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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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mal!«
    »Also: Der Ausweis scheint in Ordnung. Ausgestellt vor acht Jahren hier in Bonn, einmal verlängert. Name: Lewandowski. Vorname: Alfred. Alter: jetzt siebenundvierzig. Wohnhaft… wohnhaft ist er nicht, ohne ständigen Wohnsitz. Na ja, was Wunder. Sonst ist nichts in der Brieftasche, absolut nichts. Mal sehen, was er noch bei sich hat. Hier in der Hosentasche ist ein Schlüssel, ein einzelner Schlüssel für ein Sicherheitsschloss. DOM-Schloss, also Hersteller DOM in Köln. Warte … hier in der linken Hosentasche ist Geld - Moment noch … ja, Scheine und Münzen. Mann, der Junge war ja reich, richtig reich! Das sind … dreihundertsechzig Mark und zwanzig Pfennig. Hm.« Er blickte mich nachdenklich aus seinen Echsenaugen an, aber er sah mich nicht. Er dachte konzentriert über etwas nach.
    Ich fotografierte den Stein, mit dem irgendein Mensch dem Alfred Lewandowski den Schädel eingeschlagen hatte. Dann noch ein paarmal sein Gesicht, seine Hände, die Figur total, die Schnapsflasche. Es war Korn, er hatte bei ALDI 6,20 Mark gekostet.
    »Wie lange werden Sie brauchen, um den Mörder zu finden?«
    »Das wird gar kein Mord sein«, sagte Guttmann abwesend. Man sah, wie wenig Spaß ihm diese Fledderei machte, aber er durchsuchte die Leiche mit akribischer Sorgfalt weiter, während er mit mir redete. »Sehen Sie, diese Leute saufen immer bis zur Bewusstlosigkeit. Und dann passiert so etwas eben. Wahrscheinlich weiß der Täter gar nicht, dass er seinen Kumpel erschlagen hat. Wahrscheinlich liegt er irgendwo, schläft seinen Rausch aus und wundert sich dann, dass der alte Berber Lewandowski nicht mehr da ist. So was ist Routine, reine Routine. Schreiben Sie was drüber?«
    »Nein, wahrscheinlich nicht. Es ist höchstens ein Thema, weil er auf dem Parkplatz der Mächtigen erschlagen wurde.« Ich gab ihm meine Karte. »Nein, ich werde wohl nichts schreiben. Rufen Sie mich an, wenn doch irgendetwas außergewöhnlich ist? Ich wohne in der Eifel. Da gibt es keine Penner.«
    »Ich rufe Sie an, wenn noch etwas Merkwürdiges kommt, aber rechnen Sie nicht damit. Na, da laust mich doch der Affe!« Guttmann zog mit zwei Fingern ein Stück Papier aus der Brusttasche des Toten und hielt es ins Licht. »Eine Bahnkarte. Und das gleich vom Feinsten: Rückfahrt erster Klasse nach Basel. Nach Basel! Das soll einer verstehen. Nicht benutzt, völlig jungfräulich sozusagen.«
    »Ein komischer Penner, nicht wahr?«, murmelte ich und sah Guttmann an. Er antwortete nicht, sondern hockte bloß da und starrte die Fahrkarte an. Für einen Moment sah er so aus, als hätte er keinen Hals mehr, als habe er gerade schlimme Prügel bezogen.
    Ich ging zurück - nicht den Weg am Rheinufer entlang, sondern durch die Görresstraße und die Saemischstraße direkt zu meinem Wagen. Ich hatte keine Lust mehr, durch das nächtliche Bonn zu flanieren. Am Nordverteiler bog ich auf die Autobahn Richtung Koblenz, in Wehr fuhr ich wieder ab. Ich nahm den Weg über den Nürburgring und drehte mächtig auf, als könne das helfen.
    Auf der langen Geraden, die zu den Haupttribünen führt, kam der Wagen ins Schleudern, als ich stur durch eine riesige Pfütze rauschen wollte. Ich brachte ihn zum Stehen, nicht mit Geschick, sondern mit Glück. Ich stieg aus und hielt mein Gesicht in den Regen. Ich zitterte.
    Im Licht der Scheinwerfer sah ich den großen Blutfleck an meinem Trenchcoat. Als ich das Gesicht des Toten fotografiert hatte, war ich ihm wohl zu nahe gekommen. Irgendwann stieg ich wieder ein und fuhr im Schritttempo nach Hause. Krümel lag auf meinem Kopfkissen und beklagte sich mauzend, und ich sagte: »Halt die Schnauze!«
    Schlafen konnte ich nicht. Nach einer halben Stunde stand ich wieder auf und machte mir einen starken Kaffee. Ich hockte an meinem Schreibtisch, starrte durch das Fenster in den Regen und fragte mich, ob der Kriminalbeamte Guttmann schon wusste, dass Lewandowski gar nicht Lewandowski war. Aber vielleicht irrte ich mich auch, vielleicht war das alles nur eine Folge von Schlafmangel und übersteigerter Phantasie.
    Ich ging hinauf ins Badezimmer und entwickelte den Film. Auf den nassen Abzügen sah Lewandowski aus wie ein Penner, und vielleicht war er auch einer. Doch ich zweifelte stark daran, auch wenn ich noch nicht genau bestimmen konnte warum.
    Er hatte ein schmales Gesicht, von dunkelblonden, strähnigen Haaren umrahmt, die an den Schläfen grau würden. Der Mund wirkte überraschend empfindsam, die Nase war klein und gerade.

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