Rettungskreuzer Ikarus Band 042 - Gesandtschaften
Trooid.«
Vorsicht war immer angebracht, wenn man in ein unbekanntes System mit fremden
Schiffen einflog, doch in diesem Fall kam es ihnen so vor, als hätten sie
auch über alle Funkkanäle Musik spielen und die Ikarus in Flutlicht
baden können. Niemand nahm von ihnen Notiz, selbst als sie nahe genug waren,
um die beiden unbekannten Schiffe deutlich auf dem Schirm zu sehen. Ein Blick
genügte, und Sentenza verstand, was Thorpa gemeint hatte, als er den einen
Raumer sonderbar genannt hatte.
»Das ist nicht ein Schiff, das sind mehrere«, murmelte er, als er
das Konstrukt genauer betrachtete. »Mindestens drei, vielleicht auch vier.«
»Mehr oder minder. Das Zentralschiff scheint eine ziemlich große
Yacht zu sein, an die die anderen angesetzt worden sind. Oder zumindest Teile
von ihnen.«
»Woher wissen die, wohin sie müssen?«, wunderte sich Thorpa,
ziemlich unbeeindruckt von der Technik des Raumschiffgolems vor ihnen. »Solange
wir das Siedlerschiff verfolgen, haben wir seinen Funk kontrolliert. Und davor
hat das die planetare Anlage getan. Seit die Infizierten das Schiff besetzt
haben, ist kein Funkspruch eingegangen, und auch auf dem Flug haben wir nichts
abgefangen. Entweder haben die eine wirklich gut abgeschirmte Frequenz...«
»... was ich bei der Technik des Schiffes bezweifeln würde«,
warf Trooid fließend ein, »... oder...« Der Pentakka ließ
das Wort mit einem Blätterrauschen im Raum hängen. Er warf Sentenza
einen fragenden Blick zu. »Können Sie sich erinnern, wo Sie und der
Chief unbedingt hin wollten, als Sie versucht haben, Vortex Outpost zu
verlassen?«
»Nein. Aber wir waren uns sicher, dass wir es wissen würden, sobald
wir unterwegs wären.«
»Also hatten Sie keine Koordinaten, aber etwas wie einen... Instinkt? Wie
diese Zugtiere, die wissen, wo sie zum Brüten oder Sterben hin müssen!«
»Brüten oder Sterben – ich frage mich, was von beidem wir hier
finden werden.« Sentenza verzog das Gesicht. Ihm war ziemlich klar, dass
er jetzt eigentlich einer von denen dort drüben sein müsste, von einem
widersinnigen Verlangen quer durch den Weltraum gezogen, ohne auch nur eine
Ahnung zu haben, was sein Ziel war – und ohne, dass es ihnen im Mindesten
kümmerte. Eine Art Stampede, in der er mit lief, weil alle anderen es auch
taten. Nur dass es kein Leittier gab, niemanden, der voraus rannte, sondern
jeder Einzelne irgendwie die Richtung wusste. Er war froh – mehr als froh!
–, dass Dilligaf genug von seinem geheimnisvollen Serum heraus gerückt
hatte, um ihn und Sonja wieder von den Effekten des Wanderlust-Virus zu befreien,
und er war wieder gänzlich Herr seiner Entscheidungen. Aber ohne das Auftauchen
der Schwarzen Flamme würde er jetzt alles daran setzen, in einem dieser
Schiffe dort drüben zu sein und mit Höchstgeschwindigkeit von seinem
bisherigen Leben weg zu kommen. Hinein ins Ungewisse, das den fauligen Beigeschmack
einer Falle hatte, einer Katastrophe. Kallia, Sammler, hatte Dilligaf die Verursacher
der Wanderlust genannt.
Sammeln für was? Das war die Frage. Brüten oder Sterben?
»Der Mond kommt in Sicht!«, rief Thorpa, und dafür dass er eben
noch verächtlich über die kleinen Himmelskörper gesprochen hatte,
klang er jetzt erstaunlich aufgeregt.
Sentenza hob den Blick und betrachtete den Trabanten, der hinter seinem Planeten
hervor zu schweben schien und für einen Moment dramatisch durch die Sonne
von hinten angestrahlt wurde. Das Leuchten ließ stellenweise nicht nach,
auch als er sich aus dem direkten Gegenlicht drehte, und Sentenza erkannte,
dass es große glänzende Flächen waren, die entweder reflektierten
oder von sich aus glimmten. Gelegentlich zogen Schiffe vor der Helligkeit vorbei,
kleine und große Raumer flogen geschäftig um den Mond und verschwanden
in Löchern, die in sonderbar regelmäßiger Anordnung die Oberfläche
durchzogen. Zwischen ihnen waren Strukturen, Linien und Bögen im Stein,
die erst dann einen Sinn ergaben, als Sentenza begriff, was er da eigentlich
sah. Vielleicht war das dort einmal ein Mond gewesen, vor sehr langer Zeit.
Aber jetzt war es etwas ganz anderes. Ein künstliches Gebilde.
Eine riesenhafte Raumstation.
»Es ist eine Werft. Eine riesenhafte Werft, die in den Mond hinein gebaut
wurde. Das macht Sinn!«, rief Weenderveen und sah zufrieden aus.
An'ta bemerkte, dass Weenderveen immer zufrieden war, wenn etwas in
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