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Reseph

Reseph

Titel: Reseph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Ione
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glücklich, ihn zu sehen. Ganz im Gegenteil, ihre Mienen drückten Misstrauen und Argwohn aus, in Thanatos’ Fall sogar regelrechten Hass. Was zur Hölle …?
    Da traf ihn eine Erinnerung wie eine von Jillians Bratpfannen … Thanatos, der ihn niederhielt und ihm Deliverance in die Brust stieß, während ein Baby schrie. Aber warum nur …?
    Ihm kamen weitere Erinnerungen, Schlag auf Schlag, wie Kugeln aus einer automatischen Waffe. Sein Kopf zuckte zurück, als eine Wand des Schreckens ihn wie aus heiterem Himmel traf. Er geriet ins Taumeln, verlor das Gleichgewicht durch die Last der plötzlichen Erinnerung.
    Blut. Schreie. Hass … so viel Hass. Die Welt drehte sich um ihn, der Boden unter ihm gab nach, und er fiel auf die Knie, hielt sich den Kopf. Hände legten sich auf seinen Rücken … Jillians Hände. Sie sprach mit ihm, fragte, ob es ihm gut ging. Fragte, was denn nur los sei, aber er konnte nicht sprechen. Weitere Schreie … die Schreie derer, denen er wehgetan hatte. Es waren unzählige. Oh …
Gott
.
    »Nein«, ächzte er. »Oh … bitte, nein.«
    Ihm drehte sich der Magen um, und er entfernte sich torkelnd von ihr, halb kriechend, halb stolpernd, bis zum nächsten Baum, wo alles hochkam, was er in der letzten Woche, im letzten Monat, vielleicht sogar im letzten Jahr gegessen hatte. Er brach zusammen. Alles strömte aus ihm heraus. Möglicherweise sogar sein Verstand.
    Was passierte da nur?
    Jillian stand im Schnee, unfähig, irgendetwas von dem zu begreifen, was sie sah. Die seltsamen Leute mit ihren Rüstungen und ihren Pferden sahen merkwürdig ungerührt zu, wie sich Reseph von Jillian löste. Bis er schrie und sich gegen den Baum warf, seinen Kopf wieder und wieder gegen den Stamm rammte.
    »Reseph!« Sie rannte auf ihn zu, doch ehe sie fünf Schritte weit gekommen war, schlossen sich Arme um sie, und sie wurde von dem großen Mann mit den blonden Zöpfen an den Schläfen und den gelben Raubvogelaugen festgehalten. »Lass mich los!« Sie trat und schlug um sich, aber da hätte sie genauso gut einen Elefanten schlagen können. »Lass mich los, du Mistkerl!«
    Ein grauenhaftes Gebrüll ließ die Luft selbst erbeben, und Reseph wirbelte herum. Er hatte die Zähne gefletscht und von seinem Gesicht tropfte Blut. Wut loderte in seinen roten Augen, als sich sein Blick auf den Mann richtete, der sie festhielt. Er machte Anstalten, ihn anzugreifen, aber da sprang schon der Mann in der ledernen Rüstung vom Pferd und stürzte sich mit einer Geschwindigkeit, die sie nicht zu erfassen vermochte, auf Reseph. Ledermann rammte ihm etwas, das wie eine Art Spritze aussah, in den Hals, und Reseph beruhigte sich mit einem Schlag, lag still da.
    »Was habt ihr getan?«, schrie sie. »
Reseph!
«
    »Es geht ihm gut, Frau.« Der Mann, der sie festhielt, legte ihr die Hand auf die Stirn. »Ich werde dich all das vergessen lassen.«
    »Nein!« Die schwarzhaarige Frau stürzte auf sie zu, wobei sich die Gelenke des Panzers, den sie trug und der Jillian an Samurai erinnerte, mit Schnee füllten. »Nicht, Thanatos. Du kannst nicht weit genug zurückgehen. Lass ihr die Erinnerungen.«
    Der Mann, den Samurai Thanatos nannte, zog Jillian noch näher an sich, bis sie die eisige Kälte spürte, die sein weißer Panzer abgab. Woraus mochte der bloß gemacht sein? Knochen?
    »Wir können das regeln, Limos«, erwiderte Thanatos. »Wir lassen sie glauben, Reseph habe sie verlassen.«
    Die Frau, die Limos hieß, schüttelte den Kopf. »Ich habe Arik versprochen, dass ich mich nie wieder in die Erinnerungen anderer Leute einmische.«
    Erinnerungen? Diese Leute waren imstande, Erinnerungen zu verändern? Dinge auszulöschen? Was ging hier vor sich?
    Thanatos verdrehte die Augen. »Was du nicht alles für diesen Menschen tust.«
    Der große Mann im Lederpanzer hinter Limos sagte etwas, und gleich darauf löste sich das Pferd, das er geritten hatte, in Rauch auf, der in seinem Panzerhandschuh verschwand.
    Jillian hatte Halluzinationen. Nichts von alledem war real. Das konnte nicht sein. Allerdings kam es ihr sehr real vor, als der Mann sich dann Reseph über die Schulter warf und einfach so verschwand.
    »Nein«, flüsterte Jillian. »Nein. Bring ihn zurück.« Vergeblich wehrte sie sich gegen den Griff des blonden Mannes. »Bring ihn zurück, du Mistkerl!«
    »Lass sie los, Than«, sagte die Frau. »Geh und hilf Ares mit Reseph. Ich werde mich hier um alles kümmern.«
    Sich um alles kümmern?
Grauenhafte Angst erfasste Jillian.

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