Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition)
später noch stärken. Zunehmend kommen Persönlichkeitspsychologen nämlich zu dem Schluss, dass unser Wesen weniger in Stein gemeißelt ist, als gemeinhin angenommen wird: Menschen können sich sehr wohl ändern! (Siehe Seite 183 ff.)
Professionelle Anti-Stress-Trainer versuchen ihren Klienten etwas zu vermitteln, was sie »Stresskompetenz« nennen. Die Kursteilnehmer sollen lernen, die verschiedenen Typen vonStress zu erkennen, die ihnen tagtäglich begegnen – den negativen, zerstörerischen Stress ebenso wie den konstruktiven, der einem hilft, schwierige Situationen besser zu bestehen. Denn nur wer den einen vom anderen zu unterscheiden weiß, kann den krank machenden Stress gezielt bewältigen (siehe Seite 214 ff.).
Bei akutem, destruktivem Stress sind Techniken unverzichtbar, die sofort und gleich Entspannung ermöglichen. Viele Trainer setzen auf Entspannungsverfahren wie das Autogene Training oder die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Andere nutzen fernöstliche Methoden wie Yoga, verschiedene Meditationstechniken, zu denen auch das Achtsamkeitstraining gehört, oder Entspannungsübungen in Bewegung wie beim Qigong und Taijiquan. Und manche Menschen finden auch ihre eigenen, ganz persönlichen Wege – ausgedehnte Spaziergänge etwa oder eine erzwungene Auszeit täglich um 12 Uhr. Welche Methode am effektivsten ist, hängt nicht nur von den aktuellen Problemen ab, sondern auch von den Vorlieben derjenigen, die Hilfe gegen den Stress suchen.
In jedem Fall geht es um Folgendes: Blutdruck, Herzschlag und Hirnströme runter, Gelassenheit, Zufriedenheit und Wohlbefinden rauf! In welcher Reihenfolge dies geschehen soll, davon haben die Erfinder der verschiedenen Entspannungsverfahren ganz unterschiedliche Vorstellungen entwickelt. So setzen die eher körperlich orientierten Verfahren wie die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson darauf, dass sich die psychischen Stressvorgänge ändern, wenn man an den körperlichen Funktionen arbeitet. Wer sich so entspannen will, der übt, einzelne Muskelgruppen gezielt anzuspannen und wieder loszulassen. Die Konzentration darauf bringt den Geist zur Ruhe; es ist weder Raum noch Zeit, an die belastenden Aufgaben von morgen zu denken; unweigerlich beschäftigt man sich nur noch mit sich selbst.
Beim Autogenen Training wird versucht, die seelischen Vorgänge zu verändern und dadurch Einfluss auf die Körperfunktionen zu nehmen statt umgekehrt. So betreibt der Gestresste Autosuggestion, indem er sich auf die immer gleichen Vorstellungen konzentriert, die er in Gedanken langsam wiederholt.»Die Arme und Beine sind schwer«, versichert er sich, oder »die Atmung geht ruhig und gleichmäßig«. Wer das mit viel Hingabe immer wieder übt, der kann das eines Tages auch wahr werden lassen. Und wie soll man nebenher noch an das denken, was einen stresst?
Die Gefahr allerdings ist: Sobald man wieder an die noch unerledigten Aufgaben denkt, ist der Stress auch schon zurück. Da können Techniken wie das Achtsamkeitstraining helfen (siehe Seite 221 ff.). Sie können für einen neuen Blick auf den Alltag sorgen, bislang Störendes wird neu gewichtet und bestenfalls nicht länger als unerwünscht empfunden. Auch fördern sie die Wahrnehmung, an welchen unangenehmen Ereignissen sich etwas ändern lässt und welche nun einmal unvermeidlich sind.
Zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden, das ist eine der Schlüsselbotschaften, die Fachleute in Sachen Stressbewältigung ihren Klienten vermitteln. Dazu gehört es auch, sich ein Stück weit wieder jene klare Trennung von Beruf und Freizeit zurückzuerobern, die früher so selbstverständlich war. In einer Arbeitswelt zwischen Smartphones und Tablet-Computern mit ständiger Erreichbarkeit per Telefon und E-Mail ist es ein unglaublich entspannender Schritt, sich abends einfach mal von den elektronischen Sklaventreibern abzukoppeln. »Ich bin dann mal offline« – das ist wie ein kleiner Urlaub für die Seele. Ohnehin sind Ruhephasen wichtig. Viele Dauer-Gestresste haben das vergessen. Sie sollten neu lernen, wie gut es tut, einfach einmal abzuschalten (siehe Seite 225 ff.).
Bei all dem Anti-Stress-Training muss man ja nicht gleich in die Ehrgeizlosigkeit verfallen: Ein gewisses Maß an Stress ist sogar gut. Stress bedeutet schließlich – wie auch schon beim Anblick des Säbelzahntigers – Ansporn, Kreativität und Energie. Stress wird nur dann zum Feind des Menschen, wenn er zu lange anhält und nicht mehr
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