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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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ist mit Freund oder Familie?»
    «Keine Spur von Ersterem, und die nächsten Angehörigen scheinen ausnahmslos Alibis zu haben. Wir überprüfen das gerade. Ihr Vater kommt morgen her, um sie zu identifizieren.»
    Es herrschte Stille. Sie alle hatten Töchter und konnten für einen Moment an nichts anderes denken als an das Grauen, das dem Mann bevorstand.
    «Sonst nichts?», sagte der Superintendent schließlich brüsk. Fenwick und Cooper schüttelten den Kopf. «Wir müssen diesen Dreckskerl schnappen, Fenwick.»

17
    «Andrew, mir ist ganz egal, an welchem Fall du arbeitest, du musst am Montag mit zu dem Spezialisten kommen. Er ist dein Sohn, um Himmels willen!»
    Fenwick hatte keine Ruhe gehabt, seit er nach dem Gespräch mit dem Superintendent spät und niedergeschlagen nach Hause gekommen war. Der Fall zerrann ihm unter den Fingern. Seine Mutter hatte auf ihn gewartet. Sie war so lange geduldig, bis sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann wurde sie hartnäckig. Und wegen des Termins bei einem Spezialisten löcherte sie ihn schon die ganze Zeit. Im Lauf der letzten sechs Wochen war Christopher immer introvertierter geworden – er hatte nur noch knappe Sätze von sich gegeben, aus denen ein einsilbiges Grunzen geworden war, bis er sich schließlich in ein Schweigen geflüchtet hatte, das keiner von ihnen mehr zu durchdringen vermochte.
    Fenwick wollte ihn umarmen und den schrecklichen Schmerz lindern, den er in den Augen des Jungen sah, aber wenn er es versuchte, versteifte sich sein Sohn. Und gestern hatte Chris, als er ihn in die Arme nahm, geschrien wie am Spieß.
    «Am Montag ist es schwierig. Ich ermittle in einem Mordfall!»
    «Als könnte ich das vergessen. Aber diesmal gebe ich nicht auf. Er braucht dich. Niemand kann an deiner Stelle mit ihm gehen.»
    Plötzlich war es zu viel für Fenwick, seine Fleischpastete zu kauen und zu schlucken, also schob er den halb vollen Teller weg. Wenn er noch länger auf die Laborberichte warten musste, wurde die Sache umso komplizierter. Es fehlte ihm an Einfällen, denen er nachgehen konnte. Das Verbrechen war so spät geschehen, dass der Drucktermin der Lokalzeitung schon verstrichen gewesen war. Zwar würden die überregionalen Zeitungen über den Mann im gelben Regenmantel berichten, wodurch der Fall hoffentlich wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückt wurde, doch von der Berichterstattung über die Rekonstruktion durch die Lokalpresse versprach er sich mehr. Allerdings würde bis dahin noch eine Woche vergehen.
    «Ich werde morgen ein paar Stunden mit den Kindern verbringen, bevor ich zum Dienst gehe; ich kann mir nicht den ganzen Tag freinehmen, der Laborbericht steht ins Haus.»
    «Und Montag?»
    «Wir werden sehen.»
    «Das reicht nicht, Andrew.» Seine Mutter schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass das Geschirr klirrte und Fenwick unter unliebsamen Erinnerungen zusammenzuckte. «Dir ist einfach nicht klar, was in den vergangenen Wochen hier los war. Er ist sehr krank.» Sie senkte die Stimme. «Es geht ihm wirklich sehr, sehr schlecht, Andrew. Und er braucht deine Hilfe. Ich übertreibe nicht. Ich weiß, wie wichtig dieser Fall für dich ist, besonders wegen Monique. Ich bin nicht dumm. Ich weiß, du musst dich wieder in die Arbeit stürzen, nicht zuletzt, um deinen Ruf wieder aufzubauen. Ich bitte dich auch nicht leichten Herzens darum.»
    Fenwick war bestürzt von so viel Mitgefühl und Verständnis. Seine Mutter war eine verschlossene, hart arbeitende, zähe Schottin. Er wusste, dass sie ihn auf ihre Weise lieb hatte und ganz vernarrt in ihre Enkelkinder war, aber nicht, weil sie je so etwas gesagt hätte. Ihre unerwartete Feinfühligkeit trug Früchte, wo ihr Zorn versagt hatte.
    «Also gut. Wann am Montag?»
    «Punkt zehn Uhr im Mount Cedar Hospital. Wahrscheinlich musst du vorher kurz zur Arbeit, aber bitte sei pünktlich.»
     
    Fenwick hatte sich angewöhnt, nach seinen Kindern zu sehen, wenn er von der Arbeit kam. Meistens schliefen sie friedlich und bemerkten seine Anwesenheit nicht. Aber er hoffte, dass die Aura seiner Fürsorge irgendwie anhalten würde, bis sie am Morgen aufwachten. Vielleicht konnte das die Einsamkeit lindern, die seine Abwesenheit, wie er sehr genau spürte, in ihr Leben brachte.
    Als er behutsam die Tür zu ihrem Zimmer aufmachte, empfing ihn Stille. Seit dem Tag ihrer Geburt musste er gegen die irrationale Angst ankämpfen, dass er sie einmal kalt und leblos vorfinden könnte. Er erstarrte in der Bewegung,

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