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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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ist jemand oben in der Wacholderheide von der Straße geflogen. Muss mit Wahnsinns-Geschwindigkeit aus Richtung Kerpen gekommen sein. In der schlimmsten Kurve hat es den rausgeschmissen, aber frag mich nicht wie. Muss sofort tot gewesen sein; das ganze Auto ein Klump. War dein Auto, also ich meine, es war ein schwarzer Peugeot GTI, genau wie deiner, und zuerst haben alle gedacht, dass … na ja, also wir dachten alle …«
    »O Scheiße!«, sagte ich erstickt und warf den Hörer auf die Gabel.
    So wie ich war, rannte ich in die Garage, sprang in den Wagen und fuhr los. Es schneite nicht mehr, und da die Temperaturen abrupt noch mehr gefallen waren, war es sehr glatt. Gleich in der Ausfahrt vom Hof kam ich ins Rutschen und driftete bedenklich nahe am gegenüberliegenden Graben vorbei. Daraufhin zwang ich mich, langsamer zu fahren.
    Die Straße zwischen Kerpen und Ahütte führt stetig bergauf. Oben auf der Höhe kommt ein sanftgewelltes Plateau, links und rechts stehen Kieferngruppen und Wacholderbäume in sehr hohem Gras. Jetzt sah alles gleich aus, mit dem Leichentuch des Schnees überzogen, nur die winterlichen Gerippe der Bäume standen wie schwarze Scherenschnitte gegen das blasse Mondlicht.
    Es hatte ihn in einer sanften Rechtskurve erwischt. Er war offensichtlich ohne jede Reaktion einfach geradeaus in die Kiefern gerast.
    Wenn in der Eifel nachts ein Unglück geschieht, kommen die Zuschauer angefahren und lassen ihre Scheinwerfer mitleidslos auf die Szenerie knallen. Da hier immer irgendjemand CB-Funk im Wagen hat, werden es sehr schnell sehr viele Zuschauer. Es waren sicher zwanzig Autos da, und sie machten aus dem Unglücksort eine traurige Bühne.
    Etwas abseits der Kieferngruppe stand ein Rettungsfahrzeug des Roten Kreuzes, und nutzlos und stumm kreisten seine blauen Lichter. Neben dem Fahrzeug stand eine Bahre im Schnee, mit einem langen, leblosen Bündel darauf.
    Ich parkte den Wagen, stopfte mir mit klammen Fingern die Prato von Lorenzo, zündete sie an und arbeitete mich langsam durch die Gruppe der Zuschauer vor.
    »Der muss wie ein Wahnsinniger gefahren sein«, meinte ein Mann beeindruckt, als ginge es um eine sportliche Höchstleistung. »Du kannst auf der Straße nicht die Spur von Bremsen sehen, nicht die Spur.«
    Eine junge Frauenstimme sagte hell und fröhlich: »Als ich den Schrotthaufen gesehen habe, da dachte ich zuerst an diesen Journalisten, diesen Baumeister. Der hat doch auch so ein Auto.«
    Guttmann war also tot. Aus irgendeinem Grund war er in der Kurve einfach geradeaus gefahren, ganz selbstverständlich einfach schnurgeradeaus - wie ein Selbstmörder, oder wie jemand, der einen Herzschlag erleidet. Sein Wagen musste wie ein Geschoss zwischen die beiden engstehenden, stämmigen Kiefern gefegt sein. Er hatte sich hochgestellt, dann überschlagen und war auf dem Dach über zwei Wacholderbäume hinweggerast und in die Kieferngruppe geschleudert. Das Wrack war ein einziger Klumpen Blech.
    Ein Polizist, von dem ich nur wusste, dass er Rolf Schmitz hieß, stand daneben im pulvrigen Schnee und stocherte mit einem trockenen Ast auf den blutigen Sitzwracks herum, als könne er etwas entdecken, das irgendwie von Bedeutung wäre. »Ein Wahnsinn«, sagte er und sah mich an wie einen Kamikaze-Pilot, der doch zurückgekommen ist. »Ein Wahnsinn! Der Mann ist bei der Bonner Kripo. - Ich möchte wissen, was der überhaupt hier wollte.«
    »Wieso sieht man keine Bremsspuren?«, fragte ich.
    »Das wissen wir noch nicht«, sagte er. »Seit einer halben Stunde frage ich mich, wieso der Mann nicht mal versucht hat zu bremsen. Die Kurve ist doch nicht zu übersehen. Reifen geplatzt? Kann nicht sein, die sind in Ordnung. Ein Wahnsinniger oder ein Selbstmörder?«
    Dann fuhr er mit dem spitzen Ende des Stockes fast spielerisch durch ein kreisrundes Loch in der Windschutzscheibe des Peugeot, die wie ein Fremdkörper gute zehn Meter vom Wagen entfernt fast unversehrt im tiefen Schnee lag. Geistesabwesend zog er den Stock wieder heraus und versenkte ihn in einem zweiten Loch. Insgesamt waren es vier, ziemlich dicht beieinander, und alle auf der Fahrerseite.
    »Oh, verdammt«, sagte ich heftig.
    Der Polizist Schmitz starrte mich ungläubig an.
    »Das darf doch nicht wahr sein«, murmelte er kaum hörbar. Und dann lauter: »He, Chef, komm mal her. Komm mal ganz schnell hierher!«
    Ich drehte mich um und schlich zu meinem Auto. Es fing wieder sanft zu schneien an, hinter dem Hügel waren Krähen wachgeworden und

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