Reseph
erwartete, Angst in ihr zu sehen – oh ja, die war da, in ihren Augen. Womit er nicht gerechnet hatte, war die wilde Entschlossenheit auf ihrem Gesicht.
»Ich gehe mit dir.«
»Darüber diskutiere ich nicht mit dir, Jillian. Geh ins Haus.«
Mit einem lieblichen Lächeln bückte sie sich und hob die Tüte mit seinen Sachen auf. »Na schön.«
Sie hatte viel zu leicht kapituliert, und männlicher Instinkt warnte ihn, sich lieber in Acht zu nehmen, aber zumindest hatte sie erst einmal zugestimmt, und darauf kam es an. Er führte sie langsam auf die Haustür zu, und als sie nur noch ein Dutzend Schritte von ihr entfernt waren, schickte er sie hinein und ging selbst weiter in Richtung Scheune.
Dort riss er das Gewehr von der Wand, und rannte beim Licht des Vollmonds auf die Bäume zu, in denen seinem Gespür nach die Augen lauerten, die er auf sich ruhen gefühlt hatte. Die düsteren Schwingungen waren verschwunden, aber die Luft war ganz still, der Wald viel zu ruhig, als ob sogar die Natur selbst sich voller Angst zusammenkauerte.
Resephs Adrenalinspiegel stieg, als er durch den Schnee schlich, zwischen Bäumen hindurch, und sich an die Schatten hielt, die der Silberschein des Mondes warf. Das Pferdetattoo auf seinem Arm kitzelte, als ob es sich unter seinem Hemd bewegte. Er ignorierte es und setzte seinen Weg fort.
Vor ihm hatte irgendetwas Dunkles den Schnee bespritzt und die makellose weiße Landschaft zerstört. Der metallische Geruch von Blut lag schwer in der Luft, aber zumindest war es kein menschliches Blut.
Ganz schön krank, dass du einfach so weißt, dass es kein menschliches Blut ist.
Er brachte seine innere Stimme zum Schweigen und nahm sich vor, diese Tatsache in Zukunft der Einfachheit halber zu ignorieren.
Er duckte sich und schlich sich heran. Die Szene vor ihm schien vor Bösem zu pulsieren. Die Spuren im Schnee sagten ihm, dass hier ein Kampf stattgefunden hatte, allerdings vor seiner Ankunft, denn sonst hätte er etwas gehört.
Er musterte die Spuren. Ein Teil von ihnen stammte von einer großen Katze, höchstwahrscheinlich einem Puma. Die anderen … Gott, wer hatte die nur hinterlassen? Die Abdrücke hatten dieselbe Größe wie der Fuß eines großen Mannes, aber die vier Zehen waren viermal so lang – und mit Klauen bewehrt. Was auch immer es war, es hatte den Kampf gewonnen und den Puma entweder gefressen oder woandershin gebracht. Die Spuren des Berglöwen führten zu der Stelle hin, aber nicht von ihm weg.
Hinter ihm knackte ein Zweig. Er wirbelte herum, das Gewehr in die Richtung des Geräuschs gerichtet. Er sah Jillian, bevor sie ihn entdeckte. Sie hatte eine Pistole dabei –
verdammt!
Darum hatte sie so schnell nachgegeben. Sie war ins Haus gegangen, um noch eine Waffe zu holen.
Ihr Mut verärgerte und erregte ihn zugleich. Er hatte schon immer auf knallharte Frauen gestanden. Zumindest glaubte er das.
Aber das hier sollte sie nicht sehen. Sie hatte schon genug mit ihrem Trauma zu kämpfen, und bis er wusste, worum genau es sich handelte, würde er ihre Sorgen sicherlich nicht noch vergrößern. Eilig zertrampelte er die gruseligen Spuren und ging ihr entgegen, als sie nur noch ein paar Meter von ihm entfernt war.
»Ich hab dir doch gesagt, du sollst im Haus bleiben.«
Sie sah ihm ruhig in die Augen. »Weißt du, das ist so ’ne Sache. Es ist
mein
Haus, und auf meinem eigenen Grund und Boden sagt mir niemand, was ich zu tun oder zu lassen habe. Wenn du hierbleiben willst, solltest du das lieber in deinen Dickschädel kriegen. Kapiert?«
»Kratzbürstig.« Er zwinkerte ihr zu. »Das gefällt mir.«
Sie verdrehte die Augen. Dann näherte sie sich der unheimlichen Szene. »Was ist hier los?«
»Sieht so aus, als ob ein Puma einen Hirsch gerissen hätte.« Er versuchte sie abzufangen. »Er ist weg. Lass uns lieber zum Haus zurückgehen.«
Sie runzelte die Stirn. Ihre besorgte Miene gefiel ihm ganz und gar nicht. Sie war viel zu anständig, um sich immerzu Sorgen zu machen. »In letzter Zeit hat es eine ganze Reihe von Puma-Angriffen gegeben.«
»Auf wen? Hirsche? Vieh?«
»Menschen.« Sie steckte ihre Waffe wie ein Profi ins Holster. »Das ist seltsam.«
»Das ist so heiß!«
»Was?« Ihr Kopf zuckte zurück, als ob ihr jemand eine Ohrfeige verpasst hätte. »Dass Pumas Menschen fressen, ist heiß?«
»Nein.« Er grinste. »Du. Wie du mit der Waffe umgehst. Das ist verdammt sexy. Heiße Girls mit Waffen … einfach traumhaft.«
»Du«, sagte sie mit größtem Ernst,
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