Rettungskreuzer Ikarus Band 035 - Kontakt
Er presste die Lippen fest zusammen, als hätte
er bereits zu viel gesagt.
»Und sollten Sie unschuldig sein«, fuhr Sentenza etwas sanfter fort,
»liefern Sie mir die Gegenbeweise.«
Als Cornelius das Gesicht abwandte und weiterhin verbissen schwieg, betrachtete
Sentenza für einen Moment das Bild, das sich ihm bot. Die Finger des Septimus'
hatten sich um Pakcheons Hand gekrampft. Trotzdem. Sentenza blieb keine Wahl.
Leicht berührte er Cornelius an der Schulter.
»Kommen Sie. Da Kriegsrecht herrscht, genießen Sie als Diplomat nicht
länger politische Immunität. Arrestzellen haben wir allerdings keine
mehr. Darum werden Sie in Ihrer Suite bleiben, bis die Station geräumt
wird. Freuen Sie sich nicht, die Räumlichkeiten wurden auf Waffen untersucht.
Sofern es ein Später gibt, werden sich die Gerichte mit Ihrem Fall befassen.
Sollten Sie mir in den nächsten Stunden etwas mitteilen wollen, können
Sie mich jederzeit sprechen.«
Ergeben stand Cornelius auf.
Es war eine Erinnerung, die Sentenza plötzlich überkam. Bilder von
hässlichen Momenten, die er nur zu gern vergessen würde, strömten
auf ihn ein. Für einen Augenblick sah er sich selber, wie er nach dem Urteilsspruch,
der ihn jeglicher Ämter enthoben hatte, aus dem Gerichtssaal wankte. Alles
hatte so irreal gewirkt, es schien einen Fremden zu betreffen, und doch hatte
er im Mittelpunkt gestanden, als die Karriere eines Kapitäns von einem
hoch modernen Schlachtschiffs des Multimperiums endete.
Und als ihm das schließlich bewusst geworden war, hatte er Trost in der
Flasche gesucht.
Cornelius warf einen letzten bedauernden Blick auf Pakcheon, drückte die
Hand des Viziananers, als gäbe er ihm ein geheimes Versprechen, dann wandte
er sich Sentenza zu. »Tun Sie, was Sie tun müssen.«
»Gehen wir.« Sentenza nickte. »Und nehmen Sie die Injektionsnadel
aus Ihrem Verband.«
Sie ist fort. Weg. Wer weiß, wohin sie ging.
Vielleicht wurde sie ja verkauft. In den Harem von irgend so einem fetten, reichen
Bonzen.
Oder sie wurde umgebracht, weil sie sich nicht in ihr Schicksal fügen wollte.
Unsinn. Es heißt, sie erwartete ein Kind und hat selbst –
Deswegen bringt sich doch keiner um. Man nimmt Tabletten.
Oder geht zum Arzt. Und macht unter anderem Namen ein paar Wochen Ferien auf
einer paradiesischen Welt.
Der Typ hat ein eigenes Schiff. Da konnte von uns eh keiner mithalten.
Gerüchte. Immer Gerüchte. Aber die Wahrheit schien keinen zu kümmern.
Oft kam sie nie ans Tageslicht.
Anderen geschahen die furchtbarsten Dinge immer nur in Albträumen. Dann
wachten sie unvermittelt mit rasendem Herzen und Schweiß gebadet auf und
stellten erleichtert fest, dass nichts von dem Grauen real war. Cornelius' Nachtmahre
hingegen hatten eine unangenehme Eigenschaft: Wenn er die Augen aufschlug, befand
er sich immer noch mitten drin in der Misere. Es gab kein erlöstes Aufatmen,
kein Davonlaufen – nur die nächste widrige Überraschung.
Die Wachen hatten Cornelius zu seiner Suite geführt. Die Räume waren
leer und ungemütlich, da sie keinerlei persönlichen Dinge mehr enthielten,
nachdem sein fürsorglicher Dezimus alles hatte packen lassen, was für
die letzten Stunden auf Vortex Outpost nicht zwingend benötigt wurde.
Für den Sicherheitsdienst war das Durchwühlen der Zimmer daher eine
Sache von wenigen Minuten gewesen.
Warum sollte Cornelius nach Waffen oder anderen nützlichen Dingen suchen,
die ihm ein Entkommen vielleicht ermöglicht hätten, wenn kein Zweifel
daran bestand, dass genau dieses Equipment in irgendwelchen Kisten steckte,
die im Frachtraum der Station auf den Abtransport warteten? Na, wenigstens
sind mir eine frische Unterhose und ein Paar Socken geblieben.
Schließlich hatte ihn die Erschöpfung übermannt und ihm
für gut zwei Stunden einen unruhigen Schlaf beschert. Danach hatte er geduscht
und einen Nährstoffriegel zu einem Glas Wasser verzehrt. Der Arm tat bereits
nicht mehr weh.
Vielleicht konnte er nun, da seine physischen Bedürfnisse gestillt waren,
wieder klarer denken.
Zum wiederholten Male fragte sich Cornelius, wie die Situation binnen kürzester
Zeit eine solche Wende zum Schlechteren als Schlechten hatte nehmen können.
Als ob der Konflikt mit den Outsidern, der die Galaxis an den Rand des Abgrunds
gebracht hatte, nicht schon genug wäre. Der Spruch, dass ein Unglück
selten allein kam, bewahrheitete sich wieder einmal,
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