Rettungskreuzer Ikarus Band 037 - Nemesis
und gewollt.
»Das hättest du wohl gerne!«, stieß er hervor. »Mich
elegant loswerden, am besten noch als Sündenbock brandmarken, damit du
locker aus der Sache raus kommst. Nicht mit mir, Decorian! Wenn ich untergehe,
nehme ich dich mit. Ich habe so viel von der dreckigen Wäsche dokumentiert,
die auf deinen Befehl hin entstanden ist, dass man dich auf allen Planeten des
Commonwealth suchen wird.«
Decorian schüttelte milde lächelnd den Kopf.
»Asiano, du bist ein Narr. Es ist doch völlig gleichgültig, was
für Material du gesammelt hast, um mich in der Hand zu haben – oder
auch umgekehrt, nur, um das mal zu erwähnen.«
Der Sektenführer sah aus, als wolle er dem Erzprior an die Gurgel fahren,
doch Decorian sprach ungerührt weiter.
»Du hast es doch vorhin selbst erwähnt: Wenn es Joran erwischt, erwischt
es uns früher oder später auch. Wir können uns gar nicht so viel
Schaden zufügen, wie es andere bald können werden. Wir sollten uns
lieber auf das konzentrieren, was wir gemeinsam haben: nämlich das Bedürfnis,
diesem Schlamassel zu entkommen und unser Leben auf einer sicheren Welt und,
das darf ich hinzufügen, in einem gewissen Komfort fortzusetzen.«
Decorian machte eine Kunstpause.
»Oder liege ich da so furchtbar falsch, mein Freund?«
Es sprach für Asiano, dass er das Geplänkel nicht fortsetzte. Der
Sektenführer setzte sich auf und sein Gesicht nahm einen konzentrierten
Ausdruck an. Obgleich sie hier im abgeschirmten Büro des Erzpriors niemand
hören konnte, senkte er unwillkürlich seine Stimme, als er fortfuhr.
»Decorian, ich habe meine Vorbereitungen bereits sehr frühzeitig getroffen.
Joran war eine Chance und es hat nicht geklappt, aber das habe ich eingeplant.
Ein schneller Kreuzer des Raummarinedienstes, bemannt mit meinen besten Gefolgsleuten,
steht abflugbereit auf dem Raumhafen. Er ist voll ausgerüstet, auch für
eine lange Reise, wenn notwendig. Meine mobile Raumstation existiert auch noch;
ich habe sie eingemottet in der Umlaufbahn einer planetenlosen Sonne geparkt.
Wir können sie jederzeit reaktivieren und haben dann unsere mobile Fluchtwelt,
ein kleines Paradies.«
Asiano machte ein nachdenkliches Gesicht. »Ich bin mir sicher, ich kann
dich irgendwie in das Gebäude meiner Glaubenslehre einbauen, damit auch
ein paar gut gebaute weibliche Jünger für dich abfallen. Oder stehst
du mehr auf Jungen? Lässt sich alles einrichten, meine Interpretation ist
sehr tolerant.«
Decorian bemühte sich, seine Mundwinkel nicht allzu sehr zu verziehen.
Tatsächlich presste er sich so etwas Ähnliches wie ein Lächeln
ab.
»Ich nehme dein Hilfsangebot gerne an. Aber ich habe nicht die Absicht,
auf deinem Bumsparadies zu versauern, dafür habe ich zu lange und zu hart
an meinem Aufstieg gearbeitet. Ich habe immer noch großen Rückhalt
im Multimperium. Wenn sich Staub über die Sache gelegt hat, werde ich wieder
in die Kirche zurückkehren. Eine wohl inszenierte Rückkehr, ich habe
mir da schon Einiges überlegt. Etwas Buße und Selbstgeißelung
in einem strengen Kloster, öffentliches Leisten um Abbitte, ein paar Jahre
als einfacher Priester im Dienste der Kirche auf einer abgelegenen Welt –
und dann werden mir meine Verbindungen schon helfen, als geläutertes Schaf
der Kirche wieder zu Amt und Würden zu kommen. Erzprior werde ich wohl
nicht mehr, aber eine nette Diözese im Multimperium ist immer noch drin
für mich.«
Decorian lachte meckernd.
»Das sollte alles kein Problem sein, vor allem, da Serbald und seine Loyalisten
alles tun werden, um die Kirchenspaltung wieder zu kitten. Sie werden also einen
wunderbaren Kuschelkurs fahren, mit viel Milde und Gnade und Betonung auf Vergebung
und derlei. Da werden sie dann bei mir nicht plötzlich eine Ausnahme machen
können, wenn ich ihnen den reuigen Sünder vorspiele. Ich denke, das
dürfte ganz gut klappen.«
Er sah Asiano forschend an.
»Ist bei dir etwas schwieriger, mein Freund, denn du warst schon vorher
ein Ausgestoßener. Aber wenn du mit deinem fliegenden Lustpalast zufrieden
bist ...«
Asiano lächelte nonchalant.
»Ich habe vorher ganz gut gelebt und werde nachher ganz gut leben. Was
wir vor allem müssen, ist, dem ersten Sturm der Entrüstung entgehen
und fix den Abgang machen. Wenn wir uns dann eine Zeitlang bedeckt halten, da
gebe ich dir Recht, wird in ein paar Jahren unsere Auferstehung umso süßer
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