Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
Enge getrieben, saß zwischen ihrer Frisierkommode und dem Fuß ihres Bettes fest, aber auch das gereichte ihr zum Vorteil. Wenn sie erst einmal glauben, dass ich keine Gefahr darstelle …
„ Sie sind Alexia Ashford?“, fragte der Junge, erstaunt oder ehrfürchtig und offenen Mundes.
„Das bin ich.“ Sehr viel länger würde sie ein derart rüdes Benehmen nicht ertragen können, nicht von jemandem, der so unter ihrer Würde war.
Claire nickte bedächtig, sah ihr immer noch kühn in die Augen, unverschämt. „Alexia … wo ist Ihr Bruder?“
Alexia wandte sich nach Alfred um – und zuckte zusammen, weil er nirgends im Zimmer war. Er hatte sie alleingelassen, damit sie sich dieser Leute selbst annehmen konnte.
Nein, das kann nicht sein, er würde mich nie so im Stich lassen …
Eine Bewegung zu ihrer Rechten – aber als sie sich umdrehte, erkannte sie, dass es nur der Spiegel war, und … und …
Alfred erwiderte ihren Blick. Es war ihr Gesicht, die Lippen geschminkt, die Wimpern getuscht, aber es war sein Haar, seine Jacke. Schockiert hob sie die rechte Hand an den Mund, und Alfred tat dasselbe, beobachtete sie. Spürte ihre Verwunderung.
Als ob sie eins wären.
Alexia schrie, ließ das Gewehr fallen und vergaß die beiden Eindringlinge, als sie sich an ihnen vorbeischob; es kümmerte sie nicht, ob sie schossen oder nicht. Sie rannte zu der Tür, die ihr Zimmer mit Alfreds verband, schrie abermals, als sie die langhaarige, blonde Perücke auf dem Boden sah und das wunderschöne Kleid, das zerknittert daneben lag.
Schluchzend schob sie sich durch die Drehtür, floh durch Alfreds Zimmer …
… mein Zimmer …
… nicht sicher, wo sie eigentlich hin wollte, als sie durch den Korridor taumelte und auf die Treppe zuhielt. Es war vorbei, es war alles vorbei, alles zerstört, alles eine Lüge. Alexia war fortgegangen und nie zurückgekommen, und er hatte – sie war …
Mit einem Mal wussten die Zwillinge, was zu tun war, die Antwort schimmerte durch die wirbelnde Schwärze ihres Geistes und wies ihnen den Weg. Sie erreichten die Treppe und gingen hinunter, während Pläne Gestalt annahmen, während sie begriffen, dass es an der Zeit war, nun wirklich zusammen zu sein, weil es endlich an der Zeit war.
Aber erst würden sie alles vernichten.
„Heilige Scheiße!“, sagte Steve, und als ihm nichts anderes einfiel, wiederholte er es noch einmal.
„Dann war Alexia also niemals hier“, sagte Claire. Ihr Gesicht zeigte denselben verblüfften Ausdruck, den er auch auf seinem vermutete. Sie ging hinüber und hob kopfschüttelnd die Perücke auf. „Glaubst du, dass es sie überhaupt je gegeben hat?“
„Als Kind vielleicht“, meinte Steve. „Im Gefängnis war dieser ältere Wärter, der sagte, er hätte sie einmal gesehen, vor zwanzig Jahren oder so. Damals, als Alexander Ashford noch das Sagen hatte.“
Ein paar Sekunden lang sahen sie sich nur im Zimmer um. Steve dachte daran, wie Alfred dreingeschaut hatte, als er sich selbst im Spiegel sah. Es war so jämmerlich gewesen, dass er fast Mitleid mit dem Kerl hatte.
Da dachte er die ganze Zeit, dass seine Schwester hier lebt – wahrscheinlich der einzige Mensch auf der Welt, der ihn nicht für einen totalen Arsch hält – und dann stellt sich heraus, dass ihm nicht einmal das vergönnt ist …
Claire schauderte, als friere sie plötzlich, und besann sich auf ihr eigentliches Vorhaben. „Wir suchen besser nach diesen Schlüsseln, bevor einer der Zwillinge zurückkommt.“
Sie nickte in Richtung der schmalen Leiter am Kopfende des Bettes. Sie führte zu einem offenen Rechteck in der Decke hinauf. „Ich seh mich dort oben um, du hier unten.“
Steve nickte, und als Claire durch die Öffnung in der Decke verschwand, fing er an, Schubladen aufzuziehen und zu durchwühlen.
„Du kannst dir nicht vorstellen, was hier oben alles rumliegt“, rief Claire herunter, gerade als Steve eine Schublade mit seidener Reizwäsche entdeckte, Höschen, Büstenhalter und ein paar andere Sachen, von denen er nicht wusste, was sie darstellen sollten.
„Dito“, rief er zurück und fragte sich, wie weit Alfred gegangen sein mochte, um Alexia zu spielen. Er beschloss, dass er das nicht wirklich wissen wollte.
Er hörte Claire über sich rumoren, während er sich der Frisierkommode zuwandte und darin zu wühlen begann. Eine Menge Make-up, Parfüm und Schmuck, aber keine Schlüssel, nicht einmal ein gewöhnlicher Haustürschlüssel.
„Nichts, bis jetzt jedenfalls
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