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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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schweigsam gewalttätig zu werden. Sie könnten mit Sicherheit selbst nicht begründen, warum das so sein muss. Ohne sich und ihren Staat zu hinterfragen, tun sie Dinge, die jeden normalen Menschen ins Gefängnis führen würden. Der dünne Pole war so: ganz still, ganz hart und unbeeinflussbar. Die Henkergruppe hatte seinen Freund getötet. Wenn er sie nicht auf Ibiza gestellt hätte, dann hätte er es anderswo versucht.«
    »Aber er hatte doch keine Chance!«
    »Der Pole war ein sentimentaler Narr!«, sagte er scharf. »Er wollte sie nicht aus dem Hinterhalt erschießen, er wollte ihnen offen gegenübertreten. Ich weiß nicht, ob er dabei überhaupt noch logisch gedacht hat. Wie Sie selbst in diesem Garten erlebt haben, hatte er auf diese Art keine Chance.«
    »Woher wissen Sie das mit dem Garten?«
    Er zuckte die Achseln. »Ich muss vieles wissen.« Er überlegte einen Moment. Dann sagte er knapp: »Kommen Sie mit.« Er ging vor uns her, öffnete die Gartenpforte, als habe er das hundertmal getan, ging um das Haus herum, blieb stehen und erklärte: »Sehen Sie, der Mann, der erschossen wurde, stand dort unten in der Bresche in der Hecke. Diese Bresche stammt von einem Mercedes-Geländewagen, der in Becks Truppe mitfuhr. Sie selbst standen dort links vor der alten Stalltür, ein wenig versetzt vor Ihrer Freundin. Links von Ihnen im Durchlass der Mauer stand die Strahl. Und genau vor Ihnen stand Reimer. Sie wurden getroffen und fielen. Anschließend haben Sie die schmale Straße dort überquert und verschwanden hinter dem Nachbarhaus. Es ist kalt, gehen wir wieder hinein.« Er drehte sich um und ging zurück ins Haus.
    »Wir müssen aus der Geschichte raus, Baumeister, das ist ja unheimlich«, murmelte die Baronin verstört.
    Wir gingen hinter Pjotr her, der sehr sorgfältig seine Schuhe abputzte, ehe er das Haus betrat.
    »Wo haben Sie nun diesen Waffenkoffer?«
    »Versteckt.«
    »Kann ich ihn sehen?«
    »Nein«, entschied ich einfach. »Ich habe ihn verschwinden lassen, und er bleibt, wo er ist.«
    »Aber es sind Waffen, mit deren Hilfe man Morde beweisen kann.«
    »Sie wissen doch genau, dass niemand in diesem Land ein Interesse daran haben wird, diese Fälle zu beweisen.« Ich war wütend. »Niemand wird anklagen, niemand!«
    Er lächelte schmal. »Aber Sie glauben, dass jemand Ihre Geschichte drucken wird, nicht wahr? Ich dachte auch weniger an juristisch zu verwertende Beweise, sondern eher an Beweise für mich.«
    »Und diese Beweise brauchen Sie für eine politische Erpressung«, sagte die Baronin scharf.
    »Das ist nicht wahr«, widersprach er sanft. »Es gibt auf beiden Seiten Leute, die das längst nicht mehr wollen. Ich bin einer davon.«
    »Vielleicht erreichen wir, dass sie einen Bundestagsausschuss einsetzen«, meinte ich ohne große Überzeugung.
    »Das wäre interessant«, sagte er, »aber ich glaube nicht daran. Und was werden Sie bis dahin machen, etwa wenn Reimer und Strahl kommen und den Koffer fordern?«
    »Glauben Sie, dass das geschieht?«
    »Natürlich. Vielleicht sind sie schon unterwegs. Machen wir einen Spaziergang?«
    Ich war irritiert. »Moment, Sie wollten erklären, welchen Fehler Lewandowski gemacht hat.«
    »Ich werde Ihnen unterwegs davon berichten.«
    »Wieso wollen Sie plötzlich spazieren gehen? Und wohin?«
    »Richtung Kerpen, in den Steinbruch«, sagte er schlicht, als sei das ein selbstverständliches Ziel, zu dem wir schon oft gemeinsam gewandert wären.
    Wir liehen ihm ein paar Gummistiefel und machten uns auf den Weg. Wir gingen die Weinbergstraße an der alten Schule hoch, dann den südlichen Weg am Weinberg entlang. Eine trübe Sonne wärmte uns ein wenig.
    »Das erinnert mich an meine Heimat«, sagte er gutgelaunt. »Die habe ich mit Stalin gemein: Georgien. Viel Wald, viel Aberglaube, viele einfache Leute und weit weg von Moskau. Als Junge war ich im Sommer immer in Zeltlagern.« Dann riss er sich von seinen Erinnerungen los. »Sie wollten etwas über den schwersten Fehler von Lewandowski erfahren. Nun, die Sache liegt ein halbes Jahr zurück.«
    Vor der Weggabelung hatte ich die Baronin am Arm gefasst und zurückgehalten, Pjotr war drei Schritte vor uns. Er fragte nicht, er nahm den einzigen richtigen Weg nach rechts, den einzigen Weg, der zum Steinbruch führte.
    »Sie wissen aber gut Bescheid«, sagte ich.
    Er wandte sich kurz zu uns um und lächelte, antwortete aber nicht darauf. »Merken Sie sich den Namen Müller. Sie wissen ja schon, dass Lewandowski seine

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