Rettungskreuzer Ikarus Band 042 - Gesandtschaften
von den Jahrhunderten blank polierten Steinfußboden schritt, und lauschte
auf das Echo ihrer Schritte, das sich durch die Stimmen und anderen Geräusche
wob. Sie ging absichtlich ungleichmäßig, jeder dritte Schritt war
etwas härter als die anderen, eine kaum merkliche Asymmetrie.
Von den vier Söldnern, die an dem Tisch
in der Ecke saßen, sahen zwei sie kommen und hoben den Blick von ihren
dampfenden Bechern – jede Flüssigkeit dampfte in den Mauern von Burg
Aseig, wenn sie nur mindestens lauwarm war. Die anderen beiden saßen mit
dem Rücken zu ihr und reagierten nicht. Selbst die notorisch paranoiden
Söldner der Schwarzen Flamme wussten, dass sie innerhalb des Hauptquartiers
sicher waren.
Skyta hielt an, als sie noch zwei Schritt
von dem Tisch entfernt war und legte den Kopf schräg, während sie
den breiten Rücken in der dunklen Fliegermontur betrachtete, der direkt
vor ihr war. Etwas an der Art, wie sich die Muskeln unter dem Stoff spannten,
sagte ihr, dass der Mann sie längst bemerkt hatte.
»Willkommen zurück, Skyta. Du warst nicht lange fort, diesmal«,
sagte er im gleichen Moment, und es war ein Lächeln in seiner Stimme. Der
Söldner wandte sich um und sah sie an. Er war jung, genauso jung wie sie
selber, und seine Haut war weiß wie Milch, ebenso farblos wie seine Haare.
Über seine Stirn, weiß auf weiß, zog sich eine Narbe. Skyta
erinnerte sich, wie er sie bekommen hatte, und an ihren Schrecken, als sie das
Blut auf ihrer Übungsklinge gesehen hatte, an sein Lachen über ihren
Fehler und ihren Zorn darüber. An das, was danach geschehen war. An das,
weswegen sie jetzt hergekommen war.
»Nein, nicht lange«, antwortete sie, ebenfalls lächelnd. »Hast
du Dienst, Bao?«
»Nicht mehr.« Der Söldner erhob sich und ragte neben ihr auf.
Er war ein Hüne, was Skytas zierliche Gestalt nur noch umso deutlicher
machte. »Wie war dein Tag?«, fragte er, während er beiläufig
den anderen am Tisch zum Abschied zunickte.
»Grauenhaft«, antwortete Skyta wahrheitsgemäß.
Das Lächeln Baos wurde zu einem Grinsen,
seine rötlichen Augen verengten sich vergnügt. »Gut«, sagte
er fröhlich. »Sehr, sehr gut.«
Dann verließen sie das Refectorium gemeinsam.
Als sich Skyta endlich erschöpft auf das dünne
Kissen zurück sinken ließ, waren mehr als zwei Stunden vergangen.
Sie war so müde wie nach einer intensiven Trainingseinheit, und viele Stellen
ihres Körpers schmerzten auch auf gleiche Weise. Doch sie hatte in dem
verbissenen, enthusiastischen Ringen, das zwischen ihr und Bao als Liebesspiel
gelten mochte, zumindest keine Zeit mehr zum Denken gehabt, und das empfand
sie als die wirkliche Entspannung. Der Nachhall dieser Gedankenlosigkeit hielt
jedoch nicht lange an, denn nach ein paar Minuten wuchtete Bao sich neben ihr
auf seine Ellenbogen und musterte sie prüfend.
»So«, sagte er träge. »Du und die Rashh Udayyin, sagt
man . Dilligaf hat dich eingeladen, mit den großen Jungs zu spielen,
ja?«
»Sagt man das«, entgegnete Skyta unwillig, eine Falte erschien zwischen
ihren Augenbrauen.
Das war schnell gegangen. Die Söldner
mochten stets aussehen und sich benehmen wie die harten Jungs, mit ihren dunklen
Kampfanzügen, den schweren Waffen und dem Mysterium des Schwarzen Flamme,
aber sie klatschten und tratschten nicht anders als ein Schwarm kleiner Mädchen,
die hinter vorgehaltener Hand lautstark ihre Wer-mit-wem-Neuigkeiten austauschten. Nur mit weniger Gekicher. Der Gedanke malte für einen kurzen
Moment ein Grinsen auf Skytas Gesicht und milderte ihre nächsten Worte
an Bao.
»Sie brauchen mich, zurzeit zumindest. Was sich daraus ergeben wird...
Ich habe keine Ahnung. Also spart euch den Hype.«
»Ihr habt diese Corpsfrau mitgebracht, McLennane. Einige packen schon ihre
Ausrüstung. Alle erwarten, dass es einen großen Auftrag gibt.«
Skyta verzog das Gesicht. War es das, was die Leute Liebesgeflüster nannten?
Einsatzbesprechungen nach dem Sex?
»Ich weiß es nicht«, sagte
sie, halb der Wahrheit entsprechend, halb gelogen. Niemand hatte ihr explizit
gesagt, dass die Schwarze Flamme mobilisiert werden würde, um gegen die
Kilika und ihre Krieger anzugehen, aber es lag eigentlich auf der Hand. Wenn
die Söldnerorganisation wegen der Sammler gegründet worden war, dann
war jetzt sicher nicht der Zeitpunkt, in Ruhe abzuwarten und zuzuschauen, wie
sich die Geschichte
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