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Rettungskreuzer Ikarus Band 026 - Antagonist

Rettungskreuzer Ikarus Band 026 - Antagonist

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 026 - Antagonist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Energieanlagen
waren nur deswegen nicht schon vor geraumer Zeit deaktiviert worden, weil Delian
sich stets geweigert hatte, den Ort seiner Kindheit zu verlassen und sich als
geachteter Gast einer der größeren Familien anzuschließen.
    Jetzt, nach kurzer Krankheit, war der letzte Li gestorben. Ein letztes Mal erfüllte
Stimmengewirr die Familienvakuole seiner ausgelöschten Linie. Noch einmal
erinnerten sich die Ältesten der anderen Familien an die Li und ihre Verdienste,
ebenso an ihre Schrullen und Eigenheiten. Alles war aufgezeichnet und würde
niemals verloren gehen, trotzdem hatte Delians Tod etwas Endgültiges, das
einen Schatten auf das Schicksal des gesamten Volkes warf.
    Die Vakuole war festlich geschmückt. Energiebänder waren aktiviert
worden, die Versorgungseinrichtungen produzierten eine endlose Vielfalt ausgefeilter
Speisen, und die leisen Klänge der Kompositionen von Adliar dem Großen,
einem der berühmtesten Li, durchzogen die Familienhalle, in der zu besseren
Zeiten alle Li zusammen gesessen und Rat gehalten hatten. Die Halle war wieder
gut gefüllt, mit den Ältesten vorne beim durchsichtigen Sarg, in dem
der erschlaffte, graublaue Körper Delians, sorgsam präpariert, aufgebahrt
war. Dahinter waren die Erwachsenen und die wenigen Kinder, die Interesse an
der Zeremonie gezeigt hatten. Insgesamt waren vielleicht 500 Lediri anwesend,
etwa ein Viertel der gesamten Bevölkerung. Der Tod Delians erinnerte viele
an das absehbare Ende, das Aussterben des gesamten Volkes, das vielleicht erst
in einigen hundert Jahren, aber unausweichlich auf sie zukam, und nicht alle
wollten sich mit diesem Gedanken beschäftigen.
    Auch die Gespräche in der Halle drehten sich nicht notwendigerweise um
dieses Thema. Das hatte zum einen sicher auch damit zu tun, dass viele es umgehen
wollten, wo es nur ging, aber auch damit, dass es noch weitere, drängendere
Probleme gab. Erst gestern hatte der Rat eine lange Krisensitzung abgehalten,
und die Erinnerung war in Urians Gedächtnis noch sehr lebendig, als er
die Halle betrat, einen Moment inne hielt und sich umblickte. Dann schwebte
er auf den Aufgebahrten zu und verharrte einige Augenblicke vor ihm in ehrenvollem
Gedenken. Delian strahlte nur noch Gebrechlichkeit aus, und mit dem Übertritt
seiner Essenz konnte dies nicht einmal mehr durch die Ausstrahlung seines unbeugsamen,
ja starrsinnigen Selbst überdeckt werden. Delian war trotz seiner Schrullen
ein weiser Ledir gewesen, voller Lebenserfahrung und Wissen. Er hatte wertvolle
Ratschläge gegeben, auch zuletzt, als der Rat sich geweigert hatte, Warnungen
in jene Galaxis zu entsenden, die in Kürze wieder eine Invasion der alten
Feinde zu erdulden haben würde. Dies hatte zum Tabubruch Holins geführt.
Holin war nie zurückgekehrt und niemand wusste, ob die Warnung angekommen
war oder nicht. Die Beobachter meldeten, dass die Gefahr ständig größer
würde, und manche im Rat erinnerten an die alten Verpflichtungen und dass
man ihnen nachkommen solle, auch, wenn man sich schon vor langer Zeit vom Beauftragten
dieser Region abgewandt hatte.
    Urian war sich nicht sicher, ob das eine gute Idee war und er widerstand dem
Impuls, Delian noch einmal um seine Meinung zu fragen. Der Alte hatte zum Schluss
kaum noch an Ratssitzungen teilgenommen, er war zunehmend ein Schatten seiner
selbst gewesen. Früher war er als eine Stimme der maßvollen Zurückhaltung
aufgetreten, irgendwo zwischen den beiden Lagern der Traditionalisten und der
Isolationisten, die bis heute die Diskussionen im Rat dominierten. Auch Urian
hatte sich immer für gemäßigt gehalten, doch die zunehmend erbitterte
Debatte übte Druck auf ihn aus, sich für eine Seite zu entscheiden.
Er und die wenigen anderen machten, dessen waren sich die Gemäßigten
zunehmend bewusst, das Zünglein an der Waage aus – und waren dabei
nicht halb so klar und eindeutig organisiert wie die beiden großen Fraktionen
im Rat. Es kam bei ihnen viel stärker auf die individuelle Geisteshaltung
an, und so war nie vorhersehbar, welcher Position sie zuneigen würden,
wenn es galt, eine konkrete Entscheidung zu treffen.
    »Ah, Urian!«
    Die Lichtsignale Bonomuels rissen Urian aus seinen Gedanken. Er richtete seine
Aufmerksamkeit auf den Ledir, der sich an seine Seite gesellt hatte.
    »Delian. Es ist ein Jammer. Die Li waren eine wichtige und stolze Familie.«
    »Das stimmt. Es war

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