land nicht existieren.«
»Das liegt sicher daran, dass es für Reisende uninteressant ist«, entgegnete sie. »Keine Touristen, keine Reiseführer. Hast du mal in der Zentralbibliothek nachgefragt?«
»Schon, aber da gibt es nur Berichte, die über zwanzig Jahre alt sind. Ich brauche aber aktuelle Informationen.« Ich zuckte mit den Schultern. »Hoffentlich hat Maloney sich gut vorbereitet. Ich hasse es, irgendwohin zu fliegen, ohne zu wissen, was mich erwartet.«
»Hast du etwas über den Einsatz des Rettungsteams herausgefunden?«
»Nur Fragmente. Es gibt Berichte, nach denen in dieser Gegend Aufstände stattgefunden haben. Der Zeitpunkt stimmt ungefähr mit der angeblichen Rettungsaktion überein, aber ich muss gestehen, dass ich langsam beginne, deine Befürchtungen zu teilen.«
»Inwiefern?«
»Dort scheint etwas vorgefallen zu sein, das alle Beteiligten vertuschen wollen. Aber egal wie man es auch dreht und wendet, ich werde nie etwas erfahren, wenn ich mich nicht selbst dorthin bemühe.«
»Da hast du wohl Recht, aber meine Einstellung zu diesem Unternehmen kennst du ja. Ich halte es nach wie vor für Irrsinn.«
»Was hat denn deine Recherche ergeben«, fragte ich, um möglichst schnell das Thema zu wechseln. Sarah griff in ihre Handtasche und zog einen dicken Packen Computerausdrucke hervor. Sie schien ihre Arbeit wie immer mit Perfektion erledigt zu haben. »Du solltest wissen, dass es sich bei den Likouala-Sümpfen, in denen Mokéle angeblich leben soll, um ein Gebiet handelt, das so groß ist wie Großbritannien. Achtzig Prozent davon sind unerforscht, so die offizielle Regierungserklärung«, erläuterte sie, während sie durch die Papiere blätterte. »Es ist einer der letzten weißen Flecken auf unseren Landkarten. Die Legende von Mokéle reicht bis zu den
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