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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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wieder herauf. «Als ich da unten war, konnte ich Sie alle beobachten, wie Sie zurückgekommen sind, um nach mir zu suchen. Den Vorsprung kann man vom Weg aus sehen. Wenn da oben jemand gestanden und hierher geschaut hätte, dann hätte er alles mitkriegen müssen.»

28
    Ein motivierter Fenwick gab seinen Leuten den Auftrag, die Erosionsmuster der Klippen in allen Einzelheiten zu überprüfen und die Mitglieder der damaligen Ermittlungs- und Rettungsteams zu befragen. Derweil erwarteten er und Cooper in Gatwick die Ankunft der Smiths. Das Flugzeug hatte Verspätung, und als es schließlich landete, verging eine Stunde, bis ihnen klar wurde, dass sie und die Flughafenpolizei die Smiths in dem Meer erschöpfter, braun gebrannter Gesichter übersehen hatten.
    Sie fuhren ins Revier und sorgten dafür, dass ein Wagen die Frau zu Hause abholte. Sie wurde ins Verhörzimmer gebracht, das schon unter günstigsten Bedingungen äußerst beengend wirkte, in der heißen, stickigen Abendluft aber unerträglich war. Es war fünf nach zehn Uhr abends. Der Mann hatte keine andere Wahl, als bei den Kindern zu bleiben; hektisch versuchte er, den Anwalt der Familie ans Telefon zu bekommen. Eine derart drakonische Maßnahme hatte Fenwick noch nie ergriffen, und es zeigte deutlich, wie wütend und frustriert er war.
    Er beschloss, sie kurze Zeit schmoren zu lassen, während Cooper ihren zunehmend gereizten Ehemann am Telefon abfertigte. In seinem Büro war es fast so heiß wie in dem Verhörzimmer, obwohl die Fenster offen standen, was kaum etwas brachte, aber psychologisch beruhigend war. Kein Lüftchen regte sich, und die Luftfeuchtigkeit erinnerte mehr an einen Sumpf in Florida als an das Tiefland von West Sussex. Widerwillig zog Fenwick das zerknitterte Jackett wieder an und verdrängte jedes Mitgefühl aus seinem Denken.
    Sie betraten das Verhörzimmer zehn Minuten nach zehn. Für Leslie Smith waren es lange fünf Minuten gewesen. Sie präsentierte den Polizisten ein verschwitztes Gesicht, dessen Bräune im Neonlicht gelblich wirkte. Fenwick sah sie zum ersten Mal richtig an. Ihre Gesichtszüge waren beinahe hübsch, einen Bruchteil von attraktiv entfernt. Die Augen, hellblau, standen etwas zu dicht beieinander; die Nase war kurz, fast eine Stupsnase, ohne herausragende Merkmale; der Mund voll; in einem Gesicht mit ausgeprägteren Konturen hätte er sinnlich, sogar schön sein können. Bei ihr erzeugte er flüchtige Ähnlichkeit mit einem Breitmaulfrosch, eine Ähnlichkeit, die das kleine Kinn noch betonte.
    Sie hatte schmale, hängende Schultern, lange, knochige Arme und Hände und nach der zwölfstündigen Reise schmutzige Fingernägel. Sie sah zum Erbarmen jämmerlich aus – und verängstigt. Sie starrte Fenwick an, als wäre er eine tödliche Schlange.
    Die Dienst habende Constable ging die kältesten Getränke holen, die sie finden konnte, während Fenwick und Cooper sich setzten. Ein Tonbandgerät wurde eingeschaltet. Fenwick brachte die Formalitäten rasch hinter sich und kam zur Sache.
    «Mrs. Smith, wir haben Sie hergebeten, weil wir dringende Fragen zu Ihrer Beziehung zu Deborah Fearnside und Katherine Johnstone haben.» Er hatte vor, ihr Wissen um Carol Trumans Tod in der Hinterhand zu behalten.
    «Ist das wirklich nötig? Was ist hier los? Warum haben Sie mich um diese Tageszeit hierher schleppen lassen? Ich werde zu Hause gebraucht.» Sie machte eine Pause, dann stellte sie die Frage, die ihr offenbar am meisten Kopfzerbrechen bereitete. «Ich bin doch nicht verhaftet, oder?»
    «Nein, Mrs. Smith, zur Stunde nicht. Sie wurden ins Revier gebeten, um uns bei den Ermittlungen in den Mordfällen Mrs. Fearnside und Miss Johnstone zu helfen. Wir haben Grund zu der Annahme, dass Sie uns Informationen vorenthalten, die für unsere Untersuchung entscheidend sind und …»
    Er verstummte. Leslie Smiths Gesichtsfarbe hatte von Gelb zu einem kränklichen, grünen Blass gewechselt. Sie sah ihn mit schreckgeweiteten, geröteten Augen an und biss sich auf die Unterlippe.
    «Deborah? Debbie ist tot? Mein Gott, das wusste ich nicht. Wann? Wie ist es passiert?»
    «Mrs. Fearnsides Leichnam ist vor ein paar Wochen gefunden worden.» Er fuhr ein wenig sanfter fort; der Schrecken war ihr deutlich anzusehen und nicht gespielt. Mehrere Augenblicke vergingen, in denen man auf dem Tonband nur unterdrücktes Schluchzen hören würde. Die Constable kam mit Sodawasser aus dem Automaten zurück und ging gleich wieder, um Papiertaschentücher

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