Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:

    Dann hockte ich mich mit dem Tonband auf das Sofa und diktierte die Geschichte, wie ich sie bisher erlebt hatte. Das Band verstaute ich ebenfalls im Schornstein.
    Immer noch kein Besuch. Ich schleppte Holz aus der Scheune herein und stapelte es in der Kiste neben dem Kamin. »Ich muss die Baronin doch aus dem Bett holen«, erklärte ich Krümel. »Ich will allein sein, ich kann jetzt keine Leute hier gebrauchen, schon gar keine Frau.«
    Sie maunzte, lief über den Flur in die Küche, kam zurück, maunzte wieder, lief erneut in die Küche. »Willst du Fisch oder Fleisch?« Ich öffnete den Küchenschrank und machte ihr eine Dose penetrant riechendes Makrelenfilet auf. »Du bist ein Luxuswesen. Warum begnügst du dich nicht mit Essiggurken?« Ich sah ihr zu, wie sie gierig fraß. Es war jetzt nach vier Uhr morgens. Ich ging telefonieren.
    Die Baronin meldete sich sofort, sie klang nicht im Geringsten verschlafen. »Von Strackner hier.«
    »Siggi Baumeister. Hör zu, ich kann dich jetzt nicht hier wohnen lassen. Ich habe einen schlimmen Fall am Bein, einen sehr schlimmen Fall, ziemliches Durcheinander, schwer zu recherchieren, es geht nicht.«
    Sie schwieg eine Weile und sagte dann gelassen mit ihrer tiefen Stimme: »Du bist vielleicht gut. Ich will in einer Stunde losfahren. Wieso rufst du erst jetzt an?«
    »Weil ich es noch nicht länger weiß, erst seit dieser Nacht.«
    »Aber ich störe dich doch nicht. Du kannst machen, was du willst. Du wirst mich nicht spüren. Und wenn ich etwas wissen will, kannst du es mir sagen oder nicht. Ich kann mir gut allein helfen, wie du weißt. Was ist los mit dir?«
    »Ich kann dich jetzt nicht gebrauchen.« Mehr fiel mir nicht ein.
    »Baumeister, du bist verrückt«, sagte sie trocken, und ich hörte, wie sie sich eine Zigarette anzündete. »Hör zu, ich will Accessoires fotografieren, für ein Vorprodukt im Modeteil. Dazu brauche ich Steine und alte Baumwurzeln und Moos und Schnee. Du hast gesagt, dass es bei dir in der Eifel genug davon gibt. Wir mieten also für ein paar Tage dein Haus und bezahlen gut dafür. Ich kann jetzt nicht mehr umdisponieren, ich hänge in Terminen, der Hersteller wird mir die Hölle heiß machen, wenn ich es verschiebe. Was ist bloß los mit dir? Du weißt, was in der Redaktion passiert, wenn ich sage: Baumeister will nicht!«
    »Ich werde geächtet und du ausgestoßen«, sagte ich.
    »Richtig«, sagte sie. »Baumeister, gib dir einen Stoß und mach mir meinen Terminplan nicht kaputt.«
    »Ich werde aber kaum hier sein«, meinte ich lahm.
    »Dann leg mir den Hausschlüssel irgendwohin.« Sie lachte. »Du klingst ganz schön durcheinander.«
    »Durcheinander ist nicht das richtige Wort. Kannst du nicht in irgendein schönes Hotel im Schwarzwald gehen oder ins Kleinwalsertal oder weiß der Teufel wohin?«
    »Wieso schellt es bei dir um diese Zeit?«
    »Das sind die Bullen«, sagte ich. »Jetzt wird es ernst. Also, such dir ein anderes Ziel, ja?«
    Sie waren zu zweit, und hinter ihnen hatten sich zwei uniformierte Polizisten aufgebaut.
    Einer von ihnen war Schmitz. Es schneite noch immer oder schon wieder.
    »Kommen Sie herein.« Ich ging vor ihnen her. »Setzen Sie sich, wo Sie wollen. Soll ich einen Kaffee machen?«
    Sie sahen sich schnell um, als erwarteten sie einen Lauschangriff aus der Ecke hinter den Sesseln. Dann öffneten beide fast synchron ihre Mäntel. Es waren praktisch identische schwere, dunkelblaue Tuchmäntel. Beide Herren hatten militärisch kurze Haarschnitte und übertrieben akkurate Schnäuzer, sie stellten den gleichen verantwortungsvollen Blick zur Schau. Sie mussten beide um die vierzig sein, und ihre Gesichter waren sonnenbankbraun und gänzlich charakterlos - ich würde sie niemals wiedererkennen, da war ich mir sicher.
    Der, der wohl etwas mehr Verantwortung trug, versuchte es mit einem aalglatt-freundlichen Einstieg: »Wir danken Ihnen, dass Sie uns empfangen. Mein Name ist Beck, meine Behörde, nun, die kennen Sie ja.« Dann setzte er sich, woraufhin auch der zweite Mann wagte, Platz zu nehmen. Einen Augenblick lang machten sie den Eindruck, als sei alles gesagt, als wollten sie nur zwei Minuten ausruhen und dann wieder verschwinden, zu irgendeinem lästigen, aber nötigen Job.
    »Darf ich Sie nun bitten zu berichten?«, fragte Beck endlich; diesmal klang er etwas unduldsam, so als wundere er sich darüber, dass ich nicht längst Rapport erstattet hätte.
    »Bitten dürfen Sie zweifellos«, meinte ich sanft, »aber ich

Weitere Kostenlose Bücher