Rettet unsere Soehne
regionalen Bereichen mit ins Boot genommen werden. Eigentlich sollte das eine Selbstverständlichkeit sein. Es ist ein bisschen so, als müsste man in einem Fünf-Sterne-Hotel tagelang darum betteln, wie andere Gäste ein Frühstück zu bekommen, um schließlich mit herablassend huldvoller Geste immerhin eine Serviette zu erhalten. Als der Jungenpädagoge Heiko Rolfes in einem Berliner Stadtteil 2008 den ersten „Boys’ Day“ durchführte, lehnte die dortige rot-rote Regierung mit Unterstützung der Grünen den Antrag der FDP auf einen gemeinsamen Zukunftstag. für Mädchen und Jungen, kategorisch ab. [277] Wenn Jungenpolitik in den nächsten Jahren aber so aussehen soll, dass auch die kleinste Zuwendung erst über mehrere Jahre mühsam erstritten werden muss, kann man das Ganze eigentlich auch gleich bleiben lassen.
Das zweite Problem bei diesem Aspekt ist der wachsende Eindruck – sollten Jungen doch einmal von einem Zukunftstag profitieren dürfen –, dass sie dabei mit jenen Berufen vertraut gemacht werden sollen, die bislang als reine Frauenberufe galten. Diese Berufe können zwar angenehmer sein als mancher Job in männerdominierten Arbeitsbereichen, dafür sind sie aber auch schlechter bezahlt. Ein solches Vorgehen wäre nichts weiter als eine erneute Verlade der Jungen: Während man staatlicherseits Mädchen für die Spitzenjobs begeistert, führt man Jungen auf ein totes Gleis, wo sie sich als Bildungsverlierer sozialverträglich einrichten können.
Das endgültige Knock-Out-Argument besteht jedoch darin, dass Aktionen wie der „Girls’ Day“ trotz allen millionenschweren Zuschüssen alles andere als erfolgreich waren – auch wenn das die feministische Liga bei ihrer Jubelpropaganda gern verschweigt. Andreas Gößling nennt die Fakten: „Im alten Bundesgebiet hat sich der Anteil der weiblichen Beschäftigten in typischen Frauenberufen wie Floristin oder Pharmazeutisch-technische Assistentin von 1990 (93 Prozent) bis 1997 (96 Prozent) sogar noch erhöht – während die Männer in den meisten typischen Männerberufen, etwa Monteur oder Fliesenleger, im gleichen Zeitraum mit konstant 96 Prozent wie seit jeher weitgehend unter sich blieben. In den neuen Bundesländern sah es bei den Frauenberufen ein wenig besser aus (Männeranteil: 13 Prozent), dafür waren Frauen dort noch weniger als im Westen in den klassischen Männerberufen präsent (Frauenanteil: ein Prozent).“ [278] Gößling hat recht: In IT-Berufen ist der Anteil der Mädchen bei den Lehrstellen zwischen 2002 und 2008 sogar von 14 auf 9,1 Prozent gesunken – ohne dass Maßnahmen wie der „Girls’ Day“ etwas daran ändern konnten. [279]
Vergessen wird bei der ganzen Sache, dass es den „Boys’ Day“ schon seit sehr langer Zeit gibt, aber er ist wohl eher ein „Boys’ Year“. Ich spreche vom Zivildienst. Viele meiner Freunde haben damals Zivildienst geleistet und so einen tiefen Eindruck in die diversen Sozialberufe bekommen, wie es auch nach fünfzig „Boys’ Days“ nicht möglich gewesen wäre. Mich wundert, dass der Zivildienst bei der Diskussion um die männlichen Rollenbilder keine Rolle spielt … Ich behaupte, wegen des Zivildiensts wissen viel mehr junge Männer als junge Frauen, was in den Sozialberufen abgeht.
- Ralf, 27 Jahre
Ein weiterer Ansatz, um der Krise der Jungen, insbesondere der Bildungskrise entgegenzuwirken, ist die Rückkehr zu einem getrenntgeschlechtlichen Unterricht, wie er derzeit in Brandenburg geplant ist. Der Sprecher des dortigen Bildungsministeriums, Stephan Breiding, erklärte, in bestimmten Fächern könnten die Geschlechter zeitweise auch separat lernen. [280] Das ist immerhin mal ein interessanter Gedanke, aber neueste wissenschaftliche Erkenntnisse lassen eher zweifeln, dass er Früchte tragen wird. So zeigte im April 2008 eine Studie von Analía Schlosser, Wirtschaftswissenschaftlerin an der Universität Tel Aviv, dass sich die Noten sowohl der Mädchen als auch der Jungen verbesserten, wenn sich in einer Klasse mehr Mädchen befanden. Schlossers Studie, für die Klassen in Grund-, Mittel- und Oberschulen untersucht worden waren, wies nach, dass sich ab einem Mädchenanteil von mehr als 55 Prozent nicht nur die Prüfungsnoten in einer Klasse verbesserten, sondern auch Störungen im Unterricht seltener und die Beziehungen zu den Lehrern besser waren. [281]
Geschlechtsgetrennter Unterricht dient dazu, sich voll auf die weiblichen Schüler zu konzentrieren, männliche Schüler
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