Rettungskreuzer Ikarus Band 006 - Konvoi
Furcht in den
Knochen, den Tod anderer Kameraden zu verursachen und sie anschließend
im Stich zu lassen – sie hatte sich geschworen, dass dies nie wieder vorkommen
würde. Es war nicht fair, dass das Schicksal sie jederzeit erneut auf die
Probe stellte. Ihr Blick verweilte auf dem deaktivierten Androiden. Maschine
hin, Maschine her – Arthur Trooid war ein voll integriertes Besatzungsmitglied
der Rettungsmannschaft, und er war ihr aller Freund geworden. Für Sonja
und die anderen war er wesentlich mehr, als nur ein künstliches Wesen aus
Schaltkreisen. Und mit einem Mal verstand auch Sonja, was den Androiden hatte
durchdrehen lassen, als er in das Gesicht der sterbenden Marian Williams geblickt
hatte. Aus irgendeinem Grund hatte er auch in ihr mehr als nur eine Maschine
gesehen ...
Sentenzas Hand legte sich auf Sonjas Schulter. Die Geste riss sie aus ihren
Gedanken, die sich scheinbar in einem reißenden Strudel zu bewegen schienen,
der sie selbst immer tiefer in den Abgrund ihrer Gefühle sog. Gerade rechtzeitig
holte der Captain sie in die Wirklichkeit zurück.
»Alles in Ordnung?«, fragte Sentenza.
Sonja DiMersi nahm ihren Blaster, überprüfte kurz den Ladestatus und
sah ihren Vorgesetzten dann grimmig an.
»Wir gehen!«, entschied sie.
Sentenza nickte knapp. Beide wandten sich um, ohne nochmals zu dem bewusstlosen Trooid zurückzusehen. Sie waren nun umso mehr entschlossen, dieser
Farce ein Ende zu bereiten.
Zehn Minuten waren vergangen, seit dem Captain Gilbert LeWine die Hälfte
seiner Leute sowie die beiden Offiziere in die Transportkapsel geschickt hatte,
um sie als Stoßtrupp zur Brücke zu entsenden. Die Kapsel war seither
überfällig, denn schon nach drei, spätestens vier Minuten hätte
sie am Ausgangspunkt zurück sein müssen. Es hatte vor knapp zwei Minuten
eine Erschütterung im Schiff gegeben, und einer der Raumsoldaten bestätigte,
dass der Röhrendruck abgefallen war. Das Vakuum war quasi nicht mehr vorhanden.
LeWine machte sich nichts vor. Irgendwie hatte es die Besatzung der Paracelsus geschafft, die Transportröhre zu sabotieren. Er wusste nur nicht, ob seine
Leute es dennoch bis zur Brücke geschafft hatten oder nicht. Doch darauf
konnte er sich nicht verlassen.
»Wie lange bis zur Kommunikation?«, fragte er den ihm am nächsten
stehenden Soldaten.
Dieser schüttelte seinen behelmten Kopf. »Noch zwei Stunden, Sir!«
LeWine fluchte. »Na, da haben wir ja ganze Arbeit geleistet, als wir diese
Störboje ausgesetzt haben.«
In zwei Stunden konnte alles zu spät sein. Nun erwies es sich als nachteilig,
dass sie dafür gesorgt hatten, dass nicht ein einziges Funksignal der bekannten
Frequenz im Umkreis von einem Lichtjahr den Sektor verlassen konnte. Selbst
die interne Kommunikation war gestört, und ohne eine Koordination mit Huntingtons
Truppe konnte er nicht einmal sicher sein, dass seine Nummer Eins den Maschinenraum
unter Kontrolle hatte.
Andererseits , dachte er, besteht die Besatzung des Trägerschiffs
nur aus einer Rumpfcrew, und die Mannschaft der alten Ikarus umfasst
nur sechs Leute – wer soll uns da schon Schwierigkeiten machen?
Gilbert LeWine sog scharf die Luft ein und trieb seine Leute an. Sie mussten
nun den langen Weg wählen und zu Fuß das Schiff bis zur Brücke
durchqueren. Auch das war zu schaffen, nur kostete es mehr Zeit und war nicht
innerhalb von zwei Minuten erledigt.
Zum zwanzigsten Mal überlegte Darius Weenderveen, ob er sich in einen Schutzanzug
zwängen und die Sicherheitsschotte öffnen sollte, entschied sich jedoch
ebenso zum zwanzigsten Mal dagegen. Er war Robotiker, kein Ingenieur, geschweige
denn Maschinist. Selbst wenn er in den Kern des Maschinenraums vordringen konnte,
würde er nicht in der Lage sein, die Triebwerke wieder in Gang zu bringen.
Ein Schiff, wie seinerzeit die Paracelus, zu fliegen war eine Sache –
es zu reparieren eine gänzlich andere. Soweit er es von einem der Vorräume
des Maschinenraums überblicken konnte, hatte eine Strahlenkanonade der Liebenfels den Antrieb ausgeschaltet. Am anderen Ende des hallenartigen
Raums klaffte ein gewaltiges Loch in der Außenhaut, das die Mannschaft
ins All gestoßen hatte. Die Sicherheitsschotten hatten das Leck zwar versiegelt,
aber anhand der Umweltkontrollen konnte Weenderveen erkennen, dass es keinen
Sauerstoff auf der anderen Seite des Sicherheitsschotts gab – und das Strahlungsniveau
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