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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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nie von diesem Lewandowski?«
    Er hob den Kopf, streifte mich mit einem Blick und brach sich ein Stück Brot ab. Mehr würde ich wohl nicht aus ihm herausbekommen. Zumindest jetzt nicht.
    »Es muss gut sein, hier zu leben, draußen so den Wind heulen zu hören …«
    »Ja, sicher«, meinte ich, obwohl ich eigentlich über etwas ganz anderes reden wollte.
    Dann aßen wir gemächlich eine Stunde lang wie zwei Leute, die kaum Gemeinsames haben, die in zwei Welten leben und nur zufällig in einem Wirtshaus zusammenhocken. Zu allem Überfluss sprachen wir hauptsächlich über Ehefrauen und Fußball im Fernsehen, zwei Themen, von denen ich nichts verstehe.
    Als wollte er unsere Hilflosigkeit noch deutlicher sichtbar machen, seufzte er: »Hübsch gemütlich hier«, und wischte sich den Mund mit einer Serviette ab. »Kennen Sie eigentlich Metzger, Willi Metzger?«
    »Nein. Müsste ich?«
    Er zuckte die Schultern. »Ein Kollege von Ihnen.«
    »Kenne ich nicht. Wo arbeitet er?«
    »Im Wesentlichen für dpa. Na ja, ist auch egal. Ich muss wohl los.« Er stand auf und ging zögernd zum Fenster.
    Ich hatte den Eindruck, als wollte er noch etwas fragen, das verbotene Bereiche berührte. Stattdessen sagte er: »Ich muss noch einmal wiederholen, dass ich nicht aufgrund eines einsamen  hier bin.« Und nach einer Pause: »Dass Sie Willi Metzger nicht kennen, ist wirklich erstaunlich.«
    »Ich bin zerknirscht«, brummte ich. »Dieser Lewandowski-Fall hat Sie ganz schön meschugge gemacht, was?«
    Er nickte knapp, schlurfte hinaus auf den Flur und stapfte dann vor mir her aus dem Haus. Ohne zurückzuschauen hob er grüßend die Hand und fuhr mit seinem kleinen schwarzen Wagen los. Es schneite noch immer, und es roch nach Weihnachten, obwohl das Fest der Liebe längst vorbei war.
    Es wird unerfreulich, hatte er gesagt.
    Lassen Sie die Finger davon, hatte er gesagt.
    Ich habe den Auftrag der Bundesanwaltschaft, hatte er gesagt.
    Kennen Sie eigentlich Metzger, Willi Metzger?
    Ich hockte an meinem Schreibtisch und fühlte mich unwohl. »Er kann nicht ernsthaft glauben, dass ich mich da raushalte. So dumm kann er nicht sein. Nein, so dumm ist er ja auch nicht. Wahrscheinlich erwartet er geradezu, dass ich recherchiere.«
    Krümel hatte sich auf die Fensterbank zum Hof gelegt und beobachtete, wie im Schein der großen Lampe draußen der Schnee rieselte. Offensichtlich beruhigte sie das, denn sie schloss genüsslich die Augen, gähnte und blinzelte träge.
    »Was glaubst du, wann wirst du gebären?«
    Sie drehte mir den Kopf zu und sah sehr gelangweilt aus.
    Dann sah ich die Eintragung in meinem Kalendarium. Die Baronin kommt, stand da. »O nein!«, brüllte ich, und Krümel schoss von der Fensterbank hinunter und war unter dem Tisch verschwunden.
    Ich hatte es völlig vergessen, verdrängt, in irgendeinen Gehirnwinkel abgeschoben. Das passte mir jetzt vielleicht. Andererseits würde sie mich nicht groß stören, sie würde ihrer Arbeit nachgehen, womöglich auch hin und wieder etwas mit mir plaudern, hauptsächlich aber ihre Arbeit tun und dann wieder in die Redaktion nach Hamburg entschwinden.
    »Aber ich kann sie jetzt nicht gebrauchen«, beschwerte ich mich laut. Und ich konnte sie jetzt nicht mehr anrufen, mitten in der Nacht, und für meine kleinen Sorgen würde sie sowieso kaum Verständnis haben. »Also lassen wir sie kommen, wir helfen ihr, soweit wir können. Wir kassieren die Miete und machen ihr einen Kaffee, wir sind richtig nette Leute, bis sie verschwindet.«
    Während ich Krümel meinen Entschluss mitteilte, ging ich durch den Flur, öffnete die Haustür, starrte hinaus in den puderartigen Schnee und lauschte dem Knistern.
    Es war bitterkalt und ansonsten totenstill. Krümel rieb sich an meiner Wade und maunzte leise. Ich ging zurück und schaltete WDR 2 ein. Eine Frau sang Same old story, same old song…
    Kennen Sie eigentlich Metzger, Willi Metzger?
    Als das Telefon läutete, stand ich an der Giebelwand auf dem Dachboden und maß aus, wie hoch ich einen offenen Kamin bauen musste, obwohl ich diese Zentimeterangaben seit einem Jahr auswendig kannte und immer noch kein Geld hatte, den Dachboden auszubauen. Aber ich konnte nicht schlafen.
    Ich rannte nach unten und nahm den Telefonhörer ab, es war unser Ortsbürgermeister dran.
    »Gott sei Dank, dass du da bist. Dann bist du also doch nicht tot. Ich hab’ ja gesagt, der Siggi fährt so nicht.«
    »Was ist denn überhaupt los?«
    »Du hast wohl schon geschlafen, was? Na, da

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