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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
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Regierungschefs um die langfristigen Perspektiven der europäischen Wirtschaft bis zum Jahre 2020. Es sollte eine Neuauflage des Lissabon-Abkommens aus dem Jahr 2000 beschlossen werden, in dem die EU-Kommission Europa binnen zehn Jahren zum wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt machen wollte. Das war damals kläglich gescheitert. Jetzt sollte ein neuer Versuch gestartet werden. Dazu hatte die EU-Kommission einen Vorschlag zur Diskussion vorgelegt. Routinearbeit in Europa.
    Daneben sprachen die Staats- und Regierungschefs an diesem Abend aber auch über Griechenland. Ministerpräsident Papandreou schilderte die Schwierigkeiten seines Landes und machte deutlich, dass die Griechen ohne zumindest symbolische Hilfe der Partner nicht auskommen würden. Er hatte mit seinem Appell Erfolg. Die Partner reichten ihm die Hand und sicherten ihm zu, dass man ihn und sein Land nicht hängen lassen werde.
    So deutlich wurde das zwar nicht gesagt. Es wurde so auch nicht schriftlich in einem Kommuniqué niedergelegt. Aber so verstanden es die meisten der Anwesenden. Es war eine Art von Garantie gegen den Staatsbankrott. Oder, wie Angela Merkel es später vor dem Bundestag ausdrückte: »Wenn es notwendig sein sollte, sind die Euro-Mitgliedsländer bereit, entschlossen und koordiniert zu handeln, um die Finanzstabilität in der Euro-Zone insgesamt zu sichern.«
    Das hieß mit anderen Worten: Wir sind eine Gemeinschaft, in der sich jeder auf den anderen verlassen kann. Wir lassen niemanden im Regen stehen. Das war nichts Unrechtes, im Gegenteil, es war hochherzig und solidarisch. Es war sympathisch. So wie man sich das Zusammenleben in einer Familie oder in einem Verein eben vorstellt und wünscht.
    Aber es war etwas ganz anderes als das, was in den Maastricht-Verträgen festgelegt worden war. Das Ziel der Währungsunion war nicht Solidarität, sondern Stabilität. Es ging nicht darum, anderen zu helfen, sondern den Geldwert in der Gemeinschaft zu gewährleisten.
    Die Garantie an die Griechen entsprach damals auch der Seelenlage der Staats- und Regierungschefs. Sie hatten sich in der Finanzkrise auf die Spekulanten, die ihnen all die Schwierigkeiten bereitet hatten, »eingeschossen«, so dass sie auch jetzt primär Investmentbanker am Werk sahen. Schuld an der Misere war in ihren Augen nicht Athen, das die Zahlen manipuliert und seinen Haushalt nicht in Ordnung gehalten hatte. Schuld waren die Spekulanten, die an der Krise Geld verdienen, die Zinsen der hellenischen Staatspapiere nach oben treiben und die »armen Griechen« ausbeuten wollten. Diesen Spekulanten musste das Handwerk gelegt werden. Das war eine Story, die man dem Wähler gut verkaufen konnte.
    Damit hatte man, was damals nur wenigen klar war, den Rubikon überschritten. Ab jetzt gab es eine neue Union. In Europa musste fortan nicht mehr jeder allein für Ordnung in seinem Haus sorgen, er konnte vielmehr darauf hoffen, dass die Partner ihm bei Schwierigkeiten helfen würden. Wenn man die Maxime der Selbstverantwortung aufhebt, dann funktioniert auch der Rest nicht mehr. Darüber muss man sich im Klaren sein. Die Währungsunion, als die der Euro gestartet war, war auf dem Weg, zumindest in der Gefahr, zu einer Transferunion zu werden. Das hatte ursprünglich niemand gewollt.
    Zunächst war der Systemwechsel auch gar nicht so einfach zu erkennen. Es wurde ja keine formelle Garantie ausgesprochen. Die Bundeskanzlerin wies ausdrücklich darauf hin, dass die Griechen nach deren eigenen Aussagen gar kein Geld von ihren Partnern bräuchten. Es handle sich nur eine Vorsichtsmaßnahme. Die Zinsen für griechische Staatspapiere würden wieder sinken, die Spekulanten würden Geld verlieren und in Zukunft die Finger von solchen Aktivitäten lassen. Dann kehre wieder Ruhe ein, ohne dass Geld von den Mitgliedern der Euro-Zone an die Griechen geflossen wäre. Es spricht einiges dafür, dass die Staats- und Regierungschefs das auch wirklich glaubten.
    So kann man sich täuschen. Es dauerte nur wenige Wochen, bis die Griechen wieder über die zu hohen Zinsen klagten, die sie am Kapitalmarkt zahlen mussten. Sie bekamen zwar Geld, mussten dafür aber 6 oder 8 Prozent Zinsen akzeptieren. Zum Vergleich: Die Deutschen mussten damals gerade mal 2 oder 3 Prozent hinblättern. Diese Ungleichbehandlung empfanden die Hellenen als ungerecht und untragbar. Dabei hatten sie vor dem Beitritt zur Währungsunion 15 und 20 Prozent zahlen müssen. Das hatten sie aber

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